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Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen. Dritter Band 1528–1534

Herausgegeben von Heiko Jadatz und Christian Winter, Böhlau Verlag, Köln/Weimar/Wien 2010, 911 Seiten, Festeinband

Mit dem dritten Band der »Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen« wird eine wichtige Editionsreihe zur Reichs- und Landesgeschichte in der Frühneuzeit fortgesetzt, deren erste beiden Bände – herausgegeben von Felician Geß – bereits 1905 und 1917 erschienen sind (Reprint 1985). Die Arbeiten wurden zwar durch Geß und Elisabeth Werl fortgeführt, doch kam zunächst keine weitere Veröffentlichung zustande. Im Jahr 2002 wurde durch Heiko Jadatz und Christian Winter im Rahmen des Akademieprojekts Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte die Editionsarbeit zu Herzog Georg von Sachsen (1471–1539) wieder aufgenommen. Georg – genannt der Bärtige – nimmt als einer der wichtigsten Luthergegner eine bedeutende Position in der Reformationsgeschichte ein. Als letzter altgläubiger Herzog von Sachsen war er von der Notwendigkeit der Reform der bestehenden Kirche tief überzeugt und bemühte sich energisch darum. Er lehnte aber eine Reformation ohne Zustimmung des Papstes und damit die Reformation Martin Luthers entschieden ab. Sein Bemühen, die altgläubige Reformpolitik auch nach Beginn der Reformation fortzusetzen, scheiterte aber schließlich. Die geistlichen Würdenträger versagten sich in der Mehrheit diesen Reformversuchen, und die Reformwilligen orientierten sich fast durchweg an Luther.

Trotz dieses Scheiterns stellte Georgs Politik grundlegende Weichen für die weitere politische und kirchliche Entwicklung in den sächsischen Territorien und im Reich insgesamt. Der innerwettinische Konflikt der albertinischen Herzöge mit ihren ernestinischen Vettern sowie die Nähe zum Kaiser und zum Haus Habsburg prägten die weitere Politik der Albertiner im 16. Jahrhundert. Die engagierte Wirtschafts- und Finanzpolitik Herzog Georgs förderte den Wohlstand des Landes und legte einen Grundstein für den Aufstieg des albertinischen Sachsen zu einem politisch und ökonomisch gewichtigen Territorium des Reiches, das unter Georgs Neffen Moritz – der zeitweise bei Herzog Georg in Dresden erzogen wurde – zur Führungsmacht des Protestantismus in Deutschland werden konnte.

Der Schwerpunkt der edierten Dokumente1 liegt auf kirchenpolitischen Texten, doch ist eine strenge inhaltliche Abgrenzung häufig nicht möglich. Daher finden sich unter den Quellen auch Aufzeichnungen zu Reichstags- und Landtagsverhandlungen, Aussagen zur Finanzpolitik Herzog Georgs, zu den Türkenkriegen und weiteren militärischen Auseinandersetzungen, zum nachbarlichen Verhältnis zu Böhmen und Brandenburg und besonders zu den vielschichtigen Auseinandersetzungen zwischen Albertinern und Ernestinern. Die edierten Stücke werden, um in dem vorgegebenen Zeitraum und dem Umfang von insgesamt vier Bänden zu bleiben, überwiegend in Regestform geboten, wobei grundlegende Aussagen zur religiösen Haltung und dem kirchenpolitischen Handeln Herzog Georgs im Wortlaut ediert bzw. in ausführlichen Zitaten wiedergegeben werden.

Zu den Themen des von 1528 bis 1534 reichenden dritten Bandes gehören zunächst die durch den herzoglichen Rat Otto von Pack ausgelösten sogenannten »Packschen Händel«, die das Reich im Frühjahr 1528 fast an den Rand eines Religionskrieges brachten. Georg sowie sein Schwiegersohn Landgraf Philipp von Hessen standen im Zentrum der propagandistischen Auseinandersetzung. Der Konflikt konnte zwar noch auf dem Verhandlungsweg beigelegt werden, es zeigte sich aber bereits das tief verwurzelte Misstrauen zwischen den Religionsparteien. Herzog Georgs Reichspolitik war daneben gekennzeichnet durch die Anstrengungen zur Abwendung der »Türkengefahr«. Besonders die Jahre 1529 und 1532 standen im Zeichen der Verteidigung gegen die Osmanen, die dem Herzog ein ehrliches Anliegen war.

Die albertinische Politik auf den Reichstagen war schon seit Ende des 15. Jahrhunderts bestimmt von dem langwierigen Sessionsstreit mit dem Haus Bayern/Pfalz (Wittelsbach). In der Folge dieses Konfliktes um die Präzedenz auf den Reichstagen und den dadurch ausgedrückten Rang im Reichsverband hatte Herzog Georg die Reichstage seit 1524 nicht mehr persönlich besucht. Hingegen reiste der Herzog zum Reichstag 1530 in Augsburg, auf dem auch wieder Kaiser Karl V. zugegen war. Georg trat auf diesem Reichstag mit einer eigenhändig überlieferten Denkschrift zum Religionsstreit hervor. Dringend forderte er die Einberufung eines Konzils. Zugleich behinderten jedoch die Präzedenzstreitigkeiten ein stärkeres religionspolitisches Engagement. Auch auf dem Reichstag 1532 in Regensburg unterstützte Georg die kaiserliche Politik. Die Wahl Ferdinands, des Bruders Karls V., zum Römischen König 1531 erkannte der Herzog bedingungslos an und fungierte mehrfach als Vermittler in den Auseinandersetzungen des Habsburgers um Ungarn und um Württemberg. Daneben war Kardinal Albrecht, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, der Reichsfürst, zu dem Georg die engsten Verbindungen unterhielt. Die Bestrebungen Georgs, Albrechts und weiterer altgläubiger Stände, sich in einem Landfriedensbund zusammenzuschließen, führten 1533 zum Vertrag von Halle (Hallesche Einung).

Einen breiten Raum nehmen die Dokumente zu den innerwettinischen Streitigkeiten ein. Schon unter Kurfürst Johann war Georgs Verhältnis zu den Ernestinern durch verschiedene aus der Leipziger Teilung 1485 herrührende Streitfälle und besonders durch die kirchlichen Neuordnung in Kursachsen belastet. Zu einer merklichen Verschärfung kam es mit dem Regierungsantritt Kurfürst Johann Friedrichs, der auch gegenüber Herzog Georg weitaus offensiver vorging als sein Vater. Zahlreiche Konflikte gab es um Lehen und Einkünfte, die geistlichen Einrichtungen eines Territoriums im jeweils anderen Gebiet zustanden (»vermengte Lehen«). Im Grimmaischen Machtspruch (1531) und im Grimmaischen Vertrag (1533) konnten sich beide Parteien durch Verhandlungen der Landstände zumindest vorerst über eine Beilegung der Streitigkeiten verständigen.

Auch die persönliche Auseinandersetzung zwischen Herzog Georg und Martin Luther setzte sich 1528/29 fort. Daneben steht Georgs Bemühen, evangelische Einflüsse von seiner Familie fernzuhalten, besonders von seiner Schwiegertochter Herzogin Elisabeth und seinem in Freiberg residierenden Bruder Herzog Heinrich. Als Landesherr war Georg bemüht, die evangelische Bewegung in seinem Land zu unterbinden. Er bemühte sich, die wirtschaftliche Basis der Priester in den Pfarrkirchen und der Klöster im Land zu sichern. Druckereiwesen und Buchmarkt wurden überwacht. Mandate forderten die Untertanen auf, sich den »neuen Lehren« nicht anzuschließen. Dennoch zeigten sich besonders die Bürger der Städte für Luther begeistert. 1532 kam es zur Ausweisung evangelischer Bürger in Leipzig, Oschatz und Delitzsch. Auch Vertreter des Adels – so aus den Familien von Einsiedel auf Gnandstein, Spiegel auf Neuhaus, Pack zu Delitzsch, Leimbach auf Zschepplin, Hopfgarten auf Mülverstedt, Schönberg –, einzelne Pfarrer oder auch Bauern wandten sich dem evangelischen Glauben zu. Entschieden ging Georg gegen die Täuferbewegung vor, die besonders in Thüringen aktiv blieb.

  1. 1Bestände folgender Archive und Bibliotheken wurden bearbeitet: Thüringisches Staatsarchiv Altenburg; Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin; Archives Générales du Royaume Bruxelles; Stadtarchiv Chemnitz; Anhaltische Landesbücherei Dessau; Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Abteilung Dessau; Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden; Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Dresden; Stadtarchiv Dresden; Forschungsbibliothek Gotha; Stadtarchiv Göttingen; Staatsund Universitätsbibliothek Hamburg; Stadtarchiv Hannover; Dänische Königliche Bibliothek Kopenhagen; Universiteitsbibliotheek Leiden; Sächsisches Staatsarchiv Leipzig; Stadtarchiv Leipzig; Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Magdeburg; Hessisches Staatsarchiv Marburg; Stadtarchiv Mühlhausen; Staatsarchiv Nürnberg; Landeshauptarchiv Schwerin; Archives et Bibliothèque de la ville de Strasbourg; Archivio Segreto Vaticano; Biblioteca Apostolica Vaticana; Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar; Österreichisches Staatsarchiv – Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien; Österreichische Nationalbibliothek Wien; Biblioteka Universytecka Wrocław.
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Heft 6 (2011)
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