Direkt zum Inhalt | Direkt zur Navigation

Benutzerspezifische Werkzeuge
Anmelden
Bereiche

Ein Dichter namens Louis du Rieux und Schumanns »Märchenbilder« op. 113


Annäherungen an einen geheimnisvollen Verehrer des Komponisten


Robert Schumann ließ sich gern von Werken der Literatur inspirieren. Das betrifft nicht nur seine Lieder, sondern auch das rein instrumentale Schaffen. Eines der bekanntesten Beispiele sind die Kreisleriana op. 16 (1838), für die E. T. A. Hoffmanns Erzählungen des fiktiven Kapellmeisters Johannes Kreisler Pate standen. Nicht immer liegt der Bezug so offen zu Tage. Genannt sei die Sinfonie Nr. 1 B-Dur op. 38, die Frühlingssinfonie (1841), deren Titel gleichfalls – 
anders als bei Beethovens Frühlingssonate – auf Schumann selbst zurückgeht, denn das Werk wurde durch ein Frühlingsgedicht seines Freundes Adolf Böttger (1815–1870) angeregt.1

Einen weiteren, bislang kaum bekannten Fall stellen die Märchenbilder op. 113 dar, vier Stücke für Klavier und Viola, die Schumann zwischen dem 
1. und 4. März 1851 in Düsseldorf schuf, wenige Tage nachdem er den Brief eines Berliner Dichters erhalten hatte, der ihm ein Gedicht mit dem Titel Märchenbilder geschickt und vorgeschlagen hatte, dieses Gedicht nicht etwa zu vertonen, sondern als Vorbild für eine »Sonate« zu wählen. Wenngleich Schumann nirgendwo erklärte, dass er dem Wunsch des kaum bekannten Dichters folgte, liegt der Zusammenhang in einer Weise auf der Hand, dass es schwer fällt, an einen Zufall zu glauben.2 Nach den Tagebüchern lautete der Arbeits­titel zuerst »Violageschichten«, dann »Mährchengeschichten«, »Mährchen« und »Mährchenlieder«.3 Am 3. März, noch während der Komposition, bot Schumann das Werk dem Kasseler Verleger Carl Luckhardt mit dem ­Titel ­»Mährchen­bilder« an.4 So lautet er auch auf dem Titelblatt der Erstausgabe: »Mährchen-Bilder. Vier Stücke für Pianoforte und Viola (Violine ad libitum) Herrn J. von Wasielewsky zugeeignet von Robert Schumann« (vgl. Abb. 1).


Abb. 1: Robert Schumann, Titelblatt der Märchenbilder op. 133, Handexemplar des Komponisten; Zwickau, 
Robert-Schumann-Haus. Abb. 1: Robert Schumann, Titelblatt der Märchenbilder op. 133, Handexemplar des Komponisten; Zwickau, 
Robert-Schumann-Haus.

Der vorliegende Beitrag befasst sich nur am Rande mit Schumanns Werk, sondern hauptsächlich mit jenem Dichter, Louis du Rieux,5 der Schumann nie begegnete, aber mit dem folgenden Brief vom 19. Februar 18516 sein Schaffen nicht unerheblich beeinflusste (vgl. Abb. 2):


Hochzuverehrender Herr


vor einigen Jahren wurde ich zuerst mit den Erzeugnissen Ihres Genie bekannt und habe seitdem mir seitdem [sic] dieselben wiederholentlich vorspielen gelassen. Nicht mit Aufmerksamkeit allein, sondern mit Ehrfurcht bin ich dem immer glänzendern Entfalten Ihrer musikalischen Thätigkeit gefolgt; verschweige jedoch hier die Schilderung der einzelnen meiner Ansichten über Ihre Werke, da Sie Selbst nicht allein schöner, sondern auch reiner in denselben die Größe Ihres Genius erkennen werden. Indeß dem Gefühle der Verehrung Worte zu leihn, wünschte ich längst und ergreife mit Freude die Gelegenheit durch Uebersendung einiger Strophen, die sich die Anerkennung meiner Freunde erwarben. Ich erlaube mirsie herzusetzen.


Märchenbilder7

1.


In der Jugend Zaubermärchen


Uns der Geister Thun erklären


Und wir jauchzen oder klagen,


Wenn wir ihren Wandel hören.


Dann im eignen Innern tönen


Uns noch unbekannte Klagen;


Aber unser früh verwöhntes


Ohr kann innern Klang nicht sagen.


2.


Bis ein Bild, wie Morgenröthe,


Aus der Schmerzennacht erstanden –


Traute, ruft der müde Streiter,


Deine Blicke lösen Banden,


die um Aug’ und Sinn gewoben,


Find an Deinem Herzen wieder


Meine Macht, in deinen Worten


Sanfte, schöne Märchenlieder!


Und in seinen Armen schwingend,


Um ein festes Band zu finden,


Laß der Liebe süße Worte;


Schmerzen müssen uns verbinden,


Unsre Liebe uns erzähle:


Zweier Geister fest Umschlingen,


Während Stürme sie umtoben,


Wie die Märchen es besingen!


3.


Doch er faßt sie mit Erbeben,


Reißt sie in den Tanz des Lebens;


Ängstlich greift sie nach dem Kranze


Auf dem Haupte; doch vergebens –


Flatternd fallen seine Blüthen –


Und wie in den alten Märchen,


Steigt die wilde Lust der Tänzer –


Selber sind sie sich ein Märchen –


4.


Und als in dem Arm der Ruhe


An dem Abend schlief das Leben,


Eilt er zu dem fernen Hause,


Das von Weingerank umgeben


Vor den hohen Stufen. Traute


Laß von allen Liebeswonnen


Dich umgaukeln in dem Traume,


Der wie Märchen sei gesponnen! –


Finale


Aber bleich an diese Stätte


Kam er schon nach wenig Tagen,


Um der Liebe süßem Zauber


Klagend Lebewohl zu sagen:


Schon des Frühroths blutge Flamme


Muß sich ernstem Kampfe weih’n;


Unser sinnig Liebeleben


Wird mein letztes Märchen sein –


–––––––


Ich dachte mir die Dichtung als Motiv zu einer Sonate und 1, als Allegro, 2 Adagio, 3, Scherzo, 4, Trio, Fin[ale] Allegro. Ich weiß nicht, ob dasselbe richtig gedacht ist; aber ich glaube, daß die Dichtung wohl eine Anregung zu einer musikalischen Schöpfung abgeben könne und würde mich freuen, Ihnen, hochzuverehrender Herr, mich damit genähert und Sie verehrend erwiesen zu haben. Manches Ähnliche könnte ich noch übersenden, wenn Sie geneigt sind meinen Arbeiten Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. 


Mit unbegrenzter Hochachtung


Ihr


ergebenster


Louis du Rieux


Berlin d. 19 Febr. 51.


Mittelstraße 45.


Abb. 2: Louis du Rieux, Brief an Robert Schumann, 19. Februar 1851, letzte Seite; Kraków, Biblioteka Jagiellońska. Abb. 2: Louis du Rieux, Brief an Robert Schumann, 19. Februar 1851, letzte Seite; Kraków, Biblioteka Jagiellońska.

Von Schumanns Antwort, geschrieben am 21. Februar 1851, ist nur eine Zusammenfassung in seinem Briefverzeichnis erhalten: »Er möge mir mehr schicken. Daß ich s. Namen nicht habe lesen können«.8 Schumann sandte sein Schreiben deshalb an Woldemar Bargiel (1828–1897), den in Berlin lebenden Halbbruder seiner Frau Clara, der ihr am 7. März schrieb: »Den Brief Deines Mannes habe ich richtig abgegeben. Herr Louis de [sic] Rieux, ein junger Mann, bald in Berlin, Paris, Neapel und anderen grossen Städten sich aufhaltend, ist Naturforscher, Poet, Schriftsteller und Musikästhetiker in einer Person. Er schreibt viel, veröffentlicht aber nichts. Kennt Schumanns sämtliche Sachen und interessiert sich überhaupt für alles Bedeutende in Kunst und Wissenschaft. Ich habe bei der Gelegenheit seine Bekanntschaft gemacht und wünschte sehr, sie fortzusetzen.«9 Damit endet die so verheißungsvoll begonnene Korrespondenz leider.


Zu Schumanns Märchenbildern sei wenigstens gesagt, dass sie den Plan jenes Louis du Rieux nicht wortwörtlich umsetzen. Die vier Stücke sind nicht Allegro, Adagio, Scherzo mit Trio und Finale Allegro überschrieben, sondern: Nicht schnell, Lebhaft, Rasch und Langsam, mit melancholischem Ausdruck. Die Tonartenreihenfolge d-Moll, F-Dur, d-Moll und D-Dur lässt aber erkennen, dass es sich nicht um vier einzelne Stücke, sondern doch mehr um einen Zyklus handelt, einer viersätzigen »Sonate« vergleichbar. Eine bemerkenswerte Entsprechung findet der melancholische Ausklang des Gedichts, der vermuten lässt, dass mit »Märchen« eine unerfüllte, gescheiterte Liebe gemeint ist, ein Traum, aus dem der Autor schließlich erwacht, mit Schumanns eigenem Schluss. Auch dieser ist sehr nachdenklich gehalten, ist keineswegs der übliche schnelle Satz, wie man ihn in der Regel am Schluss eines zyklischen Werkes erwartet, sondern eben Langsam, mit melancholischem Ausdruck. Schon die Wahl der selten solistisch verwendeten Viola mit ihrem verhangenen Ton, der in der Tiefe bereits dem Violoncello ähnelt, scheint speziell für das letzte Stück erfolgt zu sein, das zugleich das kompositorisch stärkste des Zyklus 
darstellt.


Von Stettin nach Berlin


»Wer war du Rieux? was war du Rieux?« Es war kein Geringerer als Theodor Fontane (1819–1898), der sich diese Frage stellte, nachdem er in London mehrere Tage mit dem etwas mysteriösen Dichter verbracht hatte. Wie der Name bereits vermuten lässt, stammen die Vorfahren von Louis du Rieux aus Frankreich und gehörten dort der verfolgten Religionsgemeinschaft der Hugenotten an, sodass die Familie das Land kurz nach 1685 verließ, als die Fluchtwelle ihren Höhepunkt erreichte, und in Stettin sesshaft wurde. Ähnlich wie Berlin hatte Stettin eine starke französisch-reformierte Gemeinde, deren Mitglieder sehr geachtet wurden. 1724 gehörten ihr rund 700 Personen an, später waren es wesentlich mehr. Die Hugenotten spielten im wirtschaftlichen Leben der Stadt eine große Rolle, hauptsächlich im Handel, im Manufakturwesen und im Handwerk. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatten sie sich bereits vollständig an die deutsche Bevölkerung Stettins assimiliert.


Dort wurde der Dichter der Märchenbilder am 26. Mai 1824 geboren und auf die Namen Philippe Louis Ferdinand Durieux getauft. Seine Eltern waren der Kaufmann Philippe Frédéric Auguste Theophile Durieux (1792–1836) und dessen Ehefrau Friederike geb. Bürstel, geschiedene Emmerich (1786–1849).10 Die Eltern müssen recht vermögend gewesen sein, denn Louis, ihr einziges Kind, scheint erst relativ spät einen bürgerlichen Beruf angestrebt zu haben und konnte stattdessen lange Zeit gänzlich nach seinen Neigungen leben. Daneben hatte er offenbar ein gewisses Bedürfnis, in besseren Kreisen zu verkehren. Die subtile Namensänderung des bürgerlichen »Durieux« in »du Rieux« geschah zweifellos nicht ohne Hintergedanken. Daneben taucht er in einer Publikation sogar als »Dr. Louis du Rieux« auf, obwohl es keinen Hinweis auf eine Promotion gibt. Nicht minder verwirrend ist die Bezeichnung »Louis Napoléon du Rieux« in seiner letzten Publikation, die aber im gegebenen Zusammenhang vielleicht als stille Verneigung vor jenem Mann zu verstehen ist, der die Leib­eigenschaft in Westeuropa abschaffte. 


Nach dem Besuch des Gymnasiums zu Stettin nahm der junge Mann nicht sofort ein Studium auf. Erst am 5. Mai 1849 begann er an der Berliner Universität ein Studium der Philosophie,11 das er am 26. Mai 1851 mit »rite« (»auf rechte Weise«) abschloss, was damals noch keine negative Benotung darstellte. Sein Abgangszeugnis vermerkt zudem, er habe »sehr fleißig« Vorlesungen zur Geognosie bei Heinrich Rose (1795–1864) und zur »Experim. Chemie« bei Eilhard Mitscherlich (1794–1863) besucht, außerdem Vorlesungen zur »Theorie der Kräfte« bei dem Mathematiker Peter Gustav Lejeune Dirichlet (1805–1859), dem Schwager von Felix Mendelssohn Bartholdy, der mit dessen Schwester Rebecka verheiratet war.12 Prüfungen hat er nicht absolviert.


Bereits während seines Studiums widmete sich du Rieux intensiv der Dichtung – und wohl auch der Musik. Nicht nur Schumann, auch den zu dieser Zeit in Berlin lebenden Giacomo Meyerbeer (1791–1864) versuchte er auf sein literarisches Schaffen aufmerksam zu machen. Meyerbeer notierte am 9. März 1851 in seinem Taschenkalender einen Besuch bei »Du Rieux Mittelstr. 45« und schrieb ihm im Monat darauf einen kurzen Brief:


H. Du Rieux Mittelstr. 45.


d 11 April 1851.


Hochzuverehrender Herr!


Ich habe Ihr sehr poetisches, deutsches Werkchen und das im Manuscript mir gütigst mitgetheilte französische Gedicht mit außerordentlichem Vergnügen und ­gespannter Aufmerksamkeit gelesen. Ich schicke Ihnen beifolgend dieselben ­zurück mit der Bitte meinen beßten Dank zu genehmigen für die angenehmen Augenblicke, die Sie mir dadurch verschafft haben.


Mit ausgezeichneter Hochachtung13

Möglicherweise handelt es sich bei dem poetischen »Werkchen« um einen Teil der im folgenden Jahr erschienenen Dichtung Aus den Bergen.

London – Begegnungen mit Eduard Vogel und 
Theodor Fontane


Anschließend, wohl schon im Sommer 1851, reiste du Rieux nach London und lernte dort den Afrika-Forscher Eduard Vogel (1829–1856) kennen, dem er später, als Vogel bereits als verschollen galt, einen sehr persönlich gehaltenen Aufsatz widmete.14 Wie du Rieux dort schreibt, lernte er Vogel im Kreise des Naturforschers Berthold Seemann (1825–1871) und des Geographen August Petermann (1822–1878) kennen, vermutlich im Hause Petermanns, der 1847 bis 1854 in London lebte. »Ich erinnere mich stets mit Freuden meines damaligen Verhältnisses zu diesen drei trefflichen Charakteren und meines steten Schwankens, wem ich den Vorzug unter ihnen geben könnte. Kaum hatte ich Vogel gesehen, so trachtete ich auch, mir so oft als möglich den Reiz einer Unterhaltung mit ihm zu verschaffen. Jede Unterhaltung ließ mich die Schärfe seines Urtheils und die Größe seiner Anschauungen bewundern. Die politischen Constellationen verfolgte er mit eben solchem Talent, wie die Begebnisse am Himmelsgewölbe. Der Duft einer Blume rief angenehme Empfindungen in ihm in eben so reichem Maaße hervor, wie die Darstellungen in den Theatern, und nicht selten sprach er über seine Wallfahrten nach den kleinen Theatern, über seine Beobachtungen des englischen Volkslebens mit derselben Schärfe, die er vorher bei einem Gespräche über chemische oder physikalische Processe zeigte.« Am Schluss vergleicht er Vogels Wirken mit dem von Alexander von Humboldt (1769–1859), der wohl auch für du Rieux selbst ein großes, unerreichbares Vorbild war, in dessen Person »die höchsten, an einen im Vordergrunde des Lebens stehenden Mann, gestellten Forderungen in einer unerklärbaren Vollendung zu Tage treten.« Anlass für den Aufsatz waren die damals aufkommenden Befürchtungen, dass Vogel nicht mehr am Leben war. Aus Erzählungen von Weggefährten ließ sich später rekonstruieren, dass er wahrscheinlich am 8. Februar 1856 in der Stadt Wara im Tschad ermordet wurde, vermutlich auf Befehl des Sultans von Wadai.15 Die von Eduard Vogel überlieferten Briefe, die seine Schwester, die Schriftstellerin Elise Polko (1823–1899) veröffentlichte,16 enthalten auch einige Korrespondenzen aus der Londoner Zeit, jedoch keine Erwähnung du Rieux’.


In London ließ du Rieux 1852 auch das erwähnte Werk Aus den Bergen drucken, »als Manuskript« bei »C. B. Demaine, Bedford Court, Covent Garden«,17 das heißt als Privatdruck in sehr kleiner Auflage. Zu jenen, die ein Exemplar erhielten, gehörte der damals noch weitgehend unbekannte Theodor Fontane, dem du Rieux kurz vor der Abreise aus London im Frühjahr 1852 
begegnete.


Fontane traf am 23. April 1852 zum zweiten Mal in London ein, wo er sich diesmal bis Ende September desselben Jahres aufhielt. Während er sich 1844 den Eindrücken der britischen Metropole noch ohne größere Verpflichtungen hingeben konnte, kam er diesmal in Absprache mit Ryno Quehl (1821–1864) in die Stadt, dem Chefredakteur der Preußischen (Adler-)Zeitung, für deren Feuilleton er Berichte schrieb, von denen er einen Großteil in sein Buch Ein Sommer in London (1854) übernahm.18 Hinter dem Auftrag stand die Hoffnung, Fontane könnte die britische Presse im Sinne Preußens beeinflussen, denn Quehl war auch Fontanes Vorgesetzter in der Königlichen Centralstelle für Preßangelegenheiten, einer Art Zensurbehörde, von der noch die Rede sein wird. Von einem nicht näher bekannten Herrn Lange an du Rieux empfohlen,19 traf sich Fontane bereits kurz nach seiner Ankunft mit diesem.


Der Begegnung der beiden Herren haftet etwas Konspiratives an, und wenngleich Fontane sie in seinem Tagebuch festhielt und kommentierte, behielt er für sich, warum man ihn gerade an du Rieux empfohlen hatte. Auch die Frage, wer jener Herr mit dem Allerweltsnamen Lange war, bleibt unbeantwortet. Am 25. April 1852 notierte Fontane: »Leicester-Square, Hotel de l’Europe, nach Mr. du Rieux gefragt, ihn nicht gefunden.« Am 26. April: »Zu Mr. du Rieux. Sehr freundlich aufgenommen; viel Rath und auch Ermuthigung empfangen, gleich in demselben Hause gemiethet.«20 Zwischen 28. April und 5. Mai: »Mehre Abende mit Mr. du Rieux verplaudert. ›Ooch Schuster!‹ oder feiner: Anch’ io sono pittore. Unsre Werke ausgetauscht; erhabner Augen­blick.« Am 5. Mai: »Um 10 Uhr hinauf zu Du-Rieux. Bis 2 ½ Uhr (nachts) mit ihm geschwatzt. Er wurde nett d. h. er warf den Flausenmacher, den großen Herrn und großen Geist bei Seite und wurde – Mensch, Preuße, Pommer. Recht genußreiche Stunden: sein Verhältnis zur Lady X. Der Traum, die Pariser Somnambule, die Bekanntschaft mit dem Garde-Officier, die Ermuthigungen, die erste und – letzte Begegnung, der Brief, die Antwort. – Moral: wer wagt gewinnt nicht immer, namentlich – keine Lady’s21 Du Rieux hatte Fontane demnach von einer unglücklichen Liebe erzählt, womöglich derselben, die er auch am Schluss seines Gedichts Märchenbilder andeutet. Am 6. Mai versuchte sich Fontane an einer Art Porträt seiner Reisebekanntschaft: »Mit du Rieux bei Kammerer diniert: sehr guter Chambertin. Zurück; Abschied; völlige Einsamkeit. Wer war du Rieux? was war du Rieux? Auf beide Fragen hab’ ich keine rechte Antwort: Stettiner, Mediciner, Physiolog, Phrenolog, Psycholog, Supranaturalist, Atheist, Dichter, Tourist (durch ganz Europa, mit Ausnahme der slavischen Länder) wirklicher oder vorgeblicher Freund von 3 Dutzend vornehmer Herren, stolz und doch eitel, redselig und doch berechnet, ich glaube die Lösung dieses Räthsels, das sich du Rieux nennt, in seinem Gedichtbuch ›aus den Bergen‹ zu finden. Er hält sich für ein Genie und ist keins, er hat gerade genug vom Lord Byron um kein Alltagsmensch zu sein, aber lange nicht genug, um einigermaßen mit Erfolg das Geschäft des edlen Lords fortsetzen zu können. Sein Buch ist eine Mischung von 6 Tropfen Gedanken-Essenz (sogar guter Gedanken) mit einem Ocean voll Plattheit und – Nonsens. Mir ist solch Buch noch nie vorgekommen: es muß durchweg in der Nacht, zwischen 12 und 6 Uhr früh, geschrieben sein, eine Seite schmeckt immer nach sieben Tassen Tee, die andre nach Morgengrau, vollständiger Ermattung und ausgegangner Cigarre. – Sei dem wie ihm wolle, ich verdanke dem gentlemanliken Benehmen dieses Dichters oder Nichtdichters einige anregende, fast genußreiche Stunden und will ihm wünschen, daß er sich den Dank der Welt so aufrichtig verdient, wie er den meinen hat.«22

Das Buch Aus den Bergen, ein Versdrama, umfasst 145 Seiten und stellt im Kern eine freie Adaption der Ossian-Sage dar, geschaffen von dem erfundenen Dichter Ossian, hinter dem sich der Schotte James Macpherson (1736–1796) verbarg. Eine ganze Generation von Künstlern begeisterte sich seinerzeit daran. Du Rieux gliedert sein Werk in vier Kapitel: Ossian’s letzter Tag, Alfred und Adele, Der Tod der Freunde und Die Sehnsucht. Das letzte Kapitel leitet er mit den Worten ein: »In der Nacht vom 22 July [1851] fuhr der Verfasser aus dem Hafen von Marseille nach den Felsenriffen, die sich unter dem Pausilipp zeigen und einen Uebergang nach dem Lande erleichtern. Auf der Spitze des Felsens angelangt, schrieb er im Anblicke des Golfs und der tour blanche folgende Verse deutsch nieder.«23 Eine Schiffsreise von Marseille nach Neapel – der Pausilipp ist ein Vorgebirge bei Neapel – dauert angesichts einer Entfernung von etwa 800 km weitaus länger als eine Nacht. Führte ihn diese Reise also eher nach Korsika? Immerhin ist die Insel ebenfalls sehr gebirgig, aber von Marseille in nur 9 bis 10 Stunden zu erreichen. Auch den Weißen Turm (»tour blanche«) wird man in Neapel nur schwerlich finden – auf Korsika allerdings auch nicht, denn er ist das Wahrzeichen der griechischen Hafenstadt Thessaloniki. War die nächtliche Reise vielmehr eine Traumreise? Die Sehnsucht ist ein Naturgedicht, das keinen Bezug zur Ossian-Sage hat, sondern eher wie eine Variation der Einleitung erscheint, in der du Rieux die Schönheiten Irlands preist: »Irland theilt mit Grossbritannien eine entzückende Schönheit: es sind die wellenförmigen Gefilde, aber es nimmt für sich den Ruhm, seine westliche Küste und besonders im Süden, durch die zwei grossen Mittel der Natur, Wasser und Gestein, schön und wild in eigenster Weise gestaltet zu haben.«24

Am 5. Mai 1852 reiste du Rieux aus London ab und nahm zwei Briefe Fontanes mit, einen an dessen Mutter und einen an den Freund August Müller (1810–1865). In einem Brief an seine Frau schrieb Fontane am 13. Mai rückblickend über sein einförmiges Londoner Leben: »Diese Regelmäßgkeit wurde eigentlich nur durch Besuche unterbrochen, die ich dem jungen Mr du Rieux machte, oder er mir und wie sehr ich auch dem genannten Herrn für seine Freundlichkeit verpflichtet bin, es war doch nicht das, dessen ich bedurfte. Genialthun und Flausenmacherei, selbst wenn ein gewisser Kern von Bildung und Talent da ist, kann mir nicht mehr behagen; – man kriegt eine Stufe nach der andern hinter sich. Heut vor 8 Tagen ist er nach Berlin zurückgekehrt; ich gab’ ihm zwei kurze Briefe an Müller und Mutter Fontane mit.«25 Etwa sechs Wochen später teilte er seiner Frau mit, er habe am 16. Juni einen Brief von du Rieux aus Breslau erhalten, »unter anderm mit Entschuldigungen, daß er meine Briefe noch nicht abgegeben habe«.26 Näheres über du Rieux schrieb er seiner Frau nicht.


Reise nach Guatemala


Nach seinem Londoner Aufenthalt unternahm der inzwischen 29-jährige Louis du Rieux eine Reise nach Guatemala, damals ein Land ›am Rande der Welt‹, das bis dahin nur wenige Europäer gesehen, geschweige studiert hatten. Aus späteren Äußerungen ist zu schließen, dass er weit größere Teile des Kontinents bereiste, womöglich auch die USA. Über seine Eindrücke aus Guatemala berichtete er am 21. September 1853 auf einer öffentlichen Sitzung des Berliner Central-Vereins für die Deutsche Auswanderungs- und Colonisations-Angelegenheit. Im Protokoll heißt es, dass du Rieux, »welcher nach einem längeren, wissenschaftlichen Forschungen gewidmeten Aufenthalte in Guatemala kürzlich hierher zurück­gekehrt ist«, eine »etwaige Colonisation« des Landes ins Auge gefasst hätte, aber vor Ort erkennen musste, dass »gegenwärtig und für die nächste Zukunft noch viel zu überwinden ist, ehe man damit vorgehen könne.«27

Der Name des Vereins klingt aus heutiger Sicht erklärungsbedürftig, aber er propagierte keineswegs die kriegerische Eroberung fremder Territorien, was damals in Preußen ohnehin kein Thema war. Vielmehr wollte man Kenntnisse über andere Länder, Völker und Kulturen vermitteln, um damit potentiellen Auswanderern Entscheidungshilfe bieten zu können. Mit »Colonisation«, abgeleitet vom lateinischen Wort »colonia«, war hier die ursprünglichen Bedeutung »Ansiedlung« gemeint.


Du Rieux’ Vortrag erschien kurz darauf in einer auf 20 Seiten erweiterten Fassung im Selbstverlag des Vereins, der seinen Sitz in der Jerusalemerstraße 25 hatte, gewidmet dem Vorsitzenden des Vereins, Regierungsrat Ernst Wilhelm Johannes Gäbler (1812–1876). Die Broschüre enthält im Anhang noch statistische Angaben der guatemaltekischen »Ober-Rechnungskammer« zum Im- und Export des Landes, außerdem den aktuellen Etat des Postwesens, der Schulen, der Hospitäler sowie weitere Staatsausgaben – Angaben, die noch heute eine wertvolle Vorstellung vom damaligen Guatemala vermitteln. Im Textteil kritisiert du Rieux insbesondere die spanische Eroberungs- und Kolonialpolitik, unter der das Land bis 1821 litt, um dann 1840 endlich ein eigenständiger, unabhängiger Staat zu werden. Die schwerwiegenden Probleme bestanden jedoch weiter: die erschreckende Armut großer Teile der Bevölkerung als auch deren geringe Bildung. Eine Lösung sah du Rieux in einer Zusammenarbeit zwischen dem Präsidenten Guatemalas, General Rafael Carrera (1814–1865), und seinen Berliner Vereinsmitgliedern sowie ähnlichen Vereinen: »wir meinen, der General müsse sich mit den Colonisations-Gesellschaften im Auslande in Verbindung setzen und durch ihre Vermittelung Leute ins Land rufen, die demselben durch ihre gewerbliche, künstlerische, wissenschaftliche Thätigkeit oder durch sonstige Unternehmungen nützen können.«28 Er schließt mit den staatsmännischen Worten: »So sei denn hier ein Wink gegeben, wie Central-Amerika und besonders Guatemala von uns aufgenommen und gefördert werden müsse. Nicht es zu erobern, nicht seinen Typus zu verwischen, vielmehr ihn erhalten, vervollkommnen und Eroberungen von ihm abzuwenden zu suchen, wird die erfolgreichste Thätigkeit sein, die Europa darauf äußern kann.«29 Es sei am Rande erwähnt, dass Rafael Carrera, der Präsident Guatemalas, nie eine Schule besucht hat und sein Leben lang Analphabet blieb.


Anstellung in der Centralstelle für Preßangelegenheiten


Im Januar 1854 erhielt der knapp 30-jährige du Rieux überraschend eine Anstellung in der Berliner Centralstelle für Preßangelegenheiten, einer weitgehend im Verborgenen arbeitenden staatlichen Kontrollbehörde, die den Journalismus beobachten und notfalls Einfluss darauf nehmen sollte, etwa mit einem gezielten Lancieren bestimmter Beiträge, die zum Teil von den Mitarbeitern der Behörde selbst geschrieben wurden. Bereits 1842 war zur Überwachung der Presse ein Bureau für Preßangelegenheiten gegründet worden, das aber aufgelöst wurde, als in Folge der Märzrevolution von 1848 die Pressefreiheit erkämpft und mit der Preußischen Verfassung vom 5. Dezember 1848 gesetzlich garantiert wurde. Um sich über die Presse weiterhin einen kontinuierlichen Überblick zu verschaffen und gegen regierungskritische Tendenzen vorgehen zu können, ließ Ministerpräsident Rudolf von Auerswald (1795–1866) schon im Sommer 1848 das Literarische Cabinet einrichten, das mehrere Schriftsteller beschäftigte. Als im Dezember 1850 Otto von Manteuffel (1805–1882) zum Ministerpräsidenten und Minister für Auswärtige Angelegenheiten ernannt wurde, wurde die Organisation ihm unterstellt und in Centralstelle für Preß­angelegenheiten umbenannt.30

Theodor Fontane arbeitete vom 1. August 1850 bis Ende Dezember 1858 in dieser etwas zwielichtigen Behörde, also schon 1852, als er in London mit Louis du Rieux zusammentraf. Sie wurde zunächst von Ryno Quehl geleitet, dem Chefredakteur der Preußischen (Adler-)Zeitung, nach dessen Versetzung als Generalkonsul nach Kopenhagen – im November 1853 – von Regierungsrat Immanuel Hegel (1814–1891), einem Sohn des berühmten Philosophen, sowie von dem Beamten Ludwig Metzel (1815–1895). Während Hegel die allgemeine Verwaltung der Centralstelle für Preßangelegenheiten übernahm, war Metzel, Fontanes neuer Vorgesetzter, für die eigentliche politisch-publizistische Leitung zuständig.31 Metzel erhielt seine Anweisungen direkt von Manteuffel, instruierte die Korrespondenten und überwachte das Lektorat.32 Als Fontane dort eintrat, beschäftigte die Behörde acht Mitarbeiter – inklusive Metzel und Fontane selbst.


Über Louis du Rieux’ Tätigkeit in der Centralstelle hat sich im Berliner Staatsarchiv eine Personalakte erhalten,33 der sich aber nicht entnehmen lässt, wer ihm diesen Posten verschaffte. Er erhielt dafür zunächst jährlich 400 Taler, zwei Jahre später noch eine Erhöhung um 80 Taler. Wie bescheiden und zugleich begehrt ein solches Einkommen war, schildert Fontane in einem Brief an seinen Schriftstellerfreund Bernhard von Lepel (1818–1885), als er noch auf der Suche nach einer Anstellung war: »Ich mache so geringe Ansprüche, und doch, – selbst das Kleinste wird mir verweigert. 400 Thaler, worauf mit Recht der Spruch erfunden ist: ›zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel‹ ersehne ich nun schon seit Jahr und Tag, und obschon ich gar nicht wählerisch bin, obschon ich all und jede Subaltern-Stellung, die nicht besondere Fachkenntnisse erheischt, mit Freuden annehmen würde, dennoch ist es nicht möglich, auch nur ein solches minimum zu ergattern.«34

Merkwürdigerweise kommt Fontane auf Louis du Rieux nicht mehr zu sprechen, nachdem dieser sein Kollege geworden war, weder in seinen Tage­büchern noch in Briefen, obwohl beide am 30. September 1854 sogar gemeinsam eine Mitteilung an die Mitglieder der Centralstelle unterschrieben und damit deren Kenntnisnahme bestätigten.35

Zunächst war du Rieux in der Centralstelle für die Ordnung des Archivs und der Bibliothek zuständig. Am 18. August 1855 wurde ihm durch Ludwig Metzel ein weiteres Aufgabengebiet übertragen:

Die zu Nassau in Wiesbaden erscheinende Nassauische Landeszeitung hat sich durch Vermittelung des Herrn Reg. Raths [Otto Konrad] Zitelmann hierher gewandt, um eine politische Correspondenz aus Berlin zu erhalten. Da die andern Mitglieder des literarischen Cabinets bereits hinlänglich mit Correspondenzen versehen sind, so ergreife ich gern die Gelegenheit einen von Ihnen früher bereits geäußerten Wunsch zu erfüllen, und Sie zu mehr geistig produktiven Arbeiten heranzuziehen. Ich ersuche Sie demnach ergebenst von Morgen ab täglich eine Correspondenz an die Redaktion der Nassauischen Landeszeitung abzusenden, jedoch über den derselben zu gebenden Inhalt, vorher mit mir und in meiner Abwesenheit mit Dr. [Otto] Metzler gefälligst Rücksprache zu nehmen. Auch wird es sich in Anbetracht der besonderen dort obwaltenden Verhältnisse empfehlen, daß Sie am Anfange die Correspondenz, nachdem dieselbe von Ihnen geschrieben, mir oder Dr. Metzler zur Ansicht noch vorlegen. Eine besondere Vergütung kann ich Ihnen leider bei dem schwachen Etat der neuen Zeitung nicht in Aussicht stellen, doch ist zu hoffen, daß derselbe in Zukunft sich günstiger gestalten und demnach im Stande sein wird, Ihnen ein bescheidenes Honorar für Ihre Arbeit zu gewähren.36

Es ist ein seltsamer Fauxpas, die Centralstelle weiterhin als Literarisches Cabinet zu bezeichnen, obwohl dieses bereits fünf Jahre zuvor umbenannt wurde. Das Schreiben zeigt jedoch recht gut, wie die Mitarbeiter scheinbar privat Kontakt zu einzelnen Zeitungen herstellen sollten, oder wie – so in diesem Fall – 
Bitten um Berliner Korrespondenten mehr oder weniger »zufällig« auf dem Schreibtisch der Centralstelle landeten, die nun die Möglichkeit hatte, entsprechende Beiträge selbst zu verfassen. Kritischen Journalisten blieb dieses Vorgehen nicht verborgen, sodass der erwähnte Regierungsrat Otto Konrad Zitelmann (1814–1889) acht Jahre später »die formelle Aufhebung des Litterarischen Bureaus im Staatsministerium« vorschlug, um »der Oppositionspresse den ostensible[n] Angriffspunkt gegen das Ministerium« zu nehmen.37 Der Vorschlag Zitelmanns blieb jedoch weitgehend folgenlos. Am 17. Dezember 1855 erhielt du Rieux durch seinen Vorgesetzten Metzel weitere Aufgaben:


Bei dem Ablauf des Jahres fühle ich mich verpflichtet, Ew. Wohlgeboren noch im Besondern meinen aufrichtigen Dank für den Eifer und Thätigkeit auszusprechen, mit denen Sie sich die Ihnen aufgetragenen Geschäften im Allgemeinen, im Speciellen aber die Ordnung des Zeitungsarchivs und der Bibliothekangelegenheiten der Königl. Centralstelle für Preßangelegenheiten haben angelegen sein lassen. Ich weiß vollkommen die Mühsamkeit Ihrer Arbeit zu schätzen, um nicht in der Ausdauer bei derselben einen ferneren Grund der Anerkennung zu finden. Ew. Wohlgeboren werden daher in den nachstehenden Bemerkungen nicht einen Tadel Ihrer bisherigen Arbeiten, sondern nur Anweisungen zu erblicken haben, durch welche Ihre Bemühungen für alle Mitglieder der Centralstelle nutzbarer gemacht werden sollen.


Die bisherige Einrichtung des Zeitungsarchives nach der geographischen Lage der Mächte und Länder, denen die verschiedenen Zeitungen angehören, erscheint mir nämlich zu subjektiv. Es wird im Allgemeinen die Ordnung in drei bis vier großen Gruppen, deutsche, englische, französische, polnische beizubehalten sein, innerhalb dieser Gruppen gebe ich aber der alphabetischen Ordnung den Vorzug, vor der geographischen. Die Combinationen bei der letztern können zu mannigfaltig sein, um es möglich zu machen, sofort und mit Leichtigkeit sich zu orientieren, zumal bei der Zerstückelung unseres deutschen Vaterlandes. Um auch bei der alphabetischen Ordnung möglichst jede Willkührlichkeit zu vermeiden, wird es sich empfehlen, für dieselbe den Preiscourant des hiesigen Generalpostamts zu Grunde zu legen und entsprechend der dort aufgestellten Reihen und Nummernfolge die Zeitungen zu ordnen, so daß das Preiscourant, in welchem die hier gehaltenen Zeitungen zu unterstreichen wäre zugleich als Generalregister der Zeitungsregistratur zu gebrauchen sein würde.


Um das Einregistriren und Ordnen der Zeitungen möglichst zu beschleunigen, stelle ich Ihnen anheim, sich dabei der Hülfe des Rodeck und Pietschmann zu bedienen.


In Betreff des Heftens der Zeitungen ersuche ich Sie streng darauf zu halten, daß sämmtliche deutsche oft im Gebrauche befindliche Zeitungen so schnell als möglich geheftet werden.


Von der Anlage von Heften für die englischen und französischen Zeitungen will ich Abstand nehmen, doch ist es der Ordnung und leichten Uebersicht wegen nothwendig, daß auch diese in Theilen zu je 10 Nummern oben, in der Mitte und unten durch einen festen Faden verbunden werden, und ein aufgeklebter Aktenstreifen die vorhandenen und defekten Nummern bezeichnet, was ich in Betreff der letztern auch bei den deutschen Zeitungen für nothwendig erachte, um in ­betreffenden Fällen zeitraubendes vergebliches Suchen zu ersparen.38

Die Zahl der zu archivierenden Zeitungen war recht umfangreich: Mitte 1857 waren es 72 Tageszeitungen, 11 Wochenblätter, 27 Journale und 23 sonstige ­
in- und ausländische Zeitungen.39

Am 8. Februar 1856 erhielt du Rieux wiederum ein zusätzliches Aufgabengebiet:


Durch den Abgang des Herrn Referendarius Study nach Frankfurt a. M. ist eine neue Vertheilung der Arbeiten nothwendig geworden. Namentlich ist ein Ersatz für die durch denselben besorgte Lektüre der englischen Journale erforderlich. Ich ersuche Ew. Wohlgeboren diese und die Berichterstattung darüber bis auf Weiteres zu übernehmen. Um dies möglichst zu erleichtern wird es genügen, wenn Sie Ihren betreffenden Bericht an die deutsch-englische Correspondenz anschließen, also nur dasjenige noch hervorheben, was von dieser nicht berücksichtigt 
worden ist.


Vornämlich werden Sie Ihre Aufmerksamkeit auf wichtige für die Preußische Verwaltung interessante Gesetzpublikationen und statistische Nachweise zu richten haben, die Anzeige darüber wird aber kurz zu fassen sein, indem ich mir die ­nähere Anweisung in betreffenden Fällen vorbehalte.40

Drei Wochen später, am 1. März, beantragte du Rieux bei seinem Vorgesetzten »mit Rücksicht auf meine seit längerer Zeit dauernde Unpäßlichkeit, einen mit nächster Woche beginnenden acht bis zehn Tage dauernden Urlaub zu bewilligen. Ich wünsche den Urlaub zu einer kleinen Reise zu benutzen und verhehle daher nicht Euer Hochwohlgeboren geneigte Genehmigung dazu gleichfalls zu erbitten.« Der Urlaub wurde bewilligt, über die geplante Reise ist nichts bekannt.


Weitere Beschäftigung mit Amerika


Merkwürdigerweise ist Louis du Rieux lediglich 1856 im Berliner Adressbuch verzeichnet, mit dem Eintrag: »Du Rieux, L., cand. phil., Friedrichsstraße 65.«41 Das könnte bedeuten, dass er, wie eingangs erwähnt, zu dieser Zeit an einer Dissertation arbeitete, zumal er sich zwei Jahre später einmal »Dr. Louis du ­Rieux« nannte.42 In der Universitätsbibliothek und im Archiv der Humboldt-Universität findet sich aber kein diesbezüglicher Hinweis, und dass die Promotion an einer anderen Universität erfolgte, ist wenig wahrscheinlich. Er hat den Titel danach auch nie wieder verwendet, obwohl das gerade in der Korrespondenz mit der Centralstelle hilfreich gewesen wäre.


Neben seiner dortigen Arbeit befasste sich Louis du Rieux weiterhin mit Problemen des amerikanischen Kontinents und versuchte sogar, seine Kenntnisse der Preußischen Regierung zur Verfügung zu stellen – so zumindest in der am 1. Juni 1856 für Manteuffel verfassten Denkschrift Mémorial über die zwischen England und den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika mit Rücksicht auf Centro-Amerika in Folge des Clayton-Bulwer-Vertrages schwebenden Streitigkeiten. Auf ihr wurden am 15. Juni Ergänzungen von »Louis du Rieux« angebracht.43 Der genannte Vertrag, 1850 zwischen Großbritannien und den USA ausgehandelt, berührte auch die Planung eines Kanals, der den Atlantik mit dem Pazifik verbinden und nach damaligen Vorstellungen in Nicaragua angelegt werden sollte. Anstelle des nicht gebauten Nicaragua-Kanals entstand viele Jahre später der Panama-Kanal.


In welchem Umfang Louis du Rieux den Kontinent aus eigenem Erleben kannte, lässt sich nicht sagen. Es ist anzunehmen, dass seine Kenntnisse teilweise auf der beruflich bedingten Lektüre zahlreicher Zeitungen und Journale beruhten. Von seiner detaillierten Kenntnis Amerikas zeugen aber auch zwei weitere öffentliche Vorträge.


Am 6. September 1856 referierte er auf einer Sitzung der Berliner Geographischen Gesellschaft über die Sklavenhaltung in den Südstaaten der USA und plädierte für deren Abschaffung, zumal dies auch im Interesse der dortigen weißen Bevölkerung sei, die er nicht gerade mit freundlichen Worten schildert. Im Protokoll der Sitzung heißt es: »Der Redner empfahl bei Prüfung der Emancipationsfrage nicht bloss die Lage der Neger, sondern auch die der Weissen ins Auge zu fassen; es zeige sich nämlich, dass die weiße Race in den sklavenhaltenden Staaten nicht besonders gedeihe. Wenn innerhalb des Zeitraums von 1840–1850 in den sklavenhaltenden Staaten der Union sich die weisse Bevölkerung um fast eine Million vermindert, die schwarze hingegen um fast eine Million vermehrt habe, so sei dies eine zum Nachdenken auffordernde That­sache. Niemand könne bei einem Vergleich zwischen dem Norden und Süden der Vereinigten Staaten in Abrede stellen, dass sich dort ein sehr hoher Grad von Cultur, ein ununterbrochenes rasches Fortschreiten, eine erstaunliche Mannichfaltigkeit der Interessen und eine Regsamkeit des geistigen Lebens zeige, von der man im Süden keine Spur erblicke; hier herrsche Stabilität und Versumpfung; das Interesse des Plantagenbesitzers sei fast das einzige, das sich geltend machen könne; die Weissen seien hier eine dumme und faule Race, und es zeige sich deutlich, dass der durch die Sclaverei bedingte wirthschaftliche und sociale Zustand auch für die geistige Entwickelung der weissen Race nicht von Segen sei.«44 Über das Thema wurde in Deutschland allgemein sehr kritisch, auch emotional diskutiert, bedingt auch durch den Südstaaten-Roman Onkel Toms Hütte von Harriet Beecher Stowe (1811–1896), der seit 1852 in mehreren deutschen Übersetzungen erhältlich war und in Europa millionenfach verkauft wurde. 


Am 7. Februar 1857, ebenfalls auf einer Sitzung der Berliner Geographischen Gesellschaft, hielt Louis du Rieux einen Vortrag über die »Pacific-Eisenbahn«, mit der der Westen der USA bis zum Pazifik erschlossen werden sollte.45 »Der erste dieser Wege, welche den Grossen Ocean mit dem Atlantischen verbinden soll, wird wahrscheinlich von Texas aus über das Gila-Thal gehen und sich auf der andern Seite an eine Bahn von Fulton (in Arkansas am Red-River, nicht weit von der Grenze von Texas) durch Arkansas bis Cairo (am Zusammenfluss des Ohio und Mississippi) anschliessen. Den Abschluss würde diese Bahn in San Francisco in Californien finden müssen.« Bei seinen weiteren Ausführungen beruft er sich auf das »Urtheil des commandirenden Officiers von San Francisco« sowie auf »die jetzigen Minister des Krieges und des Innern«. Gemeint sind Jefferson Davis (1808–1889) und Robert McClelland (1807–1880), die die beiden Ämter von 1853 bis 1857 inne hatten. Bis zur Realisierung dieses Plans war es freilich noch ein weiter Weg: Erst Präsident Abraham Lincoln (1809–1865) erteilte am 1. Juli 1862 die Genehmigung zum Bau der Eisenbahnstrecke nach Kalifornien und die Gründung der Union Pacific Railroad, der heute größten Eisenbahngesellschaft der USA.


Die Kündigung


Am 17. Juli 1857 bat du Rieux, »ihm einen achttäglichen Urlaub für eine Reise in Familien-Angelegenheiten zu bewilligen«, was insofern merkwürdig erscheint, als er – soweit bekannt – keine Familie hatte: die Eltern waren bereits verstorben, und über Geschwister, eine Ehefrau oder gar Kinder weiß man nichts. Der Antrag wurde bereits am folgenden Tag für die Zeit vom 18. bis 
25. Juli genehmigt.


Im Oktober 1857 kündigte ihm die Centralstelle für Preßangelegenheiten zum Ende des Jahres,46 wogegen er sich im selben Monat zur Wehr setzte. In einem Brief vom 27. Oktober 1857 schrieb er an seinen obersten Vorgesetzten Otto von Manteuffel:


Hochgeborner Herr


Hochgebietender Herr Minister-Präsident


Eurer Excellenz


erlaube ich mir in tiefster Ehrfurcht mitzutheilen, daß der Vorstand der Centralstelle für Preß-Angelegenheiten mir mündlich und schriftlich angezeigt habe, meine Beschäftigung in dem ihm untergeordneten Büreau kann nur bis zum Ende dieses Jahres dauern.


Das Bewußtsein, meine Stellung in der Centralstelle nur als einen der mir seit einer Reihe von Jahren gewordenen vielfachen Beweise der Gnade Eurer Excellenz ansehn zu dürfen und die Ueberzeugung, daß Eure Excellenz hochgeneigtest mir noch dieselbe Nachsicht zu Theil werden lassen, machen es mir zur Pflicht, die Aufmerksamkeit Eurer Excellenz auf die mit meinen Wünschen und meinen ­Intressen nicht übereinstimmende Entlassung zu lenken.


Den Grund dieser Entlassung vermag ich um so weniger einzusehn, als ich von Herrn Direktor Metzel nur als solchen die Vornahme von Veränderungen erfuhr und ich stets, mit Erfolg, besterkt war, mir die Gewogenheit des Herrn Geheimraths Hegel und des Herrn Direktor Metzel zu sichern.


Da ich durch die bisherige Stellung zu leben hatte, damit ich studiren könne, hörte ich nicht allein auf zu studiren, wie ich leben könne, sondern hielt mich auch von Beschäftigungen fern, die trotz ihrer Vortheile nicht mit den Rücksichten vereinbar waren, welche ich zu nehmen hatte.


Abgesehn jedoch davon, daß ich aus diesem Grunde unvorbereitet auf eine Veränderung meiner Verhältnisse bin, hat die Unabhängigkeit deren ich mich mit dem nächsten Jahre erfreun soll, geringern Werth für mich, als die bisherige Abhängigkeit, weil diese meinen Wünschen und Ueberzeugungen entsprach.


Ich beklage mich indeß nicht über eine Ungerechtigkeit, da ich den Grund der mich berührenden Maaßregel nicht zu erkennen vermag, sondern bitte nur Eure Excellenz in tiefster Ehrfurcht, diese Maaßregel, da sie um so härter für mich ist, weil sie mich der Gelegenheit Eurer Excellenz zu dienen beraubt, von mir abzuwenden.


Während die Gnade Eurer Excellenz von mir als die Erfüllung meines Ehrgeizes angesehn wurde, war ich stets nur um die Gelegenheit besorgt, meine Dankbarkeit zu beweisen.


Verstatten Eure Excellenz hochgeneigtest mir, mit dem Ausdrucke der Hoffnung zu schließen, daß ich auch ferner die Ehre haben dürfe, mich zu zeichnen


Eurer Excellenz


in tiefster Ehrfurcht 


unterthänigster Diener


Louis Du Rieux47

Der Grund für diese »Maaßregel« ist in der Tat nicht bekannt. Es lässt sich nur vermuten, dass du Rieux’ kritische Haltung, wie er sie etwa zur Sklavenhaltung in den USA auch öffentlich vertrat, seinen Vorgesetzten suspekt erschien. Andererseits stand die gesamte Centralstelle im Verdacht, »beträchtlich viel kryptodemokratisches Gesindel zu beschäftigen«, wie es Fürst Otto von Bismarck (1815–1898) 1855 in einem vertraulichen Brief formulierte.48 Im November 1857 bewarb sich du Rieux um eine Stelle in der Preußischen Gesandtschaft in Paris, jedoch ohne Erfolg.49 Am 22. November 1858 wurde auch Metzel von seinen Pflichten als Direktor der Centralstelle entbunden und versetzt.50

Reise nach Russland


Aus dem Jahre 1860 ist ein Brief von Louis du Rieux an den Historiker und nationalliberalen Politiker Georg Gottfried Gervinus (1805–1871) in Heidelberg überliefert (vgl. Abb. 3). Nach der Veröffentlichung seiner Einleitung in die Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts (1853) war Gervinus wegen Hochverrats zu zwei Monaten Festungshaft verurteilt worden; die Anklage wurde aber später fallen gelassen. In ihrer Zeit einzigartig ist seine achtbändige Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts seit den Wiener Verträgen (1855–1866), die zu dieser Zeit noch nicht vollständig vorlag, durch ihr Bemühen, eine wirklich länderübergreifende Gesamtschau auf die Epoche zu bieten.


In dem Brief du Rieux’, geschrieben am 7. September 1860 in St. Petersburg in französischer Sprache,51 lässt er Gervinus zunächst wissen, er studiere intensiv dessen Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts, würde die dort geäußerten Ansichten »vollkommen« teilen und wünsche, »dass man Ihnen große Macht über Deutschland zu Teil werden lässt, und dass man sich auch überall anders der Wahrheit öffnet, die Sie verbreiten.« Dann kommt er auf sein eigentliches Anliegen zu sprechen:


Zwei Gründe drängten mich, Ihnen zu schreiben: 1. das, was sie über Russland sagen (Band II) und 2. auch das, was sie über die ehemaligen spanischen Kolonien in Amerika sagen (Band III und Band IV, in der ersten Hälfte).


Die Emanzipation der Leibeigenen in Russland erneut zur Sprache bringend, kann ich Ihnen versichern, dass diese von allen aufgeklärten Menschen begierig ersehnt wird, entweder auf Grund eines persönlichen Interesses oder aber im Bewusstsein, dass eine freie Entwicklung die beste Basis für allgemeinen Wohlstand ist.


Diejenigen, die nach ihrem persönlichen Interesse handeln, geben zu, dass die Emanzipation der Leibeigenen für die Regierung von Dringlichkeit ist, weil sie ein Gegengewicht zur Aristokratie benötigt, die ständig ihren Anteil an Regierungsämtern fordert, aber die Mittelschicht nicht erreicht.


Die Regierung muss sich also eine Anhängerschaft in der Unterschicht, in der Arbeiterklasse schaffen. Die Großgrundbesitzer bemühen sich nun ihrerseits Anhänger zu finden, indem sie ihre Bauern freilassen und diese gegen die Staatsmacht, die ihnen die Befreiung vorschreibt, benutzen. Es ist also nichts anderes als eine Frage des Vorsprungs. Derjenige, der dem anderen mit der Emanzipation zuvorkommt, glaubt, davon zu profitieren.


Was die anderen betrifft, die sich der Partei der Ökonomen zuordnen lassen, und deren Anstrengungen der freien Berufsausübung und der freien Wirtschaft gelten, so ist deren Zahl zu klein und ihre Anschauungen ohne Einfluss.


Es ist richtig, dass sie Zentralen in Moskau, Kasan und Odessa haben, und dass man unter ihnen in den gehoben Klassen mehr selbstlose und wahrhaft am Wohlergehen anderer interessierte Menschen findet als überall sonst, aber sie befinden sich in einer Masse von Menschen ohne Bildung und einer Masse von Großgrundbesitzern, die nur ihren persönlichen Interessen gehorchen, ohne sich um die Interessen des Staates zu kümmern. Zudem fehlt ihnen eine Führungspersönlichkeit.


Dies ist die aktuelle Situation, deren Porträt ich, wenn Sie erlauben, gern noch um einige Striche ergänzen würde.


Das Bild, das Sie von der Befreiung der spanischen Kolonien zeichnen, hat mein besonderes Interesse geweckt, da ich mich seit zehn Jahren dem Studium der unerwarteten Veränderungen in Amerika widme und den Schauplatz mit eigenen Augen gesehen habe.


Dabei fiel mir ein Umstand auf: Bei der Aufzählung der entscheidenden Ursachen für die Revolution in den spanischen Kolonien erwähnen Sie nicht den großen Einfluss, den der Aufenthalt Alexander von Humboldts in diesen Gebieten hatte. Die Vorarbeiten für sein Werk über Neuspanien52 wurden von ihm selbst an die einflussreichsten Persönlichkeiten in diesem Gebiet weitergegeben. Die statistischen Angaben, die nur er allein zusammentragen konnte, und die Schlussfolgerungen, die er daraus zog, verbunden mit seiner Sympathie für die fortschrittlichen Kräfte, gaben seiner Anwesenheit eine besondere Bedeutung, die zur erfolgreichen Befreiung führte, nachdem sein Werk über Neuspanien53 erschienen war. Dieses Werk verschaffte der großen Befreiungs-Partei ihr Existenzrecht, indem es die verabscheuungswürdige Art des spanischen Regierens aufzeigte, der diese Gebiete unterlagen.


Ich möchte nicht länger Ihr Wohlwollen missbrauchen und beende diesen Brief mit der Bitte um Entschuldigung, dass ich mich darin des Französischen bedient habe. Doch ist mir diese Sprache vertrauter als das Deutsche. Ich bitte Sie zudem, mein Herr, sollte ich Ihnen in Russland behilflich sein können, mich als zu Ihrer Verfügung stehend zu betrachten. Die Herren Mitscher und Röstell, Verlags-Buchhändler in Berlin, werden Ihre Nachricht entgegennehmen, wenn Sie mich mit einer solchen beehren wollen.


Mit meiner größten Hochachtung habe ich die Ehre zu sein


Ihr sehr ergebener Diener


Louis du Rieux.


Adresse: Herr Baron du Rieux


über die Herren Mitscher & Röstell


Unter den Linden 16


Berlin.


Die Publikationen wie auch die wenigen überlieferten Briefe von Louis du ­Rieux lassen nicht erkennen, dass ihm die französische Sprache vertrauter war als die deutsche, doch dieser bekenntnishafte Brief steht im Zusammenhang mit dem im folgenden Jahr in Französisch veröffentlichten Buch, das sich kritisch mit der Politik in Russland und der vermeintlich fortschrittlichen Abschaffung der Leibeigenschaft auseinandersetzt.54 Während die Leibeigenschaft in West­europa bereits in Folge der französischen Revolution von 1789 abgeschafft worden war, kam es in Russland erst 1861 unter Zar Alexander II. (1818–1881) zu entsprechenden Reformen, die allerdings die Lage der Bauern eher verschlechterten. Zwar waren sie nun de facto frei, erhielten aber nach wie vor kein Land, sodass sie weiterhin der Willkür der Großgrundbesitzer ausgesetzt waren, die nun obendrein keine Verantwortung mehr für sie hatten, etwa bei Krankheit
 oder altersbedingter Arbeitsunfähigkeit. Das Buch erschien in Berlin, Paris und London und war vermutlich deshalb in französischer Sprache verfasst, weil dies die bevorzugte Sprache vieler gebildeter Russen war. Du Rieux wollte vor allem vom Adel gelesen und verstanden werden, von dem er sich in erster Linie eine Änderung der katastrophalen russischen Zustände erhoffte.


Abb. 3: Louis du Rieux, Brief an Georg Gottfried Gervinus, 7. September 1860, letzte Seite; Heidelberg, Universitätsbibliothek. Abb. 3: Louis du Rieux, Brief an Georg Gottfried Gervinus, 7. September 1860, letzte Seite; Heidelberg, Universitätsbibliothek.

Letzte Spuren


Am 24. Juni 1861 wurde Louis du Rieux mit der Berufsbezeichnung »Schriftsteller« in die Französische Gemeinde in Berlin aufgenommen.55 Ein Jahr später versuchte er, sich noch einmal in der ehemaligen Centralstelle für Preßangelegenheiten in Erinnerung zu bringen, die in Folge einer Neustrukturierung seit dem 8. Februar 1860 die Bezeichnung Literarisches Bureau des Königlichen Staatsministeriums trug.56 Louis du Rieux teilte am 4. April 1862 dem dama­ligen preußischen Innenminister Gustav von Jagow (1813–1879) mit, wie er die Behörde sah und wie sie seiner Meinung nach sein könnte, wenn er selbst, du Rieux, dort Direktor wäre:


Hochgeborner Herr


Hochgebietender Herr Minister,


Eurer Excellenz


wagt der Unterzeichnete in tiefster Ehrfurcht einige die »Centralstelle für Preß-Angelegenheiten«, welche bisher zum Ressort des Staatsministerium gehörte, und die »offiziöse Presse« betreffende Ansichten zu unterbreiten. Die genaue Bekanntschaft mit den beiden genannten Instituten, welche sich zu erwerben der gehorsamst Unterzeichnete hinreichende Gelegenheit hatte, könnte vielleicht Eure Excellenz vermögen, gnädigst die Kühnheit des Unterzeichneten zu entschuldigen.


In gleicher Weise möchten vielleicht, aus obigem Grunde, Eure Excellenz der Bereitwilligkeit des Unterzeichneten, an der Durchführung dieser Ansichten mitzuhelfen, begegnen.


Der Zweck der Centralstelle für Preß-Angelegenheiten, ist nicht, wie er von einigen Dirigenten derselben aufgefaßt wurde, der ein Berichtigungsbureau zu sein, sondern der


1. Alle Materialien zur Kenntniß der Interessen des Landes zu sammeln.


2. Alle Materialien zur Kenntniß der Manoeuvres zu sammeln, welche an einzelnen Punkten eine Meinung dem Volke aufzuprägen, oder um den Schein einer öffentlichen Meinung darzustellen gemacht werden.


3. Diese Materialien so zu ordnen, daß die Neueren derselben dem Ressort-Minister sogleich vorgelegt werden können, die Aelteren zu jeder Stunde zur Einsicht bereit stehn.


4. Diese Materialien mit den Intentionen der Regierung zu combiniren und das Resultat in Form von Correspondenzen, in gut, und namentlich prägnant stili­sirten Leitartikeln zu verbreiten.


5. Dem trügerischen Dünkelgewissen liberaler Redaktionen, welche entweder ihre Ansichten als oeffentliche Meinung rühmen, oder eine oeffentliche Meinung heranbilden wollen, entgegenzutreten.


So wäre diesem Institute eine feste Basis in den ersten beiden Punkten, eine großartige Wirksamkeit in den anderen gegeben. Seine Wirkung muß um so bedeutender, sich stets steigernd, zeigen, je mehr der Dirigent befähigt ist, in dem großen Horizonte der Intentionen der Regierung sich zurecht zu finden.


Handelte es sich nur darum eine öffentliche Meinung in Artikeln oder Correspondenzen des Bureaus zu constatiren, oder durch dieselben hervorzurufen, oder zu leiten, so müßte der Dirigent des Instituts mit viel größerer Energie, als es je geschehn, vorgehn; denn es kann Niemand läugnen, daß die Regierung allein durch die Vielseitigkeit der ihr rapportirenden Organe, befähigt ist, die öffent­liche Meinung zu kennen; daß anderentheils auch nur die Regierung, als der Leiter und Depositarius des Willens der Nation, berufen ist, eine öffentliche Meinung hervorzurufen. Dieser sich unabweisbar ergebende Gedanke müßte dem Diri­genten den Glauben an sein Recht zu den strengsten Maaßnahmen gegen die Presse der Opposition geben, wie er ihm zugleich seine Pflichten vorzeichnen 
müßte.


Die Ausführung der genannten Zwecke hängt


1. von der Zusammensetzung der Bureaux der Centralstelle ab. Außer dem Kanzlei-Personal darf Niemand darin sein, der nicht mindestens einer fremden Sprache vollständig mächtig ist, abgesehn davon, daß der Dirigent Französisch, Englisch und Deutsch so richtig zu sprechen, wie zu schreiben wissen muß und nicht nur, wie dies bisher der Fall öfters war, die Kenntniß dieser Sprachen simulire.


Es muß ferner der Dirigent seine Mitarbeiter nach der publicistischen Fähigkeit, nicht nach dem Firniß von größerer und geringerer Intensivität, welchen heute die Bildung verleiht, wählen.


2. wäre als nothwendige Folge, der für das Institut verzeichneten Thätigkeit, das Streben, in die Redaktionen der Zeitungen solche Personen zu bringen, die sich verpflichten den von der Centralstelle ausgehenden Ansichten Raum in ihren Blättern zu geben – Geschieht dies nicht, ist die Uebernahme einer Redaktion nicht an moralische Garantieen gebunden, welche der neue Redakteur der Regierung zu stellen hat, so werden den Verlegern von Zeitungen stets die schmutzigsten Seelen am angenehmsten in den Redactionen sein, weil sie in der Frechheit excelliren, den infamen, von dem Gesetze nicht antastbaren Diebstahl an Ehre und Gütern der höheren Classen, an Ansehn der Regierung zu präconisiren.


Was haben die gedruckten und lithographirten Correspondenzen unter der Direction des Herrn Metzel geholfen? Die Zeitungen ließen die mit grossem Fleiße und in anständigem Stile gearbeiteten Artikel derselben bei Seite und die Zeitungen, welche sie reproducirten, las das Volk nicht, weil es sich an der Gemeinheit weiden wollte. Ja es geht so weit, daß die Redaktionen nur noch Verbrechergeschichten oder Historien, in denen das jüdische Wesen eine Rolle spielt, 
verlangen.


Wenn man schon die geringe Wirkung der Tagesliteratur, wie sie Guizot in seinen »Nos mécomptes & nos espérances«57 schildert bedenkt, so wird die Purification der Redaktionen eine gebotene Pflicht.


3. Müßte der Dirigent der Centralstelle sein Augenmerk auf die in Heften durch Colporteure vertriebenen Schriften lenken, unter denen sogenannte geheime Geschichten und Verbrecherromane oben an stehn.


4. Ist die englische und französische Presse ein bedeutendes Feld für die Ver­theidigung und Verbreitung der Absichten der Staatsregierung, weil viele Leute, befähigt diese Blätter zu lesen, von dort her ihre politische Weisheit haben und den meist getrübten, oft gehässigen Darstellungen derselben mehr trauen, als den ernsten Mahnungen einheimischer Blätter.


Eure Excellenz möge gnädigst mir erlassen, aus der Geschichte der Centralstelle nachzuweisen, warum die Zwecke nicht erreicht und die in tiefster Ehrfurcht vorgeschlagenen Mittel nicht in nobler Ausdehnung ergriffen sind.


Die Zwecke sind nicht erreicht und die bisherige Thätigkeit der Centralstelle ist sogar ohne irgend eine Wirkung gewesen, wie aus dem dissoluten Auftreten der Oppositionspresse und aus ihrer Frechheit ersichtlich ist.


Sollten Eure Excellenz gnädigst geruhen, mir die Betrachtung der einflussreicheren Stellung der offiziösen Presse zu befehlen, so werde ich gehorsamst mich dem Befehle fügen. In jedem Falle bitte Eure Excellenz ich jedoch in tiefster Ehrfurcht die vorstehenden Mittheilungen als einfache Ansichten zu betrachten, bei denen nicht prätendirt werde, Eurer Excellenz einen Rath ertheilen zu wollen.


In tiefster Ehrfurcht


Eurer Excellenz


unterthänigster und gehorsamster Diener


Louis du Rieux


Dresdenerstrasse 7458

Du Rieux verzichtet hier auf jegliches diplomatisches Geschick, und ihm dürfte bewusst gewesen sein, dass sein mehr als selbstbewusstes, fast schon anmaßendes Schreiben keine gute Empfehlung für die angestrebte Position war, auch wenn er das entsprechende Anforderungsprofil zweifellos besaß. Es ist zugleich die letzte Spur von Louis du Rieux, der zu dieser Zeit erst 38 Jahre alt war. Er scheint daraufhin Berlin, wenn nicht gar Deutschland verlassen zu haben. Sein Tod ist jedenfalls in Berlin nicht festzustellen, ebenso wenig in Stettin.59

Das Titelblatt von Schumanns »Märchenbildern«


Schumann konnte allenfalls ahnen, was für eine bemerkenswerte Gestalt sein kurzzeitiger Briefpartner Louis du Rieux war, und als die Märchenbilder im Juni 1852 im Druck erschienen, unterblieb ein Hinweis auf dessen Gedicht. Selbst die Illustration auf dem Titelblatt greift keinen Gedanken daraus auf. Vielmehr sehen wir dort eine alte Frau mit Mütze und Krückstock sitzen, an ihrem erhobenen Zeigefinger unschwer als Märchenerzählerin zu erkennen, umgeben von sechs andächtig lauschenden Kindern. Wie die französische Musikwissenschaftlerin Sylvine Delannoy kürzlich in ihrer Dissertation zum Einfluss des Märchens auf Schumanns Musik nachwies, ist das Titelblatt tatsächlich von einer Zeichnung von Ludwig Emil Grimm (1790–1863) beeinflusst, die dieser 1837 für die dritte Auflage der Kinder- und Hausmärchen seiner Brüder Jacob und Wilhelm Grimm entwarf. Schumann hatte darauf vermutlich keinen Einfluss, nur insofern, als er die Märchenbilder ausgerechnet bei Carl Luckhardt, einem Musikverleger der Brüder-Grimm-Stadt Kassel erscheinen ließ. Und dieser beauftragte mit dem Titelbild den Kasseler Lithographen Friedrich Horn, der den Titelblattentwurf Ludwig Emil Grimms anscheinend kannte und für überaus passend hielt.60 Schumann sah das vermutlich anders, denn seine Märchenbilder basieren keineswegs auf den Märchen der Gebrüder Grimm.


  1. 1Margit L. McCorkle, Robert Schumann. Thematisch-Bibliographisches Werkverzeichnis, München/Mainz 2003, S. 160.

  2. 2Mit Louis du Rieux beschäftigte sich erstmals Kazuko Ozawa, »›… daß ein Musikant es bald in Noten brächte‹. Wie das Lied seinen Komponisten findet«, in Thomas Synofzik und Hans-Günter Ottenberg (Hg.), Schumann und Dresden. Bericht über das Symposion »Robert und Clara Schumann in Dresden – Biographische, kompositionsgeschichtliche und soziokulturelle Aspekte« in Dresden vom 15. bis 18. Mai 2008, Köln 2010, S. 323–343, hier S. 323–325.

  3. 3Robert Schumann, Tagebücher, Band 3, hg. von Gerd Nauhaus, Leipzig 1982, S. 554–556. – Die Bezeichnung »Mährchenlieder« wählte Schumann bei der ersten Probe
  4. 4 15. März 1851. Sie ist offensichtlich dem Gedicht von Louis du Rieux entnommen und findet sich dort in der 2. Strophe, Vers 8.

  5. 5Hrosvith Dahmen, Michael Heinemann, Thomas Synofzik und Konrad Sziedat (Hg.), Briefwechsel Robert Schumanns mit Verlagen in Nord- und Ostdeutschland (Schumann-Briefedition, Serie III, Band 7), Köln 2009, S. 299.

  6. 6Für einige Literaturhinweise ist Armin Koch von der Robert-Schumann-Forschungsstelle in Düsseldorf ganz herzlich zu danken, insbesondere für seine Mitteilung der Zeitschriftenaufsätze von Louis du Rieux.

  7. 7Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Schumann-Correspondenz, Band 26/1, Nr. 4133.

  8. 8Im Original unterstrichen.

  9. 9Robert Schumann, Briefverzeichnis, Rubrik Abgesandte Briefe, Nr. 1791; Zwickau, Robert-Schumann-Haus, 4871,VII, C,10–A3.

  10. 10berhard Möller (Hg.), Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie Bargiel (Schumann-Briefedition, Serie I, Band 3), Köln 2011, S. 250.

  11. 11Szczecin, Archiwum Państwowe w Szczecinie, Registre Batistère pour l’Eglise Françoise de Stettin, 1824/3083, freundlicherweise mitgeteilt von Alicja Kościelna; vgl. auch Richard Béringuier (Hg.), Die Stammbäume der Mitglieder der Französischen Colonie in Berlin, Berlin 1887, S. 182. – Nach Unterlagen der Französischen Kirche in Berlin hatte der Vater Philippe Frédéric Auguste Théophile Durieux (* 21. Juni 1792 Stettin, † 25. März 1836 Berlin) am 24. April 1821 in Stettin Anne Friederike Rose Bürstel, geschiedene Emmerich (* 24. Januar 1786 Stettin, † 20. August 1849 ebenda) geheiratet. Béringuier gibt den Namen des Vaters mit Philippe Ferdinand Théophile Durieux an.

  12. 12Amtliches Verzeichniß des Personals und der Studirenden auf der Königl. Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Auf das Sommerhalbejahr von Ostern bis Michaelis 1849, Berlin 1849, S. 6.

  13. 13Peter Bahl und Wolfgang Ribbe (Hg.), Die Matrikel der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin 1810–1850, Teil 2 (1833–1850), Berlin 2010, S. 1218, Nr. 538. – Abgangszeugnis in Berlin, Humboldt-Universität, Universitätsarchiv, Best. Abgangszeugnisse, Nr. 315.

  14. 14Giacomo Meyerbeer, Briefwechsel und Tagebücher, Band 5, hg. von Sabine Henze-Döhring, Berlin 1999, S. 359.

  15. 15Dr. [!] Louis du Rieux, »Der Reisende Dr. Eduard Vogel und unsere Zeit«, inMit­theilungen aus der Werkstätte der Natur 1 (1858), S. 92–96.
  16. 16Adolf Pahde, Der Afrika-Forscher Eduard Vogel, geboren 1829 in Krefeld, ermordet 1856 in Wadai, Hamburg 1889.

  17. 17Elise Polko (Hg.), Erinnerungen an einen Verschollenen. Aufzeichnungen und Briefe von und über Eduard Vogel, Leipzig 1863.

  18. 18[Louis] du Rieux, Aus den Bergen, London 1852.

  19. 19Gerhard Krause, »Über Ryno Quehl und Ludwig Metzel, die Vorgesetzten Theodor Fontanes als Mitarbeiter der Manteuffelpresse«, inJahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 24 (1973), S. 40–62, hier S. 42.

  20. 20Fontane an seine Mutter Emilie Fontane, London, 28. April 1852, in Theodor Fontane, Briefe, Band 1, hg. von Otto Drude und Helmuth Nürnberger (Theodor Fontane, Werke, Schriften und Briefe, Abt. IV, Band 1), München 1976, S. 232. 

  21. 21Theodor Fontane, Tagebücher. 1852, 1855–1858, hg. von Charlotte Jolles (Theodor Fontane, Große Brandenburger Ausgabe, hg. von Gotthard Erler, Tage- und Reisetage­bücher), Berlin 1994, S. 10.

  22. 22Ebd., S. 11 f.

  23. 23Ebd., S. 12 f. – »Kammerer« ist das Restaurant von George Kammerer im Londoner Westend, 37 Cranbourn Street, Leicester Square.

  24. 24du Rieux, Aus den Bergen (Fn. 17), S. 141.

  25. 25Ebd., S. 4 f. 

  26. 26Fontane an seine Frau Emilie, London, 13. Mai 1852, in Emilie und Theodor Fontane, »Dichterfrauen sind immer so«. Der Ehebriefwechsel 1844–1857, hg. von Gotthard ­Erler, Band 1 (Fontane, Große Brandenburger Ausgabe, hg. von Gotthard Erler, Der Ehebriefwechsel), Berlin 1998, S. 42.

  27. 27Fontane an seine Frau Emilie, London, 21. Juni 1852, in ebd., S. 74. – Der erwähnte Brief ist vermutlich identisch mit einem Brief von du Rieux an Fontane, ohne Ort und Datum, der sich ehemals im Fontane-Archiv befand, vgl. Manfred Horlitz (Hg.), Vermißte Bestände des Theodor-Fontane-Archivs, Potsdam 1999, S. 132.
  28. 28Louis du Rieux, »Ein Blick auf das Alpenland Guatemale [sic] in Centro-Amerika. Vorgetragen in der öffentlichen Sitzung des Central-Vereins für die Deutsche Auswanderungs- und Colonisations-Angelegenheit am 21. September 1853«, inNachrichten auf dem Gebiete der Staats- und Volkswirthschaft 2 (1853), S. 151–156.

  29. 29Ebd., S. 15.

  30. 30Ebd., S. 18.

  31. 31Richard Kohnen, Pressepolitik des Deutschen Bundes. Methoden staatlicher Presse­politik nach der Revolution von 1848, Tübingen 1995, S. 135–140.

  32. 32Vgl. Charlotte Jolles, Theodor Fontane und die Ära Manteuffel. Ein Jahrzehnt im Dienste der Preußischen Regierung, Diss. Berlin 1937, Teildruck in Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte 49 (1937), S. 57–114. – Die Arbeit basiert auf umfangreichem Archivmaterial, darunter der Personalakte Theodor Fontanes in Berlin-Dahlem, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK), I. HA Rep. 77A, Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 1.

  33. 33GStA PK, I. HA Rep. 77A, Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 1, Bl. 70 f.

  34. 34GStA PK, I. HA Rep. 77A, Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 40, Acta betreffend die Beschäftigung des Literaten Louis Du Rieux hierselbst bei der Centralstelle für Preßangelegenheiten vom 15. Januar 1854 bis 1862.

  35. 35Fontane an Bernhard von Lepel, 5. Oktober 1849, in Theodor Fontane, Briefe, 
Band 1, hg. von Otto Drude und Helmuth Nürnberger (Theodor Fontane, Werke, Schriften und Briefe, Abt. IV, Band 1), München 1976, S. 84 f.

  36. 36GStA PK, I. HA Rep. 77A, Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 2, Bl. 87 f. In der Mitteilung werden alle Mitarbeiter der Centralstelle aufgefordert, die Räumlichkeiten der Behörde nicht mehr für Privatzwecke zu nutzen.

  37. 37GStA PK, I. HA Rep. 77A, Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 40, Bl. 4, Abschrift.

  38. 38GStA PK, I. HA Rep. 90A, Nr. 2414, Bl. 62 f.

  39. 39GStA PK, I. HA Rep. 77A, Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 40, Bl. 5.

  40. 40GStA PK, I. HA Rep. 77A, Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 1, Bl. 72.

  41. 41GStA PK, I. HA Rep. 77A, Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 40, Bl. 7. – Der erwähnte Referendar Joachim Herrmann Julius Study war von 1855 bis 1859 bei der Centralstelle beschäftigt, vgl. Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 115.

  42. 42Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin, dessen Umgebungen und Charlottenburg 1 (1856), Teil 1, S. 80.

  43. 43Vgl. Fn. 14.

  44. 44GStA PK, Mf 79, AA CB IC, Nr. 25. – Zit. nach Enno Eimers, Preußen und die USA 1850 bis 1867. Transantlantische Wechselwirkungen (Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte 28), Berlin 2004, S. 299 f. Der Autor bemerkt irrtümlich: »Ein Louis du Rieux ist um 1856 in Berlin nicht nachweisbar. […] Der Name Louis du Rieux scheint ein Pseudonym zu sein für jemanden, der nach den im Mémorial geäußerten Gedanken Humboldt nahesteht. Humboldt hat besonders in den Jahrzehnten vorher Gutachten zu Mittelamerika für den König verfasst.«

  45. 45Eine Zusammenfassung von Louis du Rieux’ Vortrag »über die Sklavenfrage« enthält das gedruckte Protokoll der »Sitzung der geographischen Gesellschaft zu Berlin vom 6. September 1856«, inZeitschrift für allgemeine Erdkunde, Neue Folge 1 (1856), S. 286–288, hier S. 286 f. 

  46. 46Louis du Rieux, »Die Pacific-Eisenbahn«, inZeitschrift für allgemeine Erdkunde, Neue Folge 2 (1857), S. 180–182.

  47. 47GStA PK, I. HA Rep. 77A, Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 40, Bl. 10.

  48. 48Ebd., Bl. 11 f.

  49. 49Zit. nach Krause, Über Ryno Quehl und Ludwig Metzel (Fn. 18), S. 60.

  50. 50GStA PK, I. HA Rep. 77A, Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 40, Bl. 13; Brief vom 12. November 1857.

  51. 51Krause, Über Ryno Quehl und Ludwig Metzel (Fn. 18), S. 60.

  52. 52Heidelberg, Universitätsbibliothek, Hs 2528. – Für die Übersetzung des Briefs ­bedanken wir uns herzlich bei Rabea Tanneberger und Bettina Schön.

  53. 53Das Vizekönigreich Neuspanien bestand von 1535 bis 1822 und umfasste in ­Lateinamerika die heutigen Staaten Mexiko, Belize, Guatemala, El Salvador, Honduras, ­Nicaragua, Costa Rica, Venezuela sowie die Karibischen Inseln.

  54. 54Alexander von Humboldt, Versuch über den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien, enthaltend Untersuchungen über die Geographie des Landes, über seinen Flächeninhalt und seine neue politische Eintheilung, über seine allgemeine physische Beschaffenheit, über die Zahl und den sittlichen Zustand seiner Bewohner, über die Fortschritte des Ackerbaues, der Manufacturen und des Handels, über die vorgeschlagenen Canal-Verbindungen zwischen dem antillischen Meere und dem grossen Ozean, über die militärische Ver­theidigung der Küsten, über die Staatseinkünfte und die Masse edler Metalle, welche seit der Entdeckung von America, gegen Osten und Westen, nach dem alten Continent übergeströmt ist, 5 Bände, Tübingen 1809–1814. – Die schärfste Analyse der Missstände des spanischen Kolonialsystems hat Humboldt vom 4. Januar bis 17. Februar 1803 unter dem Titel Kolonien in Guayaquil (Ecuador) niedergeschrieben, wohl maßgeblich beeinflusst durch Carlos Montúfar (1780–1816), den Sohn von Juan Pío Montúfar y Larrea, Herzog von Selva-Alegre, der Humboldt auf dessen zweiter großer Südamerika-Expedition (1802–1804) begleitete, und der anschließend eine zentrale Rolle bei der ersten Unabhängigkeit Ecuadors (1809–1812) spielte, vgl. Alexander von Humboldt, Lateinamerika am Vorabend der Unabhängigkeitsrevolution. Eine Anthologie von Impressionen und Urteilen, aus seinen Reisetage­büchern zusammengestellt, hg. von Margot Faak, Berlin 1982, S. 63–67 und Daniel Kehlmann, Wo ist Carlos Montúfar?, Berlin 2005, S. 9–27.

  55. 55Louis Napoléon [!] du Rieux, La véritable révolution et la liberté brévetée en Russie, Berlin/Paris/London 1861.

  56. 56Richard Béringuier (Hg.), Die Stammbäume der Mitglieder der Französischen ­Colonie in Berlin, Berlin 1887, S. 182.

  57. 57GStA PK, I. HA Rep. 77A, Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 2, Bl. 137 ff. 

  58. 58François Guizot, Nos mécomptes et nos espérances, Brüssel/Leipzig 1855; 2. Aufl. Berlin 1856. – Eine deutsche Übersetzung »von einem Preußen« erschien unter dem Titel Unsere Täuschungen und unsere Hoffnungen, Brüssel 1855.

  59. 59GStA PK, I. HA Rep. 77A, Ministerium des Innern, Literarisches Büro, Nr. 40, Bl. 14 ff.

  60. 60Freundliche Mitteilung von Alicja Kościelna, Stettin.

loading ....
Footer - Zusätzliche Informationen

Logo der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Sächsische Akademie
der Wissenschaften

ISSN:
1867-7061

Alle Artikel sind lizensiert unter:
Creative Commons BY-NC-ND

Gültiges CSS 2.1
Gültiges XHTML 1.1