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Friedrich Heinrich Jacobi Briefwechsel. Reihe I, Band 12. Briefwechsel 1799–1800, Nr. 3690–3987


Herausgegeben von Manuela Köppe, frommann-holzboog, Stuttgart-Bad Cannstatt 2018, LIX und 380 Seiten, 3 Abbildungen, Festeinband


Von der auf 15 Doppelbände geplanten Ausgabe der Briefe von und an Friedrich Heinrich Jacobi, dessen Todestag sich am 10. März 2019 zum 200. Mal jährte, liegt nun der Band 12 im Druck vor. Auch dieser Band beschäftigt sich mit dem zweiten größeren Lebensabschnitt, den Jacobi im damals zu Dänemark gehörenden Holstein verbringt und führt inhaltlich den Band 11, der den Zeitraum vom Herbst 1794 bis zum Ende des Jahres 1798 beinhaltet, fort. Im neu erschienenen Band zu den Jahren 1799 und 1800 sind 298 Briefe ediert: 
147 Briefe hat Jacobi selbst geschrieben, 5 sind in seinem Namen verfasst worden und 146 Briefe wurden an ihn gerichtet. Zusätzlich sind einige Beilagen mit aufgeführt, die zwischen den Briefpartnern ausgetauscht worden sind und die zum Verständnis der darauf erfolgten Antworten dienen.


Nach Jahren ständig wechselnder Wohnorte, wie Wandsbek, Emkendorf, Hamburg, Tremsbüttel, Eutin, sowie kurzzeitiger Aufenthalte in Kiel und ­einem Kur- und Erholungsaufenthalt im Sommer 1798 in Doberan kann ­Jacobi in das Eutiner Haus des nach Frankfurt am Main gezogenen Johann Georg Schlosser (1739–1799) einziehen, welches er später käuflich erwirbt und bis zum Juli 1805 bewohnt. Hier richtet er sich mit seinen beiden unverheirateten Schwestern Susanne Helene (1753–1838), die ihm auch bei der Korrespondenz zur Hand geht, und mit Anna Catharina Charlotte (1752–1832) häuslich ein; baut sich sein Bibliothekszimmer wieder auf und kann sein Haus – wie schon zuvor in Pempelfort, wenn auch nicht in so ausgedehnter Art und Weise wie dort – erneut zu einem gastlichen Treffpunkt vieler Wissenschaftler, Gelehrter und Freunde werden lassen. Zu den Besuchern im Jacobischen Hause zählen beispielsweise 1799 Christoph Heinrich Pfaff (1773–1852) und im Jahr 1800 Karl Leonhard Reinhold (1757–1823), Carl Gustav Brinckmann (1764–1847), Heinrich Wilhelm von Gerstenberg (1737–1823), Dorothea Rodde-Schlözer (1770–1825), Jens Immanuel Baggesen (1764–1826) mit seiner Frau, Johann Friedrich Kleuker (1749–1827), Margaretha Elisabeth Reimarus, genannt Elise (1735–1805) sowie Piter Poel (1760–1837). Goethe allerdings kommt, trotz mehrfacher Einladungen, nicht zu Besuch. Erst 1805 sehen sich beide wieder, als Jacobi Eutin für immer verlässt und auf der Reise nach München ist. 


Jacobi pflegt zu vielen französischen Emigranten Kontakt. Einige von ­ihnen wohnen unmittelbar in seinem Umfeld, andere wiederum hat er bei seinen Freunden, der Familie von Reventlow, untergebracht und so kommt es zu Besuchen von Charles de Vanderbourg (1765–1827), Antoine Chrysostôme Quatremère de Quincy (1755–1849), Mathieu Dumas (1753–1837) und Charles François Dominique de Villers (1765–1815) in seinem Hause.


Er kann sich in diesen Jahren auch am Besuch seiner Kinder erfreuen: Seine einzige Tochter Clara von Clermont (1777–1849) kommt für einige Wochen; sein Sohn Maximilian (1775–1858) zieht mit seiner Frau, einer Tochter von Matthias Claudius, wieder in seine Nähe und lässt sich als Arzt nieder. 


Sorgen bereiten ihm jedoch seine eigenen finanziellen Verhältnisse: Sein ältester Sohn Johann Friedrich (1765–1831) der von 1795 bis 1797 zwischenzeitlich in Braunschweig, dann aber wieder in Vaels wohnte, einem Ort, in dem ­Jacobi sein Vermögen angelegt hat, berichtet über die immer weniger werdenden pekuniären Mittel.


Der Band enthält neben den großen philosophischen und literarischen Fragestellungen, denen sich Jacobi widmet, auch wieder viele Informationen, die von lokalhistorischem Interesse sind und ihn, wie auch seine Briefpartner und Briefpartnerinnen, näher beleuchten. Insofern ist dieser Briefwechsel nicht nur für Philosophen, die sich mit Jacobi, der Aufklärung und der Klassischen Deutschen Philosophie näher und detailgetreu befassen, von Belang, sondern ebenso von Interesse für Historiker, Literatur- und Regionalwissenschaftler. 


Jacobis Kontakte erweitern sich und erneut kommen für die beiden Jahre neue Briefpartner hinzu: Ab 1799 ist es beispielsweise Heinrich Wilhelm von Gerstenberg, ab 1800 sind es Friedrich Ludewig Bouterwek (1766–1828), Carl Gustav Brinckmann, Friedrich Levin Graf von Holmer (1741–1806) und ­Johann Friedrich Köppen (1775–1858). 


Den zahlenmäßigen Hauptanteil nehmen die Briefe ein, die zwischen Karl Leonhard Reinhold, Johann Gottlieb Fichte (1762–1814), Jens Immanuel Baggesen sowie Johann Paul Friedrich Richter (Jean Paul, 1763–1825) und Jacobi ausgetauscht worden sind. Hier zeigt sich zugleich der Schwerpunkt seiner Beschäftigung: Erneut nimmt Jacobi seine philosophischen Arbeiten auf – Kant-Studien werden wieder aktuell und die Beschäftigung mit Fichtes Denken, der wegen des sogenannten Atheismusstreits die Universität Jena verlassen muss, nimmt zu. Als Produkt der Auseinandersetzungen schreibt Jacobi seinen viel beachteten Brief an Fichte, der schon vor der Publikation unter der Überschrift Jacobi an Fichte (Hamburg: Perthes 1799) intern unter Bekannten und Freunden wahrgenommen wird. Jacobi bereitet seine große Kant-Kritik vor, die unter dem Titel Ueber das Unternehmen des Kriticismus, die Vernunft zu Verstande zu bringen, und der Philosophie überhaupt eine neue Absicht zu geben (Hamburg: Perthes 1801) und erneut im dritten Heft der 1802 erschienenen Beyträge zur leichtern Uebersicht des Zustandes der Philosophie beym Anfange des 19. Jahrhunderts, herausgegeben von Reinhold, ebenfalls bei Perthes in Hamburg zum Druck gelangt. Darüber hinaus verfasst Jacobi die Vorrede für ein Ueberflüßiges Taschenbuch für das Jahr 1800 (Hamburg: Perthes 1799), das sein Bruder 
Johann Georg Jacobi (1740–1814) herausgibt.


Zu Friedrich Christoph Perthes, dem jungen, außerordentlich interessierten Verleger, entwickelt er ein herzliches und freundschaftliches Verhältnis und in ihm findet er nicht nur den Verleger seiner Schriften, sondern auch ­einen Mann, der ihn über Neuerscheinungen informiert und ihm einzelne Titel ­besorgt.


Ein Ereignis erschüttert Jacobi zutiefst: die Konversion des in seiner unmittelbaren Nachbarschaft in Eutin lebenden Grafen Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg (1750–1819) zum Katholizismus. Kennengelernt hatten sich Jacobi und Stolberg auf der Durchreise des Grafen im Sommer 1791 in Pempfelfort bei Düsseldorf. Die Reise ging dann weiter über die Schweiz und Italien, wohin Stolberg u. a. auch Jacobis Sohn Georg Arnold Jacobi mitgenommen hat. Nun jedoch erhalten die bisherigen guten Beziehungen einen Riss und Jacobi geht, um nicht mit Stolberg in Kontakt treten zu müssen, für einige Wochen nach Hamburg. Er zieht erst nach Eutin zurück, als sein Nachbar nicht mehr in Eutin wohnt. Stolberg, der um Entlassung aus seinem Amt gebeten hatte, da dieses nicht mit seiner Glaubensrichtung vereinbar war, zieht mit seiner Familie nach Münster. 


Reisen hat Jacobi während dieser beiden Jahre nur kurzzeitig unternommen, sie führten ihn nach Hamburg, Altona, Kiel, Tremsbüttel, Neumühlen, Emkendorf und Lübeck.


Kleinere Briefwechsel, wie diejenigen mit Franz Baader (1765–1841), Franz von Fürstenberg (1729–1810), Caroline Herder, geb. Flachsland (1750–1809), Friedrich Levin Graf von Holmer, Magdalena Pauli, geb. Poel (1757–1825), ­Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827) sowie mit Johann Heinrich Voß (1751–1826) und seiner Frau Ernestine, geb. Boie (1756–1834), runden den Band ab.


Im Band sind drei Abbildungen enthalten: der junge Hamburger Buchhändler Friedrich Christoph Perthes, gezeichnet mit Kreide von Philipp Otto Runge; ein Ölgemälde von Hellwag, auf dem die Straße zu sehen ist, in der Jacobi in Eutin gewohnt hat und eine zeitgenössische Radierung von Friedrich Carl Gröger aus dem Jahr 1800 mit dem Porträt Jacobis.


Abb. 1: Friedrich Christoph Perthes, 1799, gezeichnet von Philipp Otto Runge (1777–1810). 
Der Verbleib des ehemals in Essen in Privatbesitz befindlichen Porträts ist heute unbekannt.
 Abb. 1: Friedrich Christoph Perthes, 1799, gezeichnet von Philipp Otto Runge (1777–1810). 
Der Verbleib des ehemals in Essen in Privatbesitz befindlichen Porträts ist heute unbekannt.

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Heft 21 (2019)
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1867-7061

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