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Christine Blanken und Wolfram Enßlin (Hg.), Carl Philipp Emanuel Bach im Spannungsfeld zwischen Tradition und Aufbruch (Leipziger Beiträge zur Bach-Forschung 12)


Olms: Hildesheim [u. a.] 2016, XIV + 479 Seiten, 38 Abbildungen (davon 9 in Farbe) u. 67 Notenbeispiele 


Am 8. März 2014 jährte sich zum 300. Mal der Geburtstag von Carl Philipp Emanuel Bach, dem sogenannten Berliner bzw. Hamburger Bach. Grund genug für die Sächsische Akademie der Wissenschaften (SAW, Forschungsprojekt Bach-Repertorium) und für das Bach-Archiv (BA), gemeinsam mit der Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy (HMT) eine Tagung zum Thema »Carl Philipp Emanuel Bach im Spannungsfeld zwischen Tradition und Aufbruch« zu veranstalten. Zwei Jahre später, pünktlich zur Leipziger Buchmesse 2016, konnte der dazugehörige Tagungsband mit dem gleichnamigen Titel der Öffentlichkeit präsentiert werden. Mit Ausnahme ­eines Referats fanden alle Vorträge Eingang in diesen von Christine Blanken (BA) und Wolfram Enßlin (SAW) als zwölften Band in der Reihe Leipziger Beiträge zur Bach-Forschung im Olms-Verlag erschienenen Band, der insgesamt 18 Beiträge enthält und mit 38 Abbildungen und 67 Notenbeispielen üppig ­illustriert ist. Die enge Verzahnung mit der Carl Philipp Emanuel Bach-Gesamtausgabe (Editionsleitung Cambridge/MA) – das Bach-Repertorium fungiert hier als Mitherausgeber – zeigt sich auch darin, dass insgesamt zehn Autoren zudem als Bandbearbeiter an der Gesamtausgabe mitwirken. 


Den Tagungsband eröffnet Laurenz Lütteken (Zürich), der in seinem Beitrag Carl Philipp Emanuel Bach als ideale Musikerpersönlichkeit ansieht, um anhand seiner Biografie die musikhistorische Aufklärungsforschung voranzutreiben.


Anschließend weist der Band vier thematische Schwerpunkte auf: Weltliches Lied – Geistliche Musik und Theologie der Zeit – Form, Entwicklung und Überlieferung der Instrumentalmusik – Biografische Kontexte (Beruf und Kollegen, Familie und Freunde). 


Wert gelegt wurde auf den interdisziplinarischen Ansatz der Tagung, um dadurch dem vielfach interessierten und gebildeten, mit zahlreichen Literaten und Theologen wie Gotthold Ephraim Lessing, Friedrich Gottlieb Klopstock, Johann Wilhelm Ludwig Gleim und Christoph Christian Sturm in Kontakt stehenden Carl Philipp Emanuel Bach näherzukommen. Deshalb kommen neben Musikwissenschaftlern auch Theologen, Literaturwissenschaftler und Kunsthistoriker zu Wort. Der Theologe Christian Senkel (Halle a. S.) geht näher auf die Ästhetik der Aufklärung in theologischer Perspektive ein. Der Literaturwissenschaftler Dieter Martin (Freiburg i. Br.) untersucht Bachs vertonte Texte weltlicher Lieder und stellt sie in den Kontext der weltlichen Lyrik seiner Zeit, während der Doyen der Liedforschung, Walther Dürr (Tübingen), sich Bachs Liederkunst von musikwissenschaftlicher Seite nähert. Dass Bach sich im Laufe seines Lebens eine bedeutende Porträtsammlung aufbaute, war schon lange bekannt. Nach der Wiederentdeckung bzw. -identifizierung großer Teile dieser Sammlung durch Annette Richards im Zuge der Arbeiten am dazugehörigen Gesamtausgabenband unternahm mit Reimar Lacher vom Gleimhaus in Halberstadt nun erstmals ein Kunsthistoriker eine Einschätzung dieser bedeutenden, im wahrsten Sinne des Wortes vorbildhaften Sammlung. 


Der Leser erfährt in dem der geistlichen Musik gewidmeten Teil Näheres zu Bachs Liedästhetik in seinen späten Passionen (Moira Hill, New Haven), zur nicht zu unterschätzenden Bedeutung Georg Anton Bendas für Bachs geist­liches Vokalschaffen (Wolfram Enßlin, Leipzig), zum Einfluss von Bachs langjährigen bedeutendsten Bassisten Friedrich Martin Illert auf die Vertonung seiner Gesangspartien (Paul Corneilson, Cambridge, MA) sowie über Bachs Motettenschaffen (Clemens Harasim, Leipzig).


Fünf Beiträge befassen sich auf musikanalytische Weise mit wichtigen Aspekten von Bachs Instrumentalwerken. Wolfgang Horn (Regensburg) belegt anhand der Preußischen und Württembergischen Sonaten, wie Bach die Claviersonate um 1740 gattungsmäßig fest etablierte und er infolge eines festen Kadenzschemas ihr einen formalen Rahmen gab. Bachs instrumentalem Spätwerk widmen sich die Studien von Hans-Günter Ottenberg (Dresden) – Wege zum Opus summum – und Stefan Keym (Leipzig) – zur zyklischen Form in seinen späten Instrumentalwerken – im Allgemeinen und Laura Buch (Cambridge/MA) mit ihren Überlegungen zu den in seinem Todesjahr 1788 komponierten drei Flötenquartetten im Speziellen. Barbara Wiermann (Dresden) und Ulrich Leisinger (Salzburg) legen ihren Focus auf Bachs Cembalokonzerte. Während Wiermann näher den Kompositionsprozess sowie die häufig vorgenommenen Revisionen untersucht, liegt Leisingers Augenmerk auf der Ritornellstruktur der Moll-Konzerte. 


Im vierten Teil schließlich, der Bachs biografisches Umfeld zum Thema hat, wird im Beitrag von Christoph Henzel (Würzburg) deutlich, dass selbst die neuesten biografischen Publikationen zu Carl Philipp Emanuel Bachs Wirken in der preußischen Hofkapelle noch zahlreiche Widersprüche offenbaren. Henzel mahnt dazu, mit Vorsicht die wenigen überlieferten dokumentarischen Quellen zu interpretieren und sich nicht ein Geschichtsbild nach eigenem Gusto zurechtzubiegen. Während Peter Wollny (Leipzig) Carl Philipp Emanuel Bachs künstlerische Entwicklung im Spannungsfeld zwischen dem älteren Bruder Wilhelm Friedemann und seinem Vater Johann Sebastian näher untersucht, beschreitet Christine Blanken (Leipzig) neue Wege in der biografischen Forschung zu Bach, indem sie Stammbucheinträge und Widmungen Bachs näher beleuchtet, wodurch neue Persönlichkeiten in den biografischen Kontext Bachs rücken.


Englischsprachige Abstracts sowie ein ausführliches Werk- und Personenregister runden den Tagungsband ab.


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Heft 17 (2017)
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1867-7061

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