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Die akademischen Grade im englischen Sprachraum und der deutsche Wissenschaftsbegriff

Schon vor der Bologna-Erklärung sind die akademischen Grade im englischen Sprachraum in der deutschen Öffentlichkeit gern und häufig als angloamerikanisches Graduierungssystem bezeichnet worden, das überdies international anerkannt sei. Bevor wir das Verhältnis der englischsprachigen Grade zum Wissenschaftsbegriff der deutschen Sprache untersuchen, scheint es notwendig, zunächst zu prüfen, wieweit man überhaupt von einem angloamerikanischen Graduierungssystem sprechen kann und was es mit der Behauptung auf sich hat, dieses sei international anerkannt. Dabei konzentriere ich mich auf die wissenschaftlich führenden Länder des englischen Sprachraums, nämlich auf Großbritannien und die USA, und wende mich in einem ersten Schritt den Gradbezeichnungen bachelor und master zu.

Der britische bachelor (BA, BSc) stellt in der Abfolge der akademischen Grade den ersten Grad dar und bezeichnet den erfolgreichen Abschluss von dreijährigen berufsbefähigenden Studiengängen. Diese weisen im Vergleich mit den bisherigen deutschen Diplom- und Magisterstudiengängen eine deutlich geringere fachliche Breite auf. Hinzuzufügen sind allerdings für Großbritannien zwei Besonderheiten, nämlich dass die von der Universität Oxford ebenfalls noch verliehenen Bachelor of Philosophy (BPhil) und Bachelor of Letters / Literature (B.Litt) höhere akademische Grade darstellen und dass die älteren schottischen Universitäten Edinburgh, Glasgow, Aberdeen und St. Andrews in den Geisteswissenschaften, und zwar nach einem vierjährigen Studium, den Grad eines master verleihen, ohne dass diesem ein bachelor vorangeht.

In den USA1 müssen beim undergraduate study, das mit dem bachelor als erstem Grad abgeschlossen wird, zwei Arten von Studiengängen unterschieden werden. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um ein relativ breit angelegtes vierjähriges Studium mit einem Hauptfach (»major«) und Nebenfächern ( »minor«). Ihre Curricula zielen darauf ab, akademische Bildung zu vermitteln und eine erste Orientierung in der Wissenschaft zu ermöglichen. Nach dem Erwerb des high-school diploma führt dieser – oft auch »college education« genannte – akademische Bildungsgang zu wissenschaftlichen Grundkenntnissen und bereitet auf ein mögliches künftiges Fachstudium vor. Ein solches undergraduate study gibt jedoch keine konkrete Berufsbefähigung. Die Mehrzahl der Absolventen entscheidet sich gleichwohl anschließend für einen Weg im Berufsleben, während andere ein eigentliches Fachstudium an einer Universität als graduate study anschließen. Hier besteht also ein wesentlicher Unterschied zwischen dem britischen und dem amerikanischen bachelor. Daneben gibt es allerdings auch eine größere Zahl von berufsorientierten professional undergraduate studies, so z. B. im Ingenieurwesen, in der Landwirtschaft, im Erziehungswesen oder für Pflegeberufe, die ebenfalls vier Jahre und in wenigen Fällen (Architektur und Pharmazie) sogar fünf Jahre umfassen.

Unabhängig von der Unterscheidung zwischen undergraduate studies und professional undergraduate studies muss nun wiederum die Spezifizierung des Bachelor-Grades gesehen werden. Zunächst ist festzuhalten, dass der Bachelor of Arts (BA) der älteste und wohl immer noch häufigste Bachelor-Grad in den USA ist:

»The Bachelor of Arts (BA) degree was the first to be awarded in America and continues to be the basic first degree awarded in most of the liberal arts.«2

Daneben findet man häufig den später eingeführten Bachelor of Science (BSc), welcher übrigens anfänglich, weil er keinen Fremdsprachennachweis erforderte, nicht als gleichwertig mit dem BA galt.3 Beide Bachelor-Grade werden in beiden Studienarten verliehen – also sowohl als Abschluss der allgemeiner angelegten undergraduate studies als auch der berufsorientierten professional undergraduate studies. Bei den letzteren findet man jedoch auch fachbezogene Bachelor-Grade, wie z. B. BSEE für electrical engineering, BSEd für education, BSN für nursing und BSAgr für agriculture. Von diesen ist der Bachelor of Business Administration (BBA) relativ häufig, weil er bei Studenten wie Arbeitgebern beliebt und angesehen ist.

Wenden wir uns nun dem – in der Regel – zweiten Grad, dem master, zu. In Großbritannien sind die häufigsten Master-Grade die des Master of Arts (MA) und die des Master of Science (MSc). In der Regel setzen diese den bachelor als Abschluss von undergraduate studies voraus und werden in einem meist einjährigen Studium an einer Universität durch den Besuch einer Reihe von Kursen und die Vorlage einer kürzeren Arbeit (dissertation) erworben. Deutlich seltener sind die höheren Master-Grade MPhil oder MLitt (auch als »research master« bezeichnet), welche auf der Basis einer in einer thesis dargestellten eigenen Forschungsarbeit verliehen werden. Und schließlich gibt es in den Technikund Naturwissenschaften einige wenige vier- bis fünfjährige Studiengänge, die mit Master-Graden wie dem Master of Engineering (MEng) oder dem Master of Physics (MPhys) abgeschlossen werden.

Auch in den USA sind der MA und der MSc die häufigsten Master-Grade, doch findet man dort bei den »graduate degrees« eine noch größere Vielfalt. Das gilt schon – wie bei den amerikanischen Bachelor-Graden – für den Master- Grad selbst. Cardozier schreibt:

»The Master of Arts (MA) and Master of Science (MSc) degrees are standard in the arts and sciences disciplines and are also offered in many professional fields. In addition we find dozens of professional degrees designating the discipline, such as MEd, MAgr, MEngr, MF (forestry), MSW (social works), MLS (librarianship), MBA (business administration), MArch, and more.«4

Noch wichtiger jedoch als das von den Master-Graden bezeichnete Wissenschaftsgebiet kann in den USA die Bestimmung des Statuswertes eines akademischen Grades innerhalb der jeweiligen Disziplin sein, und zwar ganz unabhängig von seiner Bezeichnung. Anders gesagt: Was ein »professional degree«, also eine wissenschaftliche Berufsbezeichnung, ist, und was ein »research degree«, also ein akademischer Grad auf Grund einer Forschungsleistung – das ergibt sich primär aus der fachinternen Gradhierarchie. So sind der Doctor of Dental Surgery (DDS) und der Doctor of Dental Medicine (DMD) wie auch andere amerikanische Doktortitel in der Medizin »professional degrees«, also Berufsbezeichnungen als Abschlüsse entsprechender Studiengänge. Durch ein weiteres (forschungsorientiertes) Studienjahr kann anschließend darüber hinaus auf dem gleichen Gebiet ein Master-Grad als »research degree« erworben werden. Noch erstaunlicher ist die Situation in der Jurisprudenz. Wurde vor 1970 von den amerikanischen law schools ein LL.B, also ein Bachelor of Laws (eigentlich ein Baccalaureus Legum) als erster Grad verliehen, so lautet diese Berufsbezeichnung heute J.D. von Juris doctor, weil inzwischen vor Antritt des Jurastudiums der Abschluss eines undergraduate study mit einem Bachelor-Grad gefordert wird. Als erster »graduate degree« im Sinne eines Forschungsgrades fungiert in der Rechtswissenschaft jedoch weiterhin der LL.M (Master of Laws bzw. Magister Legum), worauf dann – als der höchste juristische Forschungsgrad – noch der JSD folgt, welcher für den Doctor of Scientific Jurisprudence / Doctor of the Science of Law steht.

Man wird dies in aller Zurückhaltung ein eher verwirrendes Bild nennen können. Und würde man die Bedeutung der gleichnamigen Grade in anderen englischsprachigen Ländern in die Betrachtung einbeziehen, so träten noch weitere Unterschiede hinzu. Konzentriert man sich freilich auf die Grundlinien und sieht nur auf die akademischen Gradbezeichnungen bachelor, master und doctor, so erkennt man unschwer die Strukturen und Formen der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Universität, die sich auf den britischen Inseln in viel höherem Grade erhalten haben als auf dem europäischen Kontinent. Auch in der alten europäischen Universität stieg der Grad der Lehr- und Berufsbefähigung vom Baccalaureus oder Bakkalar über den Magister bis zum Doctor, wobei die beiden letzteren Grade längere Zeit in ihrem Status konkurrierten. Für die Universitäten Oxford und Cambridge und für die ersten Collegegründungen in den USA, wie z. B. Harvard, wurde diese Aufgabe der Lehr- und Berufsbefähigung von dem Ideal überwölbt, für die Führungselite in Staat, Kirche und Gesellschaft einen als gentleman bezeichneten Persönlichkeitstyp heranzubilden. An der traditionellen Gradabfolge festzuhalten, auch als sich diese an anderen europäischen Universitäten veränderte, entsprach also dem Selbstverständnis und der Vorgehensweise der englischen Universität und der sich an ihr orientierenden Einrichtungen im englischen Sprachraum. Dabei wurde auch der Charakter der englischen wie der jungen amerikanischen Universität als einer sich nur der Lehre und der Persönlichkeitsbildung widmenden Einrichtung länger bewahrt als z. B. in Deutschland. Dort setzte sich nach der Gründung der Berliner Universität im Jahre 1810 zunehmend das von Wilhelm von Humboldt und Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher konzipierte Modell einer gleichermaßen der Lehre und der Forschung verpflichteten Universität durch. Ihr Bildungsideal bestand daher, wie Wilhelm v. Humboldt betonte, in der Teilhabe der Studenten am wissenschaftlichen Denken und Forschen:

»Das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler wird daher durchaus ein anderes als vorher. Der erstere ist nicht für die letzteren, beide sind für die Wissenschaft da; sein Geschäft hängt mit an ihrer Gegenwart und würde, ohne sie, nicht gleich glücklich von statten gehen; er würde, wenn sie sich nicht von selbst um ihn versammelten, sie aufsuchen, um seinem Ziele näher zu kommen durch die Verbindung der geübten, aber eben darum auch leichter einseitigen und schon weniger lebhaften Kraft mit der schwächeren und noch parteilosen nach allen Richtungen muthig hinstrebenden.«5

Ein bemerkenswerter Beleg für den Unterschied zwischen dem traditionellen englischen und dem damals modernen deutschen Universitätsbegriff sind die Vorlesungen, die der große englische Theologe John Henry Newman über »The Idea of a University« in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehalten hat. Als er diese im Jahre 1852 begann, waren bereits 42 Jahre nach der Gründung der Berliner Universität als »einer höheren wissenschaftlichen Anstalt« durch Wilhelm v. Humboldt im Jahre 1810 vergangen. Dieser Beginn der modernen Universität lag jedoch nicht im Blickfeld Newmans. Sein Bezugspunkt waren die Universitäten Oxford und Cambridge, deren Bildungsideal er den unterprivilegierten englischen und irischen Katholiken näherbringen wollte, um diese geistig und gesellschaftlich zu stärken. Schon in der Einleitung zu den später gesammelt erschienenen Vorlesungen und Gedanken zur Universitätsidee wird der für das damalige englische Denken selbstverständliche Unterschied von Lehre und Forschung mehrfach akzentuiert:

»The view taken of a university in these discourses is the following: – That it is a place of teaching universal knowledge. This implies that its object is, on the one hand, intellectual, not moral; and on the other hand, that it is the diffusion and extension of knowledge rather than the advancement. If its object were scientific and philosphical discovery, I do not see why a University should have students …«

»… there are other institutions far more suited to act as instruments of stimulating philosophical inquiry, and extending the boundaries of our knowledge, than a university. Such, for instance are the literary and scientific ›Academies‹ …«

»The nature of the case and the history of philosophy combine to recommend to us this division of intellectual labour between Academies and Universities. To discover and to teach are distinct functions; they are also distinct gifts, and are not commonly found united in the same person.«6

Die von Newman zuletzt genannte Schwierigkeit ist in der Tat unbestreitbar. Man mag es eine Ironie der Geschichte nennen, dass im Jahre 1873, als die Vorlesungen als Buch erschienen, bereits eine Entwicklung eingesetzt hatte, welche – ausgehend von den USA – die Universitäten des englischen Sprachraums nach dem Vorbild des Humboldtschen Modells einer Forschungsuniversität grundlegend verändern sollte. Dafür steht der dem deutschen Dr. phil. nachgebildete Ph.D., welcher den akademischen Grad Philosophiae Doctor (und nicht, wie in deutschen Publikationen gelegentlich zu lesen, »Philosophical Doctor«) abkürzt. Cardozier beschreibt dessen Geschichte für die USA kurz und bündig:

»The Doctor of Philosophy (PhD) is the highest graduate degree awarded in the US. Unlike research doctorates in European universities, which are identified by the discipline, the PhD in the US is the most common research degree and applies to most disciplines. The first PhD was awarded by Yale University in 1861.

The American PhD degree was adopted from the doctorate in German universities where many Americans studied in the last century [d. h. im 19. Jahrhundert – H.J.M.], receiving the doctorate in the Faculty of Philosophy from which the degree took its name.«7

Möglich wurde diese nachhaltige Vorbildwirkung der deutschen Universität durch den Erfolg der von den Ideen Wilhelm v. Humboldts und Friedrich Daniel Ernst Schleiermachers geprägten neuen Berliner Universität. Die von Humboldt definierte »Eigenthümlichkeit der höheren wissenschaftlichen Anstalten, dass sie die Wissenschaft immer als ein noch nicht ganz aufgelöstes Problem behandeln und daher immer im Forschen bleiben, da die Schule es nur mit fertigen und abgemachten Kenntnissen zu thun hat und lernt«8, gab der entstehenden modernen Wissenschaft einen dynamischen Begriff in einem geeigneten institutionellen Rahmen. Das galt in Sonderheit für die neue Aufgabe der Philosophischen Fakultät. Seit dem Entstehen der europäischen Universität war die Philosophische Fakultät wie ihre Vorgängerin, die Artistische Fakultät, lange dazu bestimmt gewesen, den Studenten die artes liberales als intellektuelle Grundlage für das Studium an den höheren Fakultäten der Theologie, der Jurisprudenz und der Medizin zu vermitteln. In dieser vorbereitenden und mithin ohnehin untergeordneten Rolle geriet sie überdies zunehmend unter den Druck der später entstandenen und ebenfalls für ein Studium befähigenden Gymnasien. Durch Humboldt und Schleiermacher wurde dann jedoch die Philosophische Fakultät zum geistigen Mittelpunkt der Universität und zum Garanten ihrer Wissenschaftlichkeit.

Damit kam eine längere und widersprüchliche Geschichte zu einem krönenden Abschluss. Über mehrere Jahrhunderte hin hatten nämlich Lehrer dieser Fakultät versucht, ihrem drohenden Statusverlust zu wehren, in dem sie den schon durch die Kritik der Humanisten beschädigten Magister Artium durch einen Magister Philosophiae ersetzten oder ihn mit einem neu eingeführten Doctor Philosophiae koppelten. Das hatte aber zu widersprüchlichen Reaktionen der staatlichen und akademischen Obrigkeit geführt. So verbot Österreich zunächst 1752 den Dr. phil. und ließ ihn dann 1786 an Stelle des Magisters zu, während Preußen 1777 die Koppelung beider Titel zuließ, freilich gegen Zahlung der doppelten Gebühr. In Sachsen dauerten die Auseinandersetzungen zwischen der Universität Leipzig und der Regierung über die Titelführung bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts an.9

In ihrer neuen Rolle wurde die neue Philosophische Fakultät zur Mutter der modernen Wissenschaft. Sie bot nicht nur den institutionellen Rahmen für die Entwicklung einer quellenkritischen Geschichtswissenschaft, einer mit wissenschaftlichen Methoden arbeitenden Philologie und der Philosophie als einer Fachwissenschaft, sondern bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts auch Raum für den Aufstieg der Naturwissenschaften als den »Leitwissenschaften « der Moderne. Laetitia Boehm kommt in ihrem geschichtlichen Abriss der akademischen Grade in Deutschland zu dem Urteil:

»Als Heimat des Dr. phil. erfuhr die Fakultät im Geist von Kant und des deutschen Idealismus – weil für Erkenntnis des organischen Ganzen der Wissenschaft, der Wahrheit, stehend – Anerkennung als Dach der neu entstandenen ›universitas litterarum‹.«10

Eben dieses Humboldtsche Universitätsmodell mit der Philosophischen Fakultät alsn und dem Magister Artium lpunkt gab den entscheidenden Impuls für das Entstehen der research university in den USA und im englischen Sprachraum. Im Jahre 1876 wurde die Johns Hopkins University nach dem Muster der deutschen Universität gegründet. Yale hatte, wie bereits erwähnt, schon 1861 damit begonnen, den Grad eines PhD zu verleihen, der dann bald seinen Siegeszug antreten sollte. Zwar hatte die University of London in den Jahren 1857 und 1860 einen neuen Doctor of Science und im Jahre 1868 einen neuen Doctor of Literature verliehen, doch blieben solche Promotionen vereinzelte Vorgänge. Als vorbildhaft für den englischen Sprachraum außerhalb der USA sollte sich dagegen die Verleihung des PhD durch Cambridge im Jahre 1882 und durch Oxford im Jahre 1917 erweisen.11 Auch in den USA waren Versuche, neben dem PhD andere Forschungsdoktorate wie den Doctor of Science (DSc), den Doctor of Education (EdD) oder den Doctor of Public Administration (DPA) zu kreieren, nur begrenzt erfolgreich.12 Gleichwohl gehören sie weiterhin zum Bestand der akademischen Grade im englischen Sprachraum.

Auch heute bleibt für uns der nachhaltige Einfluss erinnerungswert, den das Humboldtsche Wissenschafts- und Universitätskonzept auf die Universitäten der USA sowie mit und nach ihnen auf die des englischen Sprachraums bei deren Weg zu forschungsorientierten Einrichtungen ausgeübt hat. Zugleich geben uns die damaligen akademischen Reformen in den USA ein zu beherzigendes Beispiel für den kreativen und selbstbestimmten Umgang mit Anregungen und Erfahrungen aus einer anderen, im Falle der USA aus der deutschen akademischen Tradition. Der amerikanische Philosoph Josiah Royce (1855–1916) schrieb 1891 von »a generation that dreamt of nothing but the German University. England was passed by. It was then understood not to be scholarly enough. France, too, was then neglected. German scholarship was our master and our guide.«13

Noch nach dem ersten Weltkrieg, welcher die deutsch-amerikanischen Beziehungen in schwerster Weise beschädigt hatte, schrieb Abraham Flexner, der Gründungsdirektor des Institute for Advanced Study in Princeton:

»The German university has for almost a century and a half fruitfully engaged in teaching and research. As long as those two tasks combine in fertile union, the German university, whatever its defects of detail, will retain its importance. It has stimulated university development in Great Britain; from it has sprung the graduate school of the new world; to it industry and health and every conceivable practical activity are infinitely indebted.«14

Unbestreitbar kann heute die deutsche Universität ihrerseits viel von den erfolgreichen research universities der USA und des ganzen englischen Sprachraums lernen. Ob dazu der Reimport des Humboldtschen Dr. phil. als PhD gehört, weil dieser die Krone des vorgeblich existierenden angloamerikanischen Graduierungssystems sei, muss jedoch entschieden bezweifelt werden. Unter Systemaspekt betrachtet hat der PhD die schwer durchschaubare Ansammlung akademischer Grade im englischen Sprachraum erhöht. Einerseits muss er unterschieden werden von den nur als Berufsabschlüssen erworbenen Doktortiteln wie dem MD (Medicinae Doctor) und dem J.D. (Juris Doctor) sowie dem fast nur noch als Ehrendoktor verliehenen Doctor of Divinity (DD für doctor divinitatis), welche allesamt den früher als »höher« angesehenen Fakultäten entstammen. Andererseits erhebt der PhD einen Geltungsanspruch für alle Wissenschaftsgebiete, der in keiner Beziehung zu seinem semantischen Gehalt besteht und zugleich von einigen anderen research doctorates wie dem DSc (Doctor of Science), dem EdD (Doctor of Education) oder dem DSJ (Doctor of Scientific Jurisprudence) relativiert wird. Deutlicher gesagt: Dieser Doktorgrad begründet permanenten Erklärungsbedarf, weil er seinen Wert nicht aus seiner Stellung in einem rechtlich fixierten Graduierungssystem und schon gar nicht aus seiner lexikalischen Spezifizierung bezieht, sondern sein tatsächlicher Status nur geschichtlich erklärbar ist. Denn ein angloamerikanisches Graduierungssystem gibt es nicht und kann es nicht geben, weil jede Universität – oder auch jede Einrichtung, welche beansprucht, eine solche zu sein – ihr eigener Gesetzgeber ist. Es widerspricht eben dem in der englischsprachigen Welt akzeptierten Selbstverständnis von Universitäten und deren institutioneller Autonomie, die Vergabe akademischer Grade durch staatliche Gesetzgeber regeln zu lassen. Aus diesem Grunde kann das, was irreführend »angloamerikanisches Graduierungssystem « genannt wird, auch immer nur das allenfalls in großen Linien übereinstimmende, im Detail jedoch nicht selten widersprüchliche Ergebnis einer vielhundertjährigen Geschichte konkurrierender Akteure sein. Darum zeugt es auch von Unkenntnis, wenn nicht sogar von Verantwortungslosigkeit, bei jungen Leuten die Illusion zu erzeugen, weil sie englischsprachige akademische Grade erworben hätten, würden diese in der englischsprachigen Welt auch anerkannt. Das ist auch durch internationale Erklärungen und Verträge nicht erreichbar. Da es in den USA und in Großbritannien kein von einem staatlichen Gesetzgeber gesetztes Graduierungssystem gibt, kann es dort auch zwischen den graduierenden Institutionen keine systemischen Beziehungen geben, sondern der praktische Wert eines Grades hängt allein ab von der Stellung der Universität in der Meinung jener, die diesen Wert in der akademischen und beruflichen Welt zu beurteilen haben. Auch die amerikanischen Akkreditierungsverbünde regeln dies nur für die zu ihnen gehörenden Institutionen.

Um zu wissen, was ein Graduierungssystem tatsächlich ist, braucht man sich nur an die gesetzlich geregelte Ordnung von Hochschulgraden (so der Terminus seit dem Hochschulrahmengesetz (HRG) der Bundesrepublik von 1976) zu erinnern, die bis zu der sich auf die Bologna-Erklärung von 1999 berufenden Studienreform in Deutschland gültig war. Dieses System bestand bekanntlich aus drei Stufen: Erstens den Staatsexamina, den Diplomabschlüssen und dem Magister Artium (MA)15, zweitens den Doktorgraden, deren Spezifikation entweder auf die einzelne Wissenschaft oder auf das größere Wissenschaftsgebiet hinwies und drittens der Habilitation. Sieht man von der ideologischen und politischen Indienstnahme ab, so bestand in der DDR auch nach der III. Hochschulreform von 1968 das gleiche System, mit den Unterschieden, dass, erstens, als Konsequenz aus dem staatlichen Allmachtsanspruch keine Notwendigkeit gesehen wurde, zwischen Staatsexamina und akademischen Diplomgraden zu differenzieren, und deshalb alle berufsbefähigenden Hochschulabschlüsse die Bezeichnung Diplom trugen (es also auch Diplomlehrer, Diplomjuristen und Diplommediziner gab) und dass, zweitens, der Dr. habil. in Anlehnung an den sowjetischen doktor nauk durch den Dr. sc. ersetzt wurde. Jedenfalls war die klare Systematik, welche die beiden Ordnungen der Hochschulgrade aufwies, ein unbestreitbarer Vorteil.

Beiden Ordnungen waren auch zwei Nachteile gemeinsam: Erstens gab es keinen Zwischengrad oder ersten Grad, der eine Stufung der Studien erlaubt hätte, weil der Grad des Baccalaureus bzw. des Bakkalar im deutschen Sprachraum schon seit dem 16. Jahrhundert an Bedeutung verlor und in den ersten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts fast völlig verschwunden war.16 So war es weder möglich, die Universität bereits nach einer ersten Studienphase mit einem grundständigen wissenschaftlichen Bildungsnachweis zu verlassen, noch unterschiedliche Studienziele und Studienstufen flexibel zu kombinieren. Vor allem aber entsprach das nichtgestufte Studium nicht länger der seit Humboldt enorm gewachsenen Komplexität aller Wissenschaftszweige. Bildung durch Wissenschaft kann heute – jedenfalls im typischen Fall – nicht mehr allein durch das kommunikative und kooperative Miteinander von Lehrenden und Lernenden erreicht werden. Um einen Studienerfolg für viele wahrscheinlich zu machen, ist eine erste Studienphase dringend erforderlich, welche inhaltlich systematisch aufgebaut und didaktisch durchdacht ist. Als historisches Relikt war nur an einigen juristischen Fakultäten der bacc. jur. als Vorstufe zum Dr. jur. bis in die Zeit um 1930 erhalten geblieben. Erfolglos war 1967 in der Bundesrepublik im sogenannten Dahrendorf-Plan vorgeschlagen worden, das Baccalaureat für Kurzstudiengänge und das Lizentiat als akademischen Grad vor dem Doktorgrad wiederzubeleben.17 Das insbesondere in den Ingenieur- und Naturwissenschaften zur Studiengliederung entwickelte Vordiplom war von großem Nutzen, konnte jedoch die Aufgabe, eine wissenschaftliche Grundbefähigung zu dokumentieren, nur begrenzt übernehmen, weil es außerhalb des jeweiligen Studienganges nicht verwertbar war.

Der zweite Nachteil ergab sich aus der Bezeichnung von Hochschulabschlüssen als Diplom (erstmals rechtlich geregelt in der preußischen Diplomprüfungsordnung von 190218). Denn im Zeitalter der wachsenden Internationalisierung und Globalisierung ist es für deutsche Hochschulabsolventen nicht ohne Bedeutung, dass diploma im englischen Sprachraum fast nur Bildungsabschlüsse unterhalb oder außerhalb der universitären Studienabschlüsse bezeichnet. Mit Ausnahme von solch international anerkannten und hoch geschätzten Abschlüssen wie vor allem dem des Diplomingenieurs bestand also die Gefahr der gleichsam systematischen Unterbewertung des deutschen Diploms. Allerdings wären beide Nachteile im Rahmen des Bolognaprozesses korrigierbar gewesen, ohne das geschichtlich gewachsene deutsche Graduierungssystem aufzugeben. So schuf das sächsische Hochschulgesetz von 1993 die Möglichkeit des Baccalaureus als erstem Abschluss und einige deutsche Universitäten (wie z. B. Erfurt, Hamburg und Augsburg) führten in dieser Zeit für bestimmte Studiengänge den Baccalaureus wieder ein. Vor allem aber ergänzte Österreich, wo sich der Magister schon lange als Studienabschluss für die meisten Fächer bewährt hatte, diesen durch den vorgeschalteten Baccalaureus. Allerdings stieß in Deutschland die Anregung, dem österreichischen Beispiel zu folgen und die Abfolge Baccalaureus, Magister bzw. Diplomingenieur und Doktor einzuführen, auf taube Ohren. Und leider hat Österreich inzwischen seinen selbstbewussten Weg durch das Universitätsgesetz von 2002 für die Zeit ab 2007 aufgegeben. Hätte es genauso gehandelt, wenn in Deutschland nicht schon 1997 die Einführung von Bachelor, Master und PhD als das Markenzeichen der unabweislichen Studienreform proklamiert worden wäre? Das darf bezweifelt werden. Denn die erst später folgende Bologna-Erklärung von 1999 bekannte sich ausdrücklich zur Vielfalt der kulturellen und akademischen Traditionen Europas und empfahl darum auch nur »ein System verständlicher und vergleichbarer Grade«. Der Bachelor wird überhaupt nicht genannt. Er ist auch nach wie vor kein europaweiter Grad, was im Blick auf das baccalauréat als französischer Nachweis der Studienbefähigung auch nicht anders zu erwarten war. So heißt z. B. in Frankreich der erste Grad license, in Belgien bachelier, in Italien Laura di primo livello, in Spanien titulo de grado, in Polen licenjat, in Schweden Kandidatexamen.

Zweifellos bilden die jetzt in Deutschland verliehenen Grade des Bachelor und Master und, wenn es nach einflussreichen Protagonisten dieser Reform geht, künftig auch des PhD ihrerseits ein System – im Gegensatz zu dem angeblich existierenden angloamerikanischen Graduierungssystem. Auf dieses beruft man sich jedoch, weil man sich davon offenbar eine internationale wissenschaftliche Legitimierung der deutschen Grade erhofft. Diese Illusion trifft in Deutschland auf ein allzu williges Publikum. Denn viele Deutsche verwenden oder akzeptieren englische oder englisch klingende Ausdrücke als Symbol von Modernität, Innovation und Kreativität. In der wissenschaftlichen Realität zählt jedoch weiterhin vor allem die konkrete Leistung, zumal man mit dem angloamerikanischen Konglomerat akademischer Grade keine systemischen Beziehungen eingehen kann. Statt nach sattsam bekannter bundesdeutscher Sitte auf einklagbare Rechtstitel setzen zu können, bleibt es also beim Umgang der englischsprachigen Welt mit in Deutschland verliehenen Graden bei der alten wissenschaftlichen Währung des Erkenntniswertes und des guten Rufes, aber auch bei den Barrieren der Ignoranz und der Anmaßung.

Aber wozu gibt es dann heute in Deutschland, das sich einiger der ältesten und berühmtestenrenzlos, in allen der Welt rühmen kann, überhaupt ein englischsprachiges Graduierungssystem? Glaubt man vielleicht, ein englischsprachiges Graduierungssystem drücke mehr Internationalität aus und sei schon deshalb, wie man immer wieder für das angeblich existierende angloamerikanische Graduierungssystem behauptet, »international anerkannt«? Vergleichen wir also die Internationalität des traditionellen deutschen und des vorgeblich existierenden angloamerikanischen Graduierungssystems unter sprachlichem, genauer unter lexikalischem Aspekt. Zwar stammen sowohl die deutschen als auch die englischen Gradbezeichnungen direkt oder indirekt aus dem Lateinischen, wenn auch die Etymologie von baccalaureus bzw. bachelor umstritten ist.19 Allerdings ist in beiden Sprachen nur beim Doktor bzw. doctor die sprachgeschichtliche Herkunft noch für jedermann erkennbar, dagegen nicht bei den anderen akademischen Graden. Nur im Deutschen gehören auch Baccalaureus und Magister eindeutig zur akademischen Sphäre, wohingegen bachelor und master für die meisten Sprachnutzer primär dem englischen Sprachraum als solchem zugehören, und zwar im Ergebnis einer langen Geschichte. Nach dem Oxford English Dictionary (OED) stammt der erste Beleg für bachelor als ›one who has the first or lowest degree‹ bereits aus dem Jahre 1362. Der sprachgeschichtlich bedingte Unterschied im Erscheinungsbild von dt. Baccalaureus / Bakkalar und engl. bachelor ist aber unter dem Aspekt der kommunikativen Wirksamkeit durchaus von Bedeutung. Denn Gradbezeichnungen, deren Herkunft aus dem Latein als der traditionellen europäischen Sprache der Gelehrsamkeit noch für jedermann erkennbar ist, vermögen dadurch die Internationalität von Wissenschaft zu signalisieren. Unter diesem Aspekt sind aber die englischsprachigen Gradbezeichnungen bachelor und master zum Ausdruck der Internationalität von Wissenschaft eher ungeeignet.

Vor allem aber sind bachelor und master, wie jedes englische Lexikon ausweist, polysem, und dies, wie das OED belegt, schon seit Jahrhunderten. Gewiss sind die dort für bachelor angeführten Bedeutungen ›a young knight, not old enough, or having too few vassals, to display his own banner‹ und ›a junior or inferior member … of a trade-guild‹ heute obsolet, nicht jedoch die Bedeutung ›an unmarried man (of marriageable age)‹. Wie stark die Polysemie von bachelor nach wie vor im aktuellen Sprachbewusstsein präsent ist, kann man z. B. daran ersehen, dass die amerikanischen Linguisten J. J. Katz, J. A. Fodor und P. M. Postal in den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts am Beispiel dieses Lexems die Möglichkeit erörterten, Mehrdeutigkeit in semantische Elemente zu zerlegen und diese hierarchisch zu ordnen, um die Lexik in die zunächst allein syntaxbasierte generative Theorie Noam Chomskys einordnen zu können.20 Dabei gingen sie für bachelor von den Bedeutungen ›(male) who has never married‹, ›(human) who has the first or lowest academic degree‹, ›knight serving under the standard of another knight‹ und ›fur seal when without a mate during the breeding time‹ aus, also von einer erheblichen Mehrdeutigkeit. Schließlich nennt das OED noch die englischen Lexeme bachelorism und bachelorly, die in der Bedeutung ›a habit or peculiarity of a bachelor‹ auf die Eigentümlichkeiten von Junggesellen hinweisen. Man braucht also gar nicht an den von Katz, Fodor und Postal bemühten armen Seehund, der während der Brunstzeit ohne Weibchen ist, zu denken, um zu erkennen, dass mit diesem Wort kein ansehnlicher sozialer Status assoziiert werden kann. So würden sich denn auch englische und amerikanische Träger dieses Grades kaum als »bachelor«, sondern in aller Regel mit »I have (got) a BA (degree)« vorstellen. Außerdem wird von amerikanischen Universitäten dieser Grad bzw. das entsprechende Examen gelegentlich als baccalaureate bezeichnet. Beides deutet auf das Bedürfnis hin, sich in Bezug auf den bachelor vor Missverständnissen zu schützen.

Ähnlich liegen die Dinge beim master. Allerdings stellt sich hier nicht die Statusfrage, weil auch alle andere Bedeutungen dieses Wortes (und derer gibt es im OED und in den üblichen Wörterbüchern eine stattliche Zahl) mit der Vorstellung von Kompetenz, Autorität und sogar Herrschaft assoziiert sind oder diese explizit benennen, wie z. B. the master of the house oder Master of Balliol College (der Universität Oxford). Entscheidend ist jedoch auch bei dem Wort master, dass die Zugehörigkeit zur akademischen Sphäre und damit der Charakter als akademischer Grad nicht eindeutig sind. So wird auch in diesem Fall im Englischen faktisch nur die entsprechende Abkürzung, wie z. B. MA, verwendet. Daher kann man den Unterschied zwischen den im deutschen (jedenfalls traditionell) verwandten Gradbezeichnungen Baccalaureus und Magister und den im englischen Sprachraum verwendeten bachelor und master wie folgt charakterisieren: Baccalaureus und Magister evozieren durch ihre Eindeutigkeit einen akademischen Kontext. Bachelor und master dagegen bedürfen eines akademischen oder wissenschaftlichen Kontextes, um als Gradbezeichnungen erkannt zu werden. In beiden Fällen sind diese Gradbezeichnungen Ausdruck der jeweiligen Sprach- und Kulturgemeinschaft. »Heiße Magister, heiße Doktor gar,« lässt Goethe seinen Faust klagen. Und der ihn im ersten Teil der Tragödie höflich aufsuchende Schüler, taucht im zweiten Teil als vorlauter Baccalaureus wieder auf. Im Deutschen wird dabei jedoch stets durch die Sprachgestalt auf die akademische Sphäre und mithin indirekt auf die Internationalität der Wissenschaft verwiesen. Bachelor und master repräsentieren dagegen in erster Linie das Englische. Erst wenn man sich auf diesen Sprach- und Kulturraum einlässt, verweisen sie dort unter anderem auch auf den Bereich der Wissenschaft.

Wie aber verhält es sich mit dem Grad des PhD, der ja durch seine Bestandteile eindeutig der akademischen Sphäre zugehörig ist? Dem höchsten Forschungsgrad (»research degree«) des englischen Sprachraums begegnet man in der sprachlichen Realität fast nur in dieser Abkürzung und nicht als Philosophiae Doctor bzw. als Doctor of Philosophy, offenbar weil dieser, wenn auch nicht gänzlich konkurrenzlos, in allen Wissenschaftsgebieten für Promotionen auf der Grundlage einer eigenständigen Forschung verwendet wird. Daher ist es üblich geworden, diesem Doktorgrad eine fachliche Spezifizierung hinzuzufügen, wie z. B. PhD in chemistry. Auf diese Weise erscheint freilich der Begriff Philosophie seines Inhalts entleert. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die Tatsache, dass der PhD an den meisten amerikanischen Universitäten an einem College of Arts and Sciences21 erworben wird, dessen Rolle an die der früheren deutschen Philosophischen Fakultät erinnert, als diese noch die Naturwissenschaften umfasste. Es gibt also keine sprachlich-begriffliche Beziehung zwischen der Institution und dem von ihr verliehenen Doktorgrad. Andererseits werden als Master of Arts (MA) oder als Master of Science (MSc) wiederum die meisten »graduate degrees« bezeichnet, die von Universitäten des englischen Sprachraums vergeben werden.

Das führt uns zum Kern unserer Frage, in welchem Verhältnis die akademischen Grade des englischen Sprachraums zum deutschen Wissenschaftsbegriff stehen. Anders gefragt, was für ein Verständnis von Wissenschaft tritt uns in dieser nur begrenzt konsistenten Praxis der Benennung akademischer Grade entgegen. Gewiss weisen auch die deutschen akademischen Grade eine Vielzahl fachlicher Spezifizierungen auf. Auch ist unbestreitbar, dass der Dr. phil. und der Dr. rer. nat. wie auch der Dr.-Ing. auf große disziplinär untergliederte Wissenschaftsgebiete verweisen, wohingegen der Dr. jur. und der Dr. theol. wie auch der Dr. rer. oec. eher für einzelne Wissenschaften stehen. Gleichwohl deckt die Gesamtheit der alten wie der neuen Doktorgrade mit grundsätzlich gleichem Rang22 die Gesamtheit eines Phänomens ab, für das sich in der deutschen Sprach- und Geistesgeschichte das Lexem und der Begriff »Wissenschaft« herausgebildet haben. Die Entwicklung des deutschen Wortes »Wissenschaft« wird in Wolfgang Pfeifers Etymologischem Wörterbuch des Deutschen übersichtlich nachgezeichnet – vom spätmhd. »wiʒʒen(t)schaft« in der Bedeutung ›Wissen, Kenntnis, Kunde‹, das bis ins 16. Jahrhundert in Konkurrenz stand zu »Wissenheit« (aus ahd. »wiʒʒan(t)heit«, mhd. »wiʒʒen(t)heit« in der Bedeutung ›Einsicht, Wissen, Bewusstsein‹). Dem entspricht, dass der im Verlauf der deutschen Kultur- und Geistesgeschichte, insbesondere unter dem Einfluss von Leibniz, Kant und Humboldt entstandene deutsche Wissenschaftsbegriff eindeutig alle Gebiete wissenschaftlichen Denkens und Forschens umfasst, und zwar sowohl im Singular als auch im Plural. Wird von »Wissenschaften «, wie z. B. in »Akademie der Wissenschaften« gesprochen, so wird damit zugleich deren Vielfalt als auch deren Zusammengehörigkeit betont. Zugleich erlaubt dieses Lexem interne Untergliederung sowohl durch Nominalkomposita wie »Geisteswissenschaften«, »Naturwissenschaften« oder »Technikwissenschaften « als auch durch Attribute, so z. B. bei Ausdrücken wie »politische Wissenschaft(en)« oder »angewandte Wissenschaften«.

Über einen solchen Gesamtbegriff von Wissenschaft verfügt das Englische nicht. Einerseits entsprach es den politischen und kulturellen Bedingungen, unter denen die englische Sprachgeschichte nach der normannischen Eroberung im Jahre 1066 über viele Jahrhunderte verlief, dass Phänomene der höheren geistigen oder gesellschaftlichen Sphäre mit Wörtern lateinischen oder romanischen Ursprungs bezeichnet wurden. Andererseits wurden auch diese überwiegend in die allgemeine englische Laut- und Schreibentwicklung einbezogen, wie man gleichermaßen an bachelor und master wie an arts und science sehen kann. Bedeutsam ist jedoch vor allem, dass für das Verständnis dessen, was im Deutschen durch den umfassenden Begriff von Wissenschaft beschrieben wird, im Englischen die mit der Verwendung von art(s) und science angelegte Trennung bis heute maßgebend blieb. Zwar waren diese Wörter zunächst, wie das OED für science zeigt, nicht klar geschieden: »In the Middle Ages, ›the seven (liberal) sciences‹ was often used synonymously with ›the seven liberal arts‹ …«. Dann jedoch setzte sich für science eine Verwendung »in a more restricted sense« durch, nämlich als Bezeichnung für ›a branch of study which is concerned either with a connected body of demonstrated truths or with observed facts systematically classified and more or less colligated by being brought under general laws, and which includes trustworthy methods for the discovery of new truth within its own domain‹. Daraus entwickelte sich die engere Bedeutung von science »as synonymous with ›Natural and Physical Science‹, and thus restricted to the phenomena of the material universe and their laws …«. Zugleich blieb allerdings die Möglichkeit erhalten, mit Hilfe definierender Adjektive Fachgebiete außerhalb der Naturwissenschaften ebenfalls als science zu bezeichnen, wie in political science oder educational science. Vom Deutschen aus gesehen ist also science, so lange dieses Lexem nicht explizit anders spezifiziert wird, ausschließlich äquivalent mit »Naturwissenschaft «. Das schließt gleichwohl social science(s) als Äquvalent für »Sozialwissenschaft(en)« nicht aus.

Vergleicht man dies mit den Angaben des OED zu art, so bemerkt man zwei wesentliche Unterschiede zu science. Das ist erstens die Definition von art, meist arts, in der Bedeutung von ›certain branches of learning which are of the nature of intellectual instruments or apparatus for more advanced studies, or for the work of life; their main principles having been already investigated and established, they are in the position of subjects requiring only to be acquired and practised‹. Zweitens fällt die größere semantische Weite von art(s) auf. Während bei science, wie das OED ausweist, die ursprüngliche Bedeutung von ›knowledge or cognizance‹ nur noch in bestimmten theologischen und philosophischen Kontexten erhalten blieb, ist die Bedeutung von art im Sinne von ›skill‹ und ›its display or application‹ nach wie vor semantisch vital. Vor allem aber ist die Äquivalenz von art(s) mit dem deutschen Wort »Kunst/Künste« zu beachten, die keineswegs auf eindeutige Verbindungen wie »the fine artstschaft und Wissenschaft ist, welche als gleichermaßen t. Andererseits hat sich für die Bezeichnung von Geisteswissenschaften neben arts die Verwendung von humanities herausgebildet (erster Beleg von 1483 im OED), womit freilich ursprünglich nur die wissenschaftliche Beschäftigung mit Grammatik, Rhetorik und Dichtkunst gemeint war, »esp. the study of the ancient Latin and Greek classics« (OED) (also ähnlich dem deutschen Begriff der Humaniora). Im heutigen Englisch hat dieses Wort, wie der häufig zu findende Ausdruck »(the) Humanities and (the) Social Science(s)« zeigt, eine semantische Erweiterung erfahren. Das trägt zwar einerseits zur Differenzierung der Bezeichnungsmöglichkeiten bei, erhöht aber andererseits die begriffliche Unschärfe auf diesem Gebiet. In jedem Fall trennt die englische Sprache das, was die deutsche Sprache mit dem Wort »Wissenschaft« meint, in zwei – jedenfalls lexikalisch – unverbundene Gebiete. Dagegen wurde in der deutschen Geistesgeschichte, insbesondere in der Zeit der Aufklärung, das Wort »Wissenschaft« zur »Bezeichnung einer gelehrten Disziplin« und verdrängte das dafür vorher ebenfalls übliche »Kunst«.23

Selbstverständlich beeinflussen solche sprachlichen Trennungen auch das Denken, zumal sie nach Begründungen rufen. So ist auch heute noch bemerkenswert, welchen Sinn John Henry Newman in seinen schon erwähnten Vorlesungen zur Universitätsidee dieser sprachlichen Unterscheidung gab.

»There are three great subjects on which Human Reason employs itself: – God, Nature, and Man: and theology put aside in the present argument, the physical and social world remains. These, when respectively subjected to Human Reason, form two books: the book of nature is called Science; the book of man is called Literature. Literature and Science, thus considered, nearly constitute the subject-matter of Liberal Education …«

»Literature stands related to Man as Science stands to Nature; it is his history.«24

Es wäre ein Irrtum anzunehmen, Newman vertrete hier eine Einzelmeinung. Der schon für diese Zeit erwähnte Versuch der Universität London, einen Doctor of Science (DSc) und einen Doctor of Literature (DLitt) einzuführen, weist in die gleiche Richtung, nämlich von zwei unterschiedlichen Wissenschaftsbegriffen auszugehen. Nicht weniger wäre es ein Irrtum anzunehmen, die Überlegungen Newmans und die Bedeutungsdefinitionen des OED wären heute nur noch von geschichtlichem Interesse. Vielmehr tritt im gegenwärtigen Sprachgebrauch die Bezeichnungsfunktion von science für die Naturwissenschaften eher noch stärker hervor. Überdies wird die sprachliche Trennung in zwei Arten von Wissenschaft nach wie vor in Großbritannien und in den USA institutionell gestützt. Die britische Royal Society und die amerikanische National Academy of Sciences mit dem ihr zugeordneten mächtigen National Research Council sind für die Naturwissenschaften zuständig, wohingegen sich die Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften mit der viel weniger prominenten British Academy bzw. in den USA mit dem ebenfalls weniger bekannten American Council of Learned Societies begnügen müssen.

Fassen wir zusammen: Die akademischen Grade im englischen Sprachraum stellen ein geschichtlich gewachsenes Konglomerat von Bezeichnungen dar, die neben Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten in der Bedeutung auch wesentliche Bedeutungsunterschiede aufweisen und daher lediglich tendenziell die Stufenfolge bachelor, master und doctor erkennen lassen. Da Bezeichnungen, Inhalt und Status dieser Grade ausschließlich von den Universitäten bestimmt werden, können sie weder untereinander noch mit Universitäten des Auslands in systemische Beziehungen mit rechtlich relevanten Konsequenzen treten. Im Unterschied zum Deutschen sind die wichtigen englischsprachigen Gradbezeichnungen bachelor und master weder durch ihre Sprachgestalt, noch in ihren Bedeutungen auf die akademische Sphäre beschränkt, sondern durch ihre Polysemie relativ eng auch mit anderen Aspekten des Lebens im englischen Sprachraum verbunden. Daher sind sie deutlich weniger als die deutschen akademischen Grade geeignet, die Internationalität von Wissenschaft zum Ausdruck zu bringen. Auch die fachlichen Spezifizierungen der englischsprachigen akademischen Grade bringen die reale Untergliederung der Wissenschaft weniger deutlich zum Ausdruck als die deutschen Grade. Stattdessen erinnern die meisten von ihnen an die Tatsache, dass es im Englischen keinen übergreifenden Wissenschaftsbegriff gibt, sondern im akademischen Selbstverständnis an der durch die moderne Wissenschaftsentwicklung längst überholten Trennung in »Können« und »Wissen« festgehalten wird.

Daher stellt sich die Frage: Warum wurde gleichwohl das Studium in Deutschland auf das angeblich existierende angloamerikanische Graduierungssystem umgestellt? Waren die Gründe nur kulturelle Ignoranz und politischer Dilettantismus? Als Antwort auf die Bologna-Erklärung von 1999 zu verweisen, führt in die Irre. Denn abgesehen davon, dass es sich dabei um ein rechtlich unverbindliches Dokument aller europäischer Erziehungsminister handelt und nicht um eine verbindliche Rechtsnorm der Europäischen Union, empfahl die Bologna-Erklärung zwar die Stufung der Studien, aber nicht europaweit gleiche Grade nach angloamerikanischem Muster, sondern stattdessen, wie bereits erwähnt, »die Einführung eines Systems leicht verständlicher und vergleichbarer Abschlüsse«. Zugleich beschwor sie die »außergewöhnlichen kulturellen und wissenschaftlichen Traditionen« Europas und sprach die Verpflichtung aus, die »Vielfalt der Kulturen, der Sprachen, der nationalen Bildungssysteme und der Autonomie der Universitäten« uneingeschränkt zu achten. Allerdings war in Deutschland schon 1997, also bereits vor der Sorbonne-Erklärung von 1998 und der Bologna-Erklärung von 1999, die Absicht verkündet worden, das deutsche Hochschulstudium auf Bachelor, Master und PhD umzustellen. Im Blickpunkt stand dabei auch nicht so sehr Europa als, wie Rüdiger vom Bruch mit Recht vermutet, vielmehr das »Muster der als vorbildlich eingeschätzten USA«.25

In der Tat drängt sich der Eindruck auf, dass diese Studienreform ein Teil jener Globalisierungsstrategie einflussreicher Kräfte in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ist, welche als gleichermaßen, in Ders., <span class="TextItalic">Werke</savon ausgehen, dass die künftige globale Gesellschaft englisch spricht und amerikanisch denkt. Vor einem solchen Zukunftshorizont können geschichtliche Erinnerung, kulturelle Einbettung und sprachliche Verbundenheit nur stören. In diesem Kontext offenbart auch die Behauptung, das angloamerikanische Graduierungssystem sei »international anerkannt«, ihren wahren Sinn. Denn es heißt ja nichts anderes, als dass englisch und international identisch seien und sich deshalb Wissenschaftlichkeit nur in Englisch erweisen könne. So gesehen sind die Gradbezeichnungen Bachelor, Master und PhD die symbolischen Türöffner für das Englische und das in diesem Sprachund Kulturkreis tradierte Wissenschaftsverständnis. Dann erkennt man auch in der Festlegung, dass alle Anträge im ersten Exzellenzwettbewerb in Englisch vorzulegen waren, so etwas wie die Proklamation der USA als den neuen Himmel und die neue Erde für die Wissenschaft.26

Die deutsche Wissenschaft stellt dies vor eine Wahl, die man im Englischen als »a choice of murky evils« charakterisieren würde. Entweder sie folgt den Sirenentönen des von vielen gesungenen Liedes von der Lingua franca, welche angeblich das Latein des Mittelalters gewesen sei und dessen Stellung nun das Englische eingenommen habe. Als Lingua franca wurde im Mittelalter jedoch mitnichten das Latein bezeichnet, sondern ein italienisch-griechischarabisches Mischidiom von See- und Kaufleuten im östlichen Mittelmeer, das elementaren Informations- und Verständigungszwecken diente. Daraus entwickelte sich der moderne linguistische Begriff Lingua franca für solche grenzüberschreitenden Verkehrssprachen, die mit einem beschränkten sprachlichen Mittelbestand Kommunikation ermöglichen. Gewiss ist in diesem Sinne auch das Englisch wissenschaftlicher Zeitschriften und Konferenzen meist eine Lingua franca, denn auch dort wird – im Unterschied zum eigentlichen Forschungsprozess – ein begrenztes rhetorisches und sprachliches Repertoire für bestimmte Informationszwecke eingesetzt. Eine solche Lingua franca kann jedoch niemals die Sprache erkenntnisorientierter Forschung und forschungsorientierter Lehre sein, zumal Wissenschaftlern, deren Muttersprache Englisch ist, immer das volle Potential ihrer Sprache zur Verfügung steht. Wer also in Deutschland meint, Englisch als eine Lingua franca genüge als wissenschaftliche Einheitssprache, verbannt sich selbst an den Katzentisch der englischsprachigen Wissenschaft.

Die Alternative dazu wäre es, die möglichst hochgradige Beherrschung des semantischen Potentials und der rhetorischen Strategien des Englischen einschließlich der darin bewahrten kulturellen Bilder und Erinnerungen zum Kriterium für die Aufnahme in die wissenschaftliche Kommunität in Deutschland zu machen. Das bedeutet sehr viel mehr als über zuverlässige und einsatzbereite Englischkenntnisse zu verfügen, wie sie heute in der Tat von jedem in der Wissenschaft erwartet werden müssen. Zumindest für die wissenschaftliche Kommunikation müssten dann Deutsche die sprachliche und rhetorische Kompetenz von Wissenschaftlern mit Englisch als Erstsprache erreichen. In der Konsequenz würde früher oder später in Deutschland über Wissenschaft nicht mehr in Deutsch verhandelt. Vor einiger Zeit haben Naturwissenschaftler in einer populärwissenschaftlichen Veranstaltung der Berliner Urania in Englisch gesprochen – mit der Begründung, über ihr Fach könnten sie gar nicht in Deutsch sprechen. Auf diese Weise wird in Deutschland die Wissenschaft zu einer englischsprechenden Enklave. Das wäre nicht nur ein sprachlicher, sondern auch ein kultureller Wandel mit gravierenden Konsequenzen für die geistige Qualität unserer freiheitlichen Demokratie. Denn die Wissenschaft prägt immer stärker das Leben der Gesellschaft und jedes Einzelnen. Ihre Absichten, Vorgehensweisen und Ergebnisse müssen darum für die Gesellschaft kommunizierbar bleiben, so dass sie nicht nur im wissenschaftlichen Disput, sondern auch in der gesellschaftlichen Debatte erörtert werden können.27

Inzwischen hat die Finanzkrise die Hohlheit so mancher globalen Vision in Politik und Wirtschaft entlarvt. Wie lange wird dennoch das englische Zeitalter im wissenschaftlichen Leben Deutschlands andauern? Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte, dass die deutsche Sprache in der Gefahr steht, aus den höheren Diskurssphären zu verschwinden. Im 17. Jahrhundert folgte der geschichtlichen Katastrophe des Dreißigjährigen Krieges die Dominanz des Französischen im Diskurs der Eliten. Bisher hat die deutsche Öffentlichkeit in ihrer Mehrheit noch nicht wahrnehmen wollen, dass der deutschen Sprache heute eine durchaus vergleichbare Herausforderung droht. Allerdings wäre es abwegig, die Antwort darauf in einem nationalistischen Sprachenkampf zu suchen. Gerade im Zeitalter der Globalisierung erleben wir immer stärker die Multikulturalität unserer Welt. Ein wesentliches Moment von Multikulturalität ist jedoch die Mehrsprachigkeit. Zugleich ist für die heutige Zeit zu bedenken, dass Wissenschaft immer stärker zu einem wesentlichen Element von Kultur wird. Die Internationalität von Wissenschaft sollte sich daher nicht dadurch erweisen, dass sie einsprachig werden will und Wissenschaftler ihre eigene Sprache aufgeben. Vielmehr muss gerade in unserer modernen Welt auch die Wissenschaft mehrsprachig bleiben, nicht zuletzt, weil Mehrsprachigkeit eine Ressource intellektueller Erkenntnis ist. Selbstverständlich würde Englisch auch in einer globalen Gesellschaft, die sich zur Mehrsprachigkeit als geistigem Reichtum bekennt, eine wichtige Rolle als eine internationale Sprache spielen. Gerade durch die Betonung von Differenz und im Willen zur Differenzierung ist Mehrsprachigkeit das einzige zukunftsgerechte Konzept für die Wissenschaft. Sprachliche und kulturelle Selbstaufgabe führt dagegen unaufhaltsam zur wissenschaftlichen Zweitrangigkeit oder zum kulturellen Auszug aus dem eigenen Land.

  1. 1Hier stütze ich mich auf die übersichtliche Darstellung bei V. R. Cardozier,Ameri- can Higher Education. An International Perspective, Avebury 1987, S. 71–79.
  2. 2Ebd., S. 72.
  3. 3Ebd., S. 74.
  4. 4Ebd., S. 74.
  5. 5Wilhelm von Humboldt, »Über die innere und äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin«, in Ders.,Werkezu Leipzig" adt 1960–81, S. 255–256.
  6. 6John Henry Newman,The Idea of a University, London 1873, S. IX, XII, XII.
  7. 7Cardozier, American Higher Education (Fn. 1), S. 75.
  8. 8von Humboldt, »Über die innere und äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin« (Fn. 5), S. 255–256.
  9. 9William Clark,Academic Charisma and the Origins of the Research University, Chicago/London 2006, S. 184–195.
  10. 10Laetitia Boehm, »Akademische Grade«, in Rainer Christoph Schwinger (Hg.),Examen, Titel, Promotionen, Basel 2007, S. 11–54, Zitat auf S. 29.
  11. 11Clark, Academic Charisma (Fn. 9), S. 183.
  12. 12Cardozier, American Higher Education (Fn. 1), S. 75–77.
  13. 13Zitiert bei Clark, Academic Charisma (Fn. 9), S. 462–463.
  14. 14Zitiert bei Daniel Fallon,The German University, Colorado Press 1980, S. 3.
  15. 15Dieser Grad wurde für die Bundesrepublik ausgehend von der Universität Erlangen und der FU Berlin in den Jahren 1950 bis 1960 wiederbelebt, um für die Philosophische Fakultät einen Hochschulgrad unterhalb des Doktorgrades vergeben zu können. In der DDR wurde bis zur III. Hochschulreform von 1968 für jene, die an einer Philosophischen Fakultät kein Lehrerstudium absolviert hatten, das »Diplom der Philosophischen Fakultät« (Dipl.Phil.) vergeben, das zwar eigentlich keine Berufsbezeichnung darstellte, aber faktisch meist so behandelt wurde.
  16. 16Boehm, »Akademische Grade« (Fn. 10), S. 18–19.
  17. 17Rüdiger vom Bruch, »Akademische Abschlüsse«, in Schwinger (Hg.), Examen, Titel, Promotionen (Fn. 10), S. 193–210, S. 207.
  18. 18Ebd., S. 206.
  19. 19So nennt Laetitia Boehm (Fn. 10) als mögliche Herkunft das mittellateinischebaccalarius ›Lehrling, Knecht‹ und die Kombination von bacca / baca ›Beere‹ und laura ›Lorbeer‹. Das Oxford English Dictionary verweist dagegen auf altfranzösisch bas chevalier. Für die unterschiedliche Signalwirkung von baccalaureus und bachelor scheinen mir diese Unterschiede nicht erheblich.
  20. 20J. J. Katz und J. A. Fodor, »The Structure of Semantic Theory«, inLanguage 39, 2 (1963), S. 170–210. J. J. Katz und P. M. Postal, An Integrated Theory of Linguistic Description, Cambridge (Mass.) 1964.
  21. 21Zur Stellung einesCollege of Arts and Sciences in einer amerikanischen Universität siehe Cardozier (Fn. 1), S. 35.
  22. 22Die Diskussion über den wissenschaftlichen Rang des deutschen Grades Dr. med., die immer mal wieder – wenn auch meist von außerhalb der Medizin – angestoßen wird, klammere ich hier aus.
  23. 23Siehe dazu den Artikel »wissen« inEtymologisches Wörterbuch des Deutschen, erarbeitet unter der Leitung von Wolfgang Pfeifer, 6. Auflage, München 2006.
  24. 24Newman, The Idea of a University (Fn. 6), S. 219, 227.
  25. 25Vom Bruch, »Akademische Abschlüsse« (Fn. 17), S. 208.
  26. 26Siehe ausführlicher zu dieser Problematik Hans Joachim Meyer, »Bologna oder Harvard? Realität und Ideologie bei der deutschen Studienreform«, inBildungspolitik im Umbruch, Sonderband 4 der Zeitschrift für Politik, Nomos 2011, S. 51–62. Ders., »Die Exzellenzinitiative – Auszeichnung von wissenschaftlicher Leistung oder Strukturen«, in Wissenschaftsrecht, 43. Bd., Heft 3 (2010), S. 300–310.
  27. 27Siehe dazu Konrad Ehlich und Hans Joachim Meyer, »Das Deutsche und die wissenschaftliche Mehrsprachigkeit«, inForschung & Lehre 03/2011, S. 202–204.
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Heft 6 (2011)
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