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Das Sächsische Hochschulgesetz aus studentischer Perspektive1

1. Einleitung

Wer den bisherigen Gesetzgebungsprozess aufmerksam verfolgt hat, wird bemerkt haben, dass er von den verfassten Studierendenschaften der einzelnen Hochschulen von Anfang an intensiv begleitet wurde. Neben den umfangreichen Stellungnahmen seien hier auf die Kernforderungen der Studierenden verwiesen, die während der Großdemonstration am 13. Dezember 2007 in Dresden mit 10 000 TeilnehmerInnen vorgetragen wurden und die kürzlich mit einer neuerlichen Massenpetition mit über 8 000 UnterstützerInnen abermals dem Landtag zugegangen sind. Entgegen der Einschätzung einzelner SkeptikerInnen stehen diese Zahlen für das durchaus große Interesse der Studierenden für ihre Hochschulen und die dortigen Studienbedingungen sowie die Möglichkeiten für Mitwirkung und Mitgestaltung.

Im Folgenden werden einige aus studentischer Sicht wichtige und unbedingt stärker zu berücksichtigende Punkte des Gesetzes erläutert. Diese betreffen neben der Gesamtkonzeption v. a. einzelne konkrete Punkte zur Hochschulstruktur, die studentische Selbstverwaltung, das Studium, die Qualität von Lehre und Forschung sowie die anfallenden Gebühren.

2. Gesamtbild

Dreh- und Angelpunkt eines Hochschulgesetzes ist die Vorstellung von Hochschule, welche ihm zugrunde liegt. So ist unbestritten zu vermerken, dass die Diskussionen um das Gesetz und auch der von der Staatsregierung vorgelegte Entwurf immer weniger von der Vorstellung einer Hochschule als Lehr- und Lernort zum Austausch von Wissen und zur Förderung der Forschung und immer mehr von der leichtfertigen Gleichsetzung mit einem marktwirtschaftlich orientierten Unternehmen geprägt wurde. Entsprechend werden Steuerungsmechanismen gefordert, die nach dem Prinzip des Top-Down-Managements funktionieren. Der Ersatz von einer oft als langwierig empfundenen Entscheidungsfindung innerhalb der Hochschule durch Entscheidungen weniger, kleinerer oder extern besetzter Gremien zeugt von kurzfristig gedachter Effizienzorientierung. Nach wie vor ist jedoch anzunehmen, dass man mit demokratischen Strukturen innerhalb der Hochschule die Entscheidungsfindung im Sinne einer Nachhaltigkeit stärken kann, da die Mitglieder involviert werden und die jeweiligen Beschlüsse am Ende mit größerer Wahrscheinlichkeit mittragen werden. Die jüngsten Beispiele aus anderen Bundesländern2 zeigen nur all zu deutlich, dass extern getroffene Entscheidungen von innen boykottiert werden und es zum Stillstand innerhalb der Hochschule kommen kann.

Hinsichtlich bereits aktuell bestehender Schwächen in den Partizipationsmöglichkeiten fordern die sächsischen Studierendenschaften aus diesem Grunde statt der in Aussicht gestellten Schwächung sogar eine weitere Stärkung der Mitbestimmung sowie die Entlassung der Hochschulen in eine wahre Autonomie, d. h. eine Selbstbestimmung unter Wahrung der Rechte und Pflichten aller Mitglieder und Statusgruppen.

3. Hochschulstruktur

3.1 Hochschulversammlung

Eine demokratische Organisation erfordert unbedingt irgendeine Form von Hochschulversammlung als Nachfolge des teilweise zu recht kritisierten Konzils, die sich aus allen Mitgliedergruppen im gleichen Maße zusammensetzen soll und die einzelnen Fakultäten und Einrichtungen widerspiegelt. Sie sollte mindestens für die Bestätigung der Grundordnung und die Wahl sowie ggf. Abwahl von RektorIn und ProrektorInnen zuständig sein. Es ist davon auszugehen, dass es im Interesse der Hochschulleitung ist, wenn diese sich auf eine möglichst breit legitimierte Wahl innerhalb der Hochschule stützen kann und nicht, wie derzeit von der Staatsregierung vorgesehen, durch eine Findungskommission aus Hochschulrat und Mini-Senat auserkoren wird. Hier bietet beispielsweise der Entwurf der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen mit dem reformierten Konzil3 eine denkbare Möglichkeit. Weitere Optionen wären die Installation eines erweiterten Senates, wie er im Hochschulgesetz von Sachsen- Anhalt vorgesehen ist4, oder eine Art Urabstimmung bzw. ein Vorabvotum als Direktwahl.

Speziell aus studentischer Sicht bestehen im Fall eines Wegfalls des Konzils nach wie vor Bedenken bezüglich der Wahl der SenatorInnen. Eine Direktwahl innerhalb der Gruppe der Studierenden ist für die großen Hochschulen sehr schwer zu organisieren. Hier sollen in Zukunft womöglich drei oder vier Studierende von circa 30 000 Studierenden gewählt werden. Dies ist augenscheinlich unverhältnismäßig und lässt einen Wahlkampf befürchten, der dem eigentlichen Ziel des Studierens entgegensteht. Des Weiteren ist hier ein verstärktes Ungleichgewicht in der Repräsentation der Fakultäten zu befürchten, wenn die mitgliederstarken mittels ihrer Stimmanzahl dominieren und die große Mehrheit der Fakultäten absehbar gar nicht repräsentiert ist. Es gibt also auch in diesem Bereich mehrere Gründe, die für eine Hochschulversammlung sprechen.

3.2 Senat

Eine zentrale Rolle innerhalb der Hochschule muss der Akademische Senat einnehmen.

Er muss in seiner Größe die Hochschule und die Mitgliedergruppen widerspiegeln können, was bedeutet, dass die Hochschule selbst definieren sollte, wie viele SenatorInnen sie hat. Die von der Staatsregierung vorgeschlagene pauschale Reduzierung auf 17 ist insbesondere für die größeren Hochschulen in Sachsen nicht akzeptabel. Statt einer Maximalzahl sollte hier im Gesetz eine Minimalzahl definiert werden.

Auch sollten die Regelungen zur Teilnahme der nicht-stimmberechtigten Mitglieder, insbesondere bezüglich der DekanInnen und ihrem aktiven und passiven Wahlrecht innerhalb der Gruppe der HochschullehrerInnen sowie ihrer Stellvertretung durch ProdekanInnen, geklärt werden. Aus unserer Sicht ist es empfehlenswert, Vorkehrungen zu treffen, dass stimmberechtigte SenatorInnen nur ein Amt bekleiden können.

Des Weiteren sollte der Vorsitz im Senat aus der Mitte selbst gewählt werden und nicht an das Amt der Rektorin oder des Rektors geknüpft sein.akultätsübergreifenden Aufgabe im Bereiiges Recht zu schriftlichen Anfragen bei den verschiedenen Stellen der Hochschule einzuräumen sowie eine eigene Geschäftsstelle einzurichten, damit der Senat als zentrales Entscheidungsorgan der Hochschule unabhängig, koordiniert und effektiv arbeiten kann. Dass ein Austausch mit dem Rektoratskollegium unerlässlich ist, steht sicherlich außer Frage, aber die Erfahrung zeigt, dass allein die Aufstellung der Tagesordnung und entsprechendes Hintergrundwissen die Arbeit eines Gremiums erheblich beeinflussen können.

Damit dem Senat die zentrale Rolle des beschließenden Hochschulorgans überhaupt zukommen kann, benötigt er natürlich die entsprechenden Zuständigkeiten. Der Senat darf nicht – wie von der Staatsregierung in ihrem Entwurf vorgesehen – nur Stellung zu diversen Angelegenheiten nehmen, sondern muss bindende Beschlüsse für die Hochschule fassen können. Unter die wichtigsten Angelegenheiten, zu denen er mindestens Beschlüsse fassen muss, fallen der Wirtschaftsplan, die Bestellung der Mitglieder eines möglichen Hochschulrates, alle wissenschaftlichen und künstlerischen Angelegenheiten, das Studienangebot, die Studienorganisation, Berufungen und die Hochschulentwicklung. Sollte das Rektorat vom Senat gewählt werden, muss es auch von diesem entlastet werden und nicht etwa vom Hochschulrat.

3.3 Rektorat

Im Sinne einer stärkeren Trennung von Entscheidungs- und Ausführungskompetenzen sollten sich die Befugnisse des Rektorates auf umsetzende Maßnahmen beschränken, die durchaus mit Vorschlägen zur Gestaltung gekoppelt sein sollen. Die Diskussion und Beschlussfassung muss allerdings im Senat erfolgen.

Zur Zusammensetzung des Rektoratskollegiums ist anzumerken, dass die Rektorin bzw. der Rektor aus dem Kreis der HochschullehrerInnen der eigenen Hochschule kommen sollte. Hier darf es keine Mussbestimmung über externe KandidatInnen geben. Außerdem sind unbedingt alle Mitgliedergruppen an der Findungskommission zu beteiligen. Wie bereits erwähnt, sollte die Wahl an sich sowieso in einem möglichst breit legitimierten Gremium erfolgen. Des Weiteren sollte das Rektorat verpflichtend auch ProrektorInnen umfassen und nicht etwa – wie ebenfalls von der Staatsregierung entworfen – zwangsläufig allein aus RektorIn und KanzlerIn bestehen. Auch müssen alle Rektoratsmitglieder gleiches Stimmrecht haben und keines darf ausschlaggebender als das eines anderen sein.

In Hinblick auf die Kompetenzen der einzelnen Rektoratsmitglieder kann es durchaus zu Schwierigkeiten bei Widersprüchen führen; hier sollte Klarheit geschaffen werden. Es ist richtig, dass es einen Beauftragten für den Haushalt geben muss, allerdings sei davor gewarnt, der Kanzlerin bzw. dem Kanzler – wie im aktuellen Entwurf der Staatsregierung vorgesehen – etwaige Vetorechte zu erteilen.

3.4 Hochschulrat

Ähnlich wie beim Rektorat verhält es sich mit den Kompetenzen sowie der Zusammensetzung des geplanten Hochschulrates. Es ist abzulehnen, dass einem primär extern besetzten Gremium entscheidende Genehmigungsbefugnisse in Analogie zu einem Aufsichtsrat eines Unternehmens übertragen werden. Zwar sind die Studierenden überzeugt, dass eine externe Beratung zur Fortentwicklung der Hochschule unerlässlich ist, allerdings sind Genehmigungen von Struktur- und Entwicklungsplänen sowie des Haushaltes besser innerhalb der Hochschule aufgehoben. Der Hochschulrat sollte in Anlehnung an das bisherige Kuratorium Impulse geben und beratend tätig werden.

Bisherige Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigen, dass der Hochschulrat in der Umsetzung meist aus Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern besteht, die Einfluss auf die Profilierung der Hochschule und zur gezielten Auftragsforschung nehmen. Dadurch gerät die Freiheit in der Forschung in Gefahr und es wird abermals auf eine marktorientierte Forschung abgestellt, was zusätzlich vermuten lässt, dass einige Bereiche der Hochschule, insbesondere die Geisteswissenschaften, in den Hintergrund gedrängt werden. Diese These wird durch erste wissenschaftliche Untersuchungen beispielsweise von Nienhüser5 bestätigt.

Für den Fall der Installierung eines Hochschulrates bleibt zu sagen, dass mindestens eine Vertreterin oder ein Vertreter jeder Mitgliedergruppe beratend an den Sitzungen teilnehmen sollte, damit die unterschiedlichen Standpunkte auch diesem Gremium bekannt werden und eine Beratung erfolgen kann; insbesondere der StudentInnenRat ist mit beratender Stimme zu beteiligen, wenn kein Mitglied dem Hochschulrat angehört.

3.5 Fakultät

Betrachtet man die zweite Entscheidungsebene einer Hochschule, also die der Fakultäten, scheint das hiesige zentrale Entscheidungsgremium, d. h. der Fakultätsrat, ebenfalls in seinen Kompetenzen bedroht und zukünftig nur noch für Stellungnahmen zuständig zu sein, während die Dekanin oder der Dekan weitreichende alleinige Entscheidungsbefugnisse erhält. In Analogie zum Senat wäre auch hier eine Entwicklung in genau umgekehrter Richtung aus studentischer Sicht die angemessenere Variante.

Die Wahl der studentischen VertreterInnen in den Fakultätsrat durch den Fachschaftsrat bzw. Konvent stellt bisher eine wichtige Verknüpfung zwischen studentischer und akademischer Selbstverwaltung dar. Der strukturierte Kontakt und die Kanalisierung der Meinungsbildung innerhalb der Gruppe der Studierenden durch den Fachschaftsrat gewährleistet eine direkte und zeitnahe Kommunikation. Sollte diese Verknüpfung durch direkte Wahlen der studentischen Fakultätsratsmitglieder wegfallen, ist zu befürchten, dass Entscheidungen weniger konsensual und ohne Berücksichtigung der breiteren Meinungsbildung gefällt werden.

Bei der Zusammensetzung des Fakultätsrates ist darauf zu achten, dass die Mitgliedergruppen entsprechend repräsentiert sind und den Studierenden ein größeres Stimmgewicht bei Entscheidungen zur Studienorganisation eingeräumt werden sollte, denn diese trifft den Nerv ihres Bezuges zur Hochschule.

Bereits im heutigen Hochschulgesetz gibt es ein Mindestquorum von 60 Prozent für die Zurückweisung von Beschlüssen der Studienkommission durch den Fakultätsrat. Die geplante Erhöhung dieses Quorums um 6 Punkte bei gleichzeitiger starker Verkleinerung des Gremiums bedeutet keine vielgelobte Steigerung des studentischen Mitspracherechts, sondern eine faktische Beibehaltung der komfortablen Mehrheit der HochschullehrerInnen bei zusätzlicher Erhöhung der Arbeitslast auf wenigen studentischen Schultern. Stattdessen sollte die Rolle der Studienkommissionen in Infrastruktur und Verbindlichkeit unbedingt gestärkt werden, denn ihre Arbeitsfähigkeit und Kompetenz hat enorme Auswirkungen auf die Qualität der Studiendokumente einerseits und auf die tatsächlichen Studienbedingungen andererseits.

Die Entsendung der studentischen Mitglieder in die Studienkommission sollte allein dem Fachschaftsrat bzw., falls kein Fachschaftsrat besteht, dem StudentInnenRat überlassen werden. Weiterhin sollte die Wahl der Studiendekanin bzw. des Studiendekans nicht gegen den Willen der Studierenden erfolgen, da eine Zusammenarbeit unerlässlich ist. Keinesfalls sollte der Dekanin bzw. dem Dekan allein das Vorschlagsrecht für die Besetzung der Studienkommission und die Benennung der Studiendekanin oder des Studiendekans eingeräumt werden.

Der Vorsitz der Studienkommission sollte nicht qua Amt, sondern per Wahl erfolgen. Bei fakultätsübergreifenden Studiengängen ist die Bildung und Angliederung zu einer bestimmten Fakultät nicht dem Rektorat, sondern dem Senat im Sinne einer fakultätsübergreifenden Aufgabe im Bereich der Lehre zu übertragen.

Weitere Aspekte zum Bereich Studium werden im 5. Abschnitt erörtert.

3.6 Landeshochschulkonferenz

Auf der Landesebene zeigt sich ebenfalls ein starker Bedarf an Ausbau der Mitbestimmungsmöglichkeiten. So erwarten die Studierenden, dass die bisherige Versammlung der sächsischen RektorInnen in eine tatsächliche Landeshochschulkonferenz umgewandelt wird, die paritätisch von allen Statusgruppen besetzt ist und die Koordinierung der sächsischen Hochschullandschaft zur Aufgabe hat. Abgesehen von der Zusammensetzung des Gremiums sei hier konzeptionell auf den verfolgenswerten Ansatz der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen verwiesen, der für ein neues Hochschulgesetz richtungsweisend wäre.

4. Studentische Selbstverwaltung

Neben dem Bereich der akademischen Selbstverwaltung gibt es in Sachsen den der studentischen Selbstverwaltung, der ein unverzichtbarer Teil der Hochschule, insbesondere für die Studierenden, ist.

Bei der Formulierung der Aufgaben der StudentInnenschaft ist ein breiter, innovativer Ansatz wünschenswert etwa wie im Entwurf der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen6, welcher auch die Äußerung zu allgemeinen, Studierende betreffende Themen sowie weitere Aufgabenschwerpunkte wie die Nachhaltigkeit und die Gleichstellung von Mann und Frau beinhaltet.

Zur Ordnung der Studierendenschaft ist anzumerken, dass die Teilkörperschaft ihre Angelegenheiten durch eine Satzung regeln möchte, die der Autonomie und Selbstverwaltung gerecht wird.

Bezüglich der Wahlordnung der Studierendenschaft begrüßen die größeren StudentInnenRäte die Möglichkeit, diese selbst erlassen zu können. Seitens der kleineren StudentInnenRäte besteht jedoch der Wunsch, dass diese ggf. keine eigene Ordnung erlassen müssen, sondern die Regelungen in die Wahlordnung der Hochschule im Einvernehmen zwischen Senat und StudentInnenRat aufgenommen werden. In allen Fällen ist es für eine gelungene Durchführung der Wahlen unabdinglich, dass die einzelne Hochschule ihre Studierendenschaft nach wie vor bei den Wahlen unterstützt und keine zusätzlichen Kosten für die Studierendenschaft entstehen.

In diesem Zusammenhang sei außerdem darauf hingewiesen, dass in etwaigen Übergangsbestimmungen ein angemessener Zeitraum für die Erarbeitung, Inkraftsetzung und Vollziehung der entsprechenden Ordnungen sowohl seitens der Studierendenschaften als auch der Hochschulen zu berücksichtigen ist. Hierbei müssen auch ausreichende Ausschreibungsfristen und die erschwerte Kommunikation während der vorlesungsfreien Zeit berücksichtigt werden.

Was die Prüfung der Finanzen der Studierendenschaften betrifft, sollten deren Modalitäten im Einvernehmen mit dem jeweiligen StudentInnenRat erlassen werden.

Mit dem Zweck verbesserter Möglichkeiten zur Zusammenarbeit der sächsischen Studierendenschaften fordert die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften den Körperschaftsstatus, verbunden mit dem Recht, eine Satzung zu erlassen. Begrüßenswert sind hier die Vorschläge im Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen7, da hier sogar Beitragsrecht und eine Geschäftsstelle gewährt wird, die die Arbeit sicherlich einfacher machen und so zur Unterstützung der Partizipation an Hochschulen dienen können.

5. Studium

Neben den grundsätzlichen und strukturellen Fragen sind Lehre und Studium selbstverständlich ein Anliegen der Studierenden. Anschließend an einige damit in direktem Zusammenhang stehende Punkte, v. a. zu den Studienkommissionen und StudiendekanInnen, sollen hier weitere Aspekte erläutert werden.

Im Bereich der Studiengänge ist es im Bolognazeitalter unerlässlich, dass diese auch als Teilzeitstudiengänge angeboten werden. Die Regelstudienzeit darf hier nicht als Sanktionsmaßnahme, sondern muss als Schutzmechanismus für die Studierenden gegenüber der Hochschule verstanden werden, wie sie ursprünglich intendiert war. Es ist erforderlich, dass eine Flexibilisierung des Studiums erfolgt und somit die Vereinbarkeit von Job und Studium oder aber auch Studium mit Kind verbessert wird.

Ein weiteres Kernelement muss eine deutlich bessere Studienorientierung, einhergehend mit entsprechenden Beratungsangeboten, sein. Die Studieneingangsphase im Entwurf von Bündnis 90 / Die Grünen8 scheint hierfür ein geeignetes Mittel zu sein. Der aktuelle Entwurf der Landesregierung gibt dagegen wenig innovative Lösungen her.

Im Bereich der Promotion als weiterer wissenschaftlicher Werdegang und womöglich dritter Abschnitt eines Studiums im Sinne der Bolognareform bleibt anzumerken, dass sie allen AbsolventInnen mit einem entsprechenden Masterabschluss offen stehen muss, egal an welcher Hochschule dieser erworben wurde. Im Übrigen sollten für die Korrektur auch hochschulexterne GutachterInnen herangezogen werden.

Da die Qualität der Lehre in starkem Maße auch von den Kompetenzen der Lehrenden abhängt, sollte die Habilitation hochschuldidaktische Weiterbildungen umfassen. Außerdem sind im Gang des Verfahrens zumindest bei der Bewertung der Probevorlesung Studierende zu beteiligen, beispielsweise durch die aktive Mitwirkung der studentischen Fakultätsratsmitglieder.

6. Qualität

Im Bereich von Forschung und Lehre ist ein System von Qualitätssicherung und -entwicklung in der heutigen Zeit unerlässlich. Um aber die Gefahr zu vermeiden, einer rein verbalen Modeerscheinung zu erliegen, muss hier mit klar definierten Begriffen und Konzepten gearbeitet werden, damit Ziele und Methodik nicht durcheinander geraten, wie es beispielsweise mit ›Evaluation‹, ›Bewertung‹ und ›Qualität‹ auch im Gesetzentwurf der Staatsregierung der Fall ist.

Es sollte kein starres Kennzahlensystem von außen implementiert werden, sondern vielmehr der Hochschule unter Beteiligung ihrer Mitglieder in einem internen Prozess die Möglichkeit zur Entwicklung von qualitätssichernden Maßnahmen gegeben werden. Weiterhin ist es immens wichtig, dass beispielsweise das Ergreifen von Maßnahmen im Anschluss an Befragungen als Teil des Qualitätssicherungsprozesses verstanden und so eine ständige Rückkopplung sichergestellt wird. Auch sollten Forschung und Lehre im Sinne ihrer grundsätzlichen Einheit hier nicht getrennt behandelt werden und der Senat die Aufgabe zur Aufstellung von Grundsätzen der Qualitätssicherung in Forschung und Lehre erhalten.

Die KSS regt nach wie vor auch sachsenweite Standards an, die durchaus in einer Landesgeschäftsstelle koordiniert werden können. Als Pilotprojekt möchten wir auf die Erfahrungen des Studentischen Evaluationsbüros Sachsen (SES) verweisen.

7. Gebühren

Der letzte Punkt, der den Studierenden besonders am Herzen liegt, betrifft die Studiengebühren und weiteren Entgelte. Die bisher zugesicherte Gebührenfreiheit scheint in vollem Umfang nur auf den ersten berufsqualifizierenden Abschluss, d. h. in der Regel den Bachelor, zuzutreffen. Bei einem sich anschließenden Studium gibt es nach wie vor zu viele Variablen, die eine Gebührenerhebung seitens der Hochschulen ermöglichen. Auch bei der Erhebung von Gebühren im Status einer Gasthörerin bzw. eines Gasthörers, im Bereich der Weiterbildung oder aber bei den Bibliotheken sollte über entsprechende Regelungen nachgedacht werden. Beispielsweise wird der Universitätsverbund Leipzig–Halle–Jena durch die entstehenden Gebühren für GasthörerInnen beeinträchtigt. Die Ziele des lebenslangen Lernens und der offenen Hochschule zum Wissensaustausch können nicht erreicht werden, wenn Weiterbildung gebührenpflichtig ist. Im Bereich der Bibliotheken wird die Inanspruchnahme der Fernleihe und weiterer Dienstleistungen steigen, da die Landeszuschüsse zu den einzelnen Standorten sinken, so dass hier Entgelte auf die Studierenden zur Kompensation umgelegt werden. Besonders problematisch erscheint hier, dass für die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) womöglich der Generaldirektor die Gebührenordnung erlässt. Hier wie auch in den anderen Fällen sollte der Senat über eine entsprechende Ordnung entscheiden.

Ganz grundsätzlich sei hier, wie schon an vielen Stellen und durch viele Untersuchungen9, auf die soziale Selektivität von Studiengebühren und weiterer Entgelte verwiesen. Sachsen sollte ein gebührenfreier Freistaat bleiben, der auch entsprechende Regelungen im Hochschulgesetz festschreibt.

8. Fazit

Abschließend ist festzuhalten, dass sich die Hochschulen sicherlich neuen Herausforderungen wie der Internationalisierung, dem demographischen Wandel, dem Umbau des Arbeitsmarktes und diversen politischen Anforderungen stellen müssen. Der von der sächsischen Staatsregierung vorgelegte Entwurf bietet allerdings weder bei der Beschreibung der Aufgaben einer Hochschule, noch bei der möglichen Umsetzung einer neuartigen Gremienstruktur, noch bei der Entlassung in eine Hochschulautonomie einen aus studentischer Sicht adäquaten Lösungsansatz. Sowohl im Grundsatz als auch in vielen Details besteht weiterhin Verbesserungsbedarf, wobei die zahlreichen Einwände der Studierenden und auch anderer ExpertInnen sowie Vorschläge anderer Fraktionen sehr viel mehr berücksichtigt werden sollten.

Die hier kurz vorgestellten Punkte können lediglich stellvertretend für die diversen, teilweise sehr ausführlichen Stellungnahmen der KSS verstanden werden, die neben ihren Grundforderungen nach einem gebührenfreien Studium, dem uneingeschränkten Hochschulzugang, der Sicherstellung von demokratischen Entscheidungsstrukturen sowie dem Erhalt und der Herstellung der Tarifbindung aller Beschäftigten unbedingt ergänzend zu berücksichtigen sind.

  1. 1Der folgende Text basiert weitgehend auf der Stellungnahme der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) anlässlich der öffentlichen Anhörung des Sächsischen Landtags zu den Entwürfen der Staatsregierung sowie der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen für ein neues sächsisches Hochschulgesetz, welche am 4. September 2008 stattgefunden hat. Des Weiteren sei hier vorab auf die zahlreichen Stellungnahmen und Pressemitteilungen der Studierendenschaften verwiesen, die unter www.kssnet.de eingesehen werden können.
  2. 2Vgl. http://www.dradio.de/dlf/sendungen/campus/838571/ (02.09.2008), http://www.rp-online.de/public/article/duesseldorf-stadt/603002/Hochschulrat-will-neuen-Rektor.html (02.09.08), http://idw-online.de/pages/de/news216892 (02.09.2008), http://idwonline.de/pages/de/news274927 (02.09.2008), http://www.zeit.de/2000/08/200008.hochschulrat.neu.xml (10.10.2008).
  3. 3Vgl. § 51 Gesetzentwurf »Sächsisches Hochschulgesetz« (SächsHG) der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen (Drucksache 4/8057 des Sächsischen Landtags).
  4. 4Vgl. § 69 Abs. 9 Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (HSG LSA) mit Stand vom 01.01.2006.
  5. 5Werner Nienhüser, Anna Katharina Jacob und Maria Wegener, Besetzung und Struktur von Hochschulräten in deutschen Universitäten – Konzeption und erste Befunde eines laufenden Forschungsprojektes, Essen 2007.
  6. 6Vgl. § 31 Abs. 1 Gesetzentwurf »Sächsisches Hochschulgesetz« (SächsHG) der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen (Drucksache 4/8057 des Sächsischen Landtags).
  7. 7Vgl. ebd. § 31 Abs. 7.
  8. 8Vgl. ebd. § 11 Abs. 6.
  9. 9Vgl. http://www.stat.uni-muenchen.de/~carolin/material/ful-1-06-hartmann.pdf (10.10.2008), http://idw-online.de/pages/de/news277361 (10.10.2008).
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Heft 1 (2008)
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1867-7061

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