Direkt zum Inhalt | Direkt zur Navigation

Benutzerspezifische Werkzeuge
Anmelden
Bereiche

Zitelmann: zum Verwechseln ähnlich. Eine Klarstellung 


Klaus Martin Kopitz und Torsten Oltrogge sind bei ihren Recherchen zu Louis du Rieux1 auf einen Geheimrat Zitelmann gestoßen, damals Mitarbeiter an der preußischen Bundestagsgesandtschaft in Frankfurt a. M. und zuständig für die sogenannten ›Preßangelegenheiten‹. In dieser Eigenschaft hat er du Rieux auf dem Weg über dessen Chef Metzel einen Auftrag für die in Wiesbaden erscheinende Nassauische Landeszeitung verschafft.


Bei dem Versuch, diesen Geheimrat Zitelmann näher zu identifizieren, haben Kopitz und Oltrogge einen Geheimrat Otto Konrad Zitelmann gefunden, der von 1814 bis 1889 gelebt hat. So haben sie dann den in den Akten genannten Geheimrat Zitelmann mit diesen gefundenen Vornamen und Lebensdaten versehen. Was sie nicht wussten: Es gibt zwei Geheimräte Zitelmann, beide Juristen, beide in Stettin geboren, der eine 1814, der andere 1816, der letztere mit den Vornamen Carl (auch: Karl) Ludwig und den Lebensdaten 1816–1898. Und dieser letzte ist es, den die benutzten Akten nennen.


Da diese Verwechslung nicht zum ersten Mal vorkommt, ist es an der Zeit, genauere Auskunft über diese beiden Geheimräte zu geben:


Otto Konrad Zitelmann, bei Kopitz/Oltrogge fälschlich für den u. a. für die Presse zuständigen gehalten, war – wenn auch fast sein ganzes Leben in der Provinz ansässig und beschäftigt – ein durchaus interessanter Mann. Nach dem Abitur 1833 in Stettin studierte er in Heidelberg, München, Bonn und Berlin Jura. Danach ging er zurück nach Stettin, legte dort 1840 sein Assessorexamen ab, war danach wenige Monate in Berlin tätig, um nach einer kurzen Zwischenstation in Stargard i. P. auf eigenen Wunsch in den Dienst der Regierung in Stettin zu treten. 1841 wurde er Regierungsrat, 1868 Geheimer Regierungsrat. Otto Konrad Zitelmann war ein liberaler, freier Geist, durchaus staatstreu, dennoch ein leidenschaftlicher Gegner der preußischen Staatsführung. Als Anhänger der freiheitlichen Ideen der Bewegung von 1848 kandidierte er bei der Wahl zur Frankfurter Nationalversammlung, unterlag aber Ludwig Giesebrecht, mit dem er über seine Schwester entfernt verwandt war. Er war, wie viele seiner Zeit, bereit, für seine Überzeugungen einzustehen und auch Opfer zu bringen. So wies er einen ihm verliehenen preußischen Orden zurück und musste seinen Abschied nehmen. Jahre später, in der liberalen Ära Patow, wurde er ›mit allen Ehren‹ zurückgeholt. In der Zwischenzeit war er maßgeblich an der Gründung der Lebensversicherung Germania in Stettin ­beteiligt, die er vier Jahre als Direktor leitete.


Unter dem Pseudonym Konrad Ernst war er auch schriftstellerisch tätig. Seine Bücher wurden zu seiner Zeit viel gelesen. Um 1877 schrieb er den Text für das Oratorium Otto der Große, vertont von C. Adolf Lorenz, dem Nachfolger Löwes in Stettin. Otto Konrad Zitelmann ist der Vater des bis heute berühmten Juristen Ernst Zitelmann (1852–1923), Professor an und zweimaliger Rektor der Universität Bonn, und der in ihrer Zeit sehr bekannten Schriftstellerin und Weltreisenden Katharina Zitelmann (1844–1926).


Carl Ludwig Zitelmann, der andere und im Zusammenhang mit du Rieux korrekte Geheimrat, ein entfernter Vetter des oben Charakterisierten, verließ nach seinem Jurastudium in Bonn und Berlin, nach Referen­darzeit und anfänglicher Tätigkeit als Regierungsassessor in Stettin 1851 seine Heimatstadt, um an der preußischen Bundestagsgesandtschaft in Frankfurt a. M. bei Bismarck zu arbeiten, vor allem zuständig für die Pressearbeit. Hier wurde er auch als Vertreter Preußens bei den Beratungen über ein Bundespressegesetz benannt. Nach einem Zwischenspiel bei der Regierung in Frankfurt a. d. O. (1859–1862) arbeitete er wieder bei Bismarck, nun in Berlin. Auch hier wurden ihm die ›Preßsachen‹ anvertraut, er stellte aber u. a. auch für Bismarck den Kontakt zu Lassalle her. Er war, so kann man sagen, ein enger Vertrauter Bismarcks.


1854 (noch in Frankfurt a. M.) wurde er Regierungsrat, 1864 Geheimer Regierungsrat, 1867 Vortragender Rat im Staatsministerium. Bereits 1865 hatte er das Amt des Kurators des Preußischen Staatsanzeigers übernommen. 1878 trat er in den Ruhestand.


Carl Ludwig Zitelmann war sowohl literarisch als auch historisch interessiert und engagiert. Sein Interesse an und seine Beschäftigung mit statistischen Fragen hat wesentlich zur Entwicklung der Statistik in Preußen beigetragen. Er war befreundet mit Theodor Fontane und Mitglied in dem oft beschriebenen ›Kränzchen‹, das sich regelmäßig in Berlin traf.


1898, im Januar, ist Carl Ludwig Zitelmann in Berlin gestorben, wenige Monate vor Bismarck (Juli) und Fontane (September).


  1. 1»Ein Dichter namens Louis du Rieux und Schumanns ›Märchenbilder‹ op 113. Annäherungen an einen geheimnisvollen Verehrer des Komponisten«, in Denkströme 11 (2013), S. 112–140.
loading ....
Artikel Navigation
Heft 13 (2014)
Beiträge Diskussionen Berichte & Notizen
Footer - Zusätzliche Informationen

Logo der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Sächsische Akademie
der Wissenschaften

ISSN:
1867-7061

Alle Artikel sind lizensiert unter:
Creative Commons BY-NC-ND

Gültiges CSS 2.1
Gültiges XHTML 1.1