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Christiane Apitzsch (1806–1838), Robert Schumanns Geliebte ›Charitas‹

Eine Identifizierung


1.


Im Sommer 1830 traf der 20-jährige Robert Schumann die wichtigste Entscheidung seines Lebens. Er brach sein Jura-Studium in Heidelberg ab, um sich in Leipzig, wo er bereits 1828/29 gelebt und studiert hatte, auf den Beruf des Musikers vorzubereiten. Am 30. Juli bat er seine Mutter um deren Einwilligung, die sich daraufhin an Friedrich Wieck (1785–1873) wandte, der am 9. August umgehend versprach, den jungen Mann »binnen 3 Jahren zu einem der größten jetzt lebenden Klavierspieler zu bilden«.1 Wieck wusste, wovon er sprach, stand doch seine damals 11-jährige Tochter Clara (1819–1896), die er selbst unterrichtete, kurz vor einer großen Karriere als international gefeierte Pianistin. Bei Schumann versagten seine Fähigkeiten letztlich, er wurde Komponist, kein Pianist, doch der Unterricht bei Wieck und die Diskussionen mit ihm beförderten das schumannsche Schaffen auf äußerst fruchtbare Weise.


Am Donnerstag, den 14. Oktober, traf Schumann wieder in Leipzig ein, wo er zunächst ein provisorisches Quartier bei »Beer« bezog,2 möglicherweise bei Marie Therese Beer, einer Mitarbeiterin der Ratsfreischule, deren Wohnung sich in der Schulgasse befand.3

Friedrich Wieck wohnte mit seiner Familie in der Reichsstraße Nr. 579, an der Ecke Grimmaische Gasse,4 einem imposanten Gebäu
de,5 das damals Viktor Julius von Bülow (1795–1832) gehörte,6 ab 1835 dem Kaufmann Peter Daniel Ludwig Sellier.7 An der Stelle des 1907 abgerissenen Hauses befindet sich heute der Handelshof. 


Zufällig waren dort gerade zwei Zimmer frei, die Schumann sogleich für etwa ein Jahr bezog. In Claras Jugendtagebuch, das ihr Vater für sie angelegt hatte, findet sich die Notiz: »Herr Schumann aus Zwickau ist d. 16. October zu uns gezogen in die beiden Stuben nach der Reichsstraße heraus.«8

Nach den baupolizeilichen Akten im Stadtarchiv Leipzig hatte das Haus vier Etagen mit jeweils vier Wohnungen, die auf einem Grundriss von 1844 (vgl. Abb. 1) mit A, B, C und D bezeichnet sind.9 Wiecks Wohnung dürfte eine der großen, attraktiven Eckwohnungen B gewesen sein, bestehend aus Vorsaal (Flur), Alkoven (Bettnische), vier Stuben (davon ein großes Eckzimmer mit vier Fenstern), einem Durchgang, einer Kammer, einem kleinen ›Cabinet‹, einer Küche, einer Speise- und einer Mädchenkammer. Die Küche sowie die Mädchenkammer verfügten, wie damals üblich, über separate Eingänge, sodass das Dienstpersonal die Wohnung nicht durch den Vorsaal betreten musste. Welche zwei Zimmer Schumann bewohnte, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Vermutlich waren es das ›Cabinet‹ und die daneben liegende größere Stube.


Schumann verdankt Wieck sehr viel, nicht zuletzt kam er durch ihn auf gleichsam natürliche Weise in immer engere Beziehung zu Clara, dem pianistischen Wunderkind, mit dem sich Schumann am 12. September 1840 trauen ließ.


Abb. 1: Grundriss der Wohnung Friedrich Wiecks in Leipzig, Reichsstraße Nr. 579 (1844); Leipzig, Stadtarchiv, Bauakten, Nr. 3711, fol. 35 (Ausschnitt). Abb. 1: Grundriss der Wohnung Friedrich Wiecks in Leipzig, Reichsstraße Nr. 579 (1844); Leipzig, Stadtarchiv, Bauakten, Nr. 3711, fol. 35 (Ausschnitt).

Schumann »La faneuse«, die Heuarbeiterin, nannte.10 Diese Frauengeschichten mögen ein Grund gewesen sein, warum Wieck vorübergehend alles unternahm, um die sich anbahnende Ehe seiner Tochter mit dem Komponisten zu verhindern.


2.


In den Tagebüchern ist vor allem von einer Geliebten namens Christel die Rede, der Schumann den Davidsbündlernamen ›Charitas‹ gab, einen lateinischen Begriff für Nächstenliebe, Hochachtung und Wohltätigkeit,11 der auch als weiblicher Vorname eine gewisse Verbreitung erfuhr. Obwohl Schumann von 1830/31 bis Ende 1837 mit Christel verkehrte und beide offenbar ein gemeinsames Kind hatten, kursieren über sie bislang nur vage Spekulationen und die Vermutung, sie sei ein ›leichtes Mädchen‹ gewesen. Arnfried Edler spricht unumwunden über »Schumanns zeitweilige Geliebte, die Prostituierte Christel«,12 als sei dies eine Tatsache. Peter Härtling bezeichnet sie in seinem Roman Schumanns Schatten etwas freundlicher als Kellnerin in Schumanns Lieblingslokal, dem ›Kaffeebaum‹, und stilisiert sie zu einer Art Naturereignis. Das liest sich bei ihm wie folgt:


Kaum ist er in die Grimmaische Straße eingezogen, hat seinen Unterricht, sein Klavierstudium bei Wieck aufgenommen, die alten Freunde alarmiert und die ­alten Knillitäten wieder auszukosten begonnen, da taucht sie auf, eine mit Namen versehene Spur im Tagebuch, ein Geschöpf ohne Herkunft. Wo kommt sie her, aus welchem Haus in der Stadt, aus welcher Straße? Sie besucht ihn, nie er sie.


Sie muß atemlos erschienen sein und ihn überrumpelt haben; anders als alle die anderen jungen Frauen, mit denen er getanzt, die er geküßt und angebetet hat, für längere oder kürzere Zeit. Vielleicht ist sie älter als er; vielleicht aber auch nur wacher, durchtriebener und ihrer Sinnlichkeit gewiß. Eine, die sich die Freiheit nimmt, zu besitzen und zu verlieren, die auf Dauer gar nicht lieben kann, aber dauerhafte Verletzungen hinterläßt. Christel nennt er sie.13


Auf nicht ganz so hohem literarischen Niveau bewegt sich Andreas Stammkötters Leipzig-Krimi Am Ende des Klanges,14 in dem sie den Namen Christel Wiesen trägt und einen Nachkommen namens Knut hat, einen Jura­studenten, der verständlicherweise auch Schumanns Nachkomme ist und einen unbekannten Liebesbrief des Komponisten an Christel besitzt. Er wird eines Tages tot aufgefunden, sein Freund Jochen wird ermordet, und nebenbei erfährt der Leser manches über Schumann und dessen Geliebte. Einiges entspringt natürlich der Fantasie des Autors, darunter der Inhalt jenes Briefs, um den sich alles dreht.


Doch zurück zu den historisch verbürgten Quellen. Schumann fixierte am 9. Juli 1831 eine Szene, in der Christel im Hause Wiecks neben Clara stand, was für eine sich prostituierende Kellnerin eher unwahrscheinlich ist. Unwahrscheinlich ist auch, dass sie eine von Wiecks Schülerinnen war. Darauf macht der Schumann-Biograf John Worthen aufmerksam: »Who Christel was, however, is unknown; not even her full name has come down to us. The suggestion that she was a student of Wieck can be ruled out«. Er folgert: »The only explanation for Christel’s presence, at all hours of the day and night, in the Wieck’s apartement and in Schumann’s rooms, is that she was working as a servant or maid, though she could clearly read.«15

Weitere Eintragungen aus Schumanns Tagebüchern wie auch der vorliegende Versuch einer Identifizierung machen es annähernd zur Gewissheit: ›Charitas‹ war offensichtlich eine Zeitlang das Dienstmädchen der Familie 
Wieck.


3.


Über den Beginn der Affäre ist nichts bekannt, da Schumanns Tagebücher von Oktober 1830 bis zum 10. Mai 1831 verloren gingen – oder von Schumanns Angehörigen vernichtet wurden. Worthen hält ihr Fehlen nicht für einen Zufall, »its absence may not be an accident«.16

Von den danach erhaltenen Aufzeichnungen sind gleich die ersten Notizen von etwas delikater Natur, denn Schumann scheint sich durch Christel eine Wunde am Glied zugezogen zu haben, die er von einem Freund, dem Medizinstudenten Christian Gottlob Glock, behandeln ließ. Am 12. Mai notierte er: »Nachmittag Chr.[istel] blaß – Mittheilungen – nur Schuld gebiert die Nemesis«. Am 13. Mai folgt der Eintrag: »um 4 Glock mit der Chr.[istel] – Entdeckungen – ich in der Kammer – sehr wenig Schmerzen, im Geist ungemein frisch u. scharf. – Verband – dann zu«.17 Mit der »Kammer« wird die Mädchenkammer der Wieckschen Wohnung gemeint sein. Etwas ›romantischer‹ fällt eine Notiz vom Abend des 25. Mai aus: »Um 10 Uhr nach Haus – dann ­
Chr.[istel] u. Altane vorne – – – – Mondschein – die Wunde leidlich.« Am 
4. Juni: »Glock. Das Frenulum gebissen von Narzissenwasser.«18 Wie aus anderen Einträgen hervorgeht, war die Wunde sehr schmerzhaft. 


An seinem 21. Geburtstag, am 8. Juni, vermerkte er schließlich: »Von heute an will ich meinen Freunden schönere, passendere Namen geben. Ich tauf’ Euch daher folgendermaßen: Wieck zum Meister Raro – Clara [Wieck] zur Cilia – Christel zur Charitas«. Es folgen die Namen von acht weiteren Freunden.19 Vom 10. bis 14. Juni unternahm er eine kurze Reise in seine Heimatstadt Zwickau, wo er offiziell für mündig erklärt wurde und den Rest des väterlichen Erbes erhielt.20 Am 15. Juni, zurück in Leipzig, war die Wunde so gut wie verheilt: »Abends Charitas mit dem Geschenk [zum Geburtstag] u. mein Dank – 
Einmal de novo«. Am 16. Juni: »Charitas zum zweitenm.[al] de novo – Angst u. wenig Vergnügen«.21

Bezeichnend ist der bereits erwähnte Eintrag vom 9. Juli: 


Zilia [Clara Wieck] war krank gestern; der Meister [Friedrich Wieck] unzufrieden und wenig liebenswürdig. In Gräfs Garten saß Jettchen [Henriette Wieck] unter andern; ich drückte mich ohne Schaden u. mit einem Compliment nach Haus u. zu Zilia, die ich traf. Hoffmann’s Erzählungen waren zu lang zum Vorlesen, darum nahmen wir Mährchen. Es fehlte aber der Herzenskitt. Charitas war auch zugegen u. stand hinter dem Stuhl.22

Am 13. Juli fand wieder ein heimliches Treffen statt: »Abends kam vollends Charitas <u. verblutete sich>.« Am 22. Juli traf man sich zur Abwechslung in einer Weinschenke: »Abends ging ich mit Allwin [Wieck] zu Gräf’s u. Mantel. Ich hatte Lust, mancherley zu trinken, rettete mich aber glüklich. <Dann kam Charitas, fast wie mit eine Italienen[?]>«.23

4.


Anfang Oktober 1831 verließ Schumann sein Domizil bei Wieck in der Reichsstraße Nr. 579, möglicherweise wegen bevorstehenden Familienzuwachses. Wiecks zweite Frau Clementine geb. Fechner (1805–1893) war schwanger und brachte am 17. Januar 1832 die Tochter Marie (1832–1916) zur Welt. Rück­blickend sprach Schumann gegenüber der Mutter »von der kalten, leeren Stube bei Wieck, in der es fast vornehm-bettelhaft aussah«.24 Er bewohnte von nun an zwei Zimmer in Rudolphs Garten in der Petersvorstadt, unweit der Pleißenburg, an deren Stelle sich heute das Neue Rathaus befindet.


Am 13. Oktober 1831, kurz nach dem Umzug, notierte er: »Charitas war einmal im neuen Gemach. Die war sehr lieb u. scheint gefesselt.« Wie eng die Beziehung des Paares noch immer war, dokumentiert Schumanns Eintrag vom 31. November: »Libe[r] Robert – nennt dich denn weiter Niemand so, als deine Charitas. Die war gestern da, voller Feuer u. Flamme; getrunken wurde viel, namentlich Madeira.«25 Mit »Libe Robert« zitiert Schumann vermutlich die Anrede eines an ihn gerichteten Briefs, was erkennen lässt, dass Christel trotz ihrer niederen Herkunft eine Schule besucht hatte und keine Analphabetin war.


Am 9. Mai 1832 heißt es: »Sinnliche Anregung am ganzen Tag, aber Unterdrücken. Charitas ist schon seit 9 Tagen weggeblieben.« Einige Tage später, am 
22. Mai, als der Bruder Carl Schumann (1801–1849) in Leipzig war, überraschte dessen zweieinhalbjährige Tochter Rosalie (1829–1897) das Liebespaar: »Früh Charitas – u. Rosalie [Schumann] kommt. Verlegenheit. Himmlischer Himmel!«26 Die Notizen über die Geliebte, die hier nicht vollständig zitiert sind, enden vorläufig am 13. Juni 1832: »Clara [Wieck] ist herzlieb. Charitas kommt heute«.27

5.


In den folgenden vier Jahren führte Schumann nur noch sporadisch Tagebuch, sodass unklar ist, bis wann er die Beziehung fortsetzte. 1834 bis 1835 stand seine Verlobte Ernestine von Fricken im Mittelpunkt, anschließend erwachte seine Zuneigung zu Clara Wieck. Im Februar 1836 erfuhr ihr Vater von Schumanns heimlichen Treffen mit Clara und drohte, ihn zu erschießen, wenn er noch einmal wagen sollte, Kontakt mit ihr aufzunehmen.28 Das führte dazu, dass Robert sie längere Zeit weder sehen noch sprechen konnte. Lediglich über den Freund Ernst Adolph Becker (1798–1874) war noch ein Austausch von Informationen möglich. Am 9. September 1837 kam es nach langer Trennung zu einem Wiedersehen.


In den Monaten dazwischen, wohl schon im März 1836, erneuerte Schumann die Beziehung mit Christel. Zwei Jahre später, während seines Aufenthalts in Wien, trug er wichtige Ereignisse aus den Jahren davor nach und erinnerte sich: »Trübes Jahr 1836 – Trüber Sommer – Aus der Halle’schen Gasse zu Mad. [Johanna Christiana] Devrient gezogen – Charitas vorgesucht und Folgen davon im Januar 1837«.29 Christel war demnach umgezogen, und Schumann musste zunächst ihre neue Adresse in Erfahrung bringen. Was für »Folgen« gemeint sind, erhellen zwei weitere Notizen. 


Die erste Notiz bezieht sich auf einen nicht erhaltenen Brief von Schumanns engster Vertrauter, der Kaufmannsgattin Henriette Voigt (1808–1839), die er ›Eleonore‹ nannte. Sie stammt vom 4. Oktober 1836 und lautet: »Brief von Eleonoren mit Hoffnungen, von denen ich nichts wissen mag.«30 Schumann war in dieser Zeit oft bei ihr, noch am Tag zuvor hatte er sie zusammen mit dem französischen Pianisten und Komponisten Camille Stamaty (1811–1870) besucht. »Schumann u Stamaty hier – tolles Zeug gemacht«, hatte sie in ihrem eigenen Tagebuch notiert.31 Zu dem Brief findet sich bei ihr leider keine Notiz. Die Redewendung »guter Hoffnung sein« ist noch heute gebräuchlich und begreiflich, dass Schumann davon »nichts wissen« mochte. Vier Tage später heißt es dann: »Abends Charitas aufgesucht.«32 Anschließend betrank er sich mit Ernst Gotthold Benjamin Pfundt (1806–1871), einem Neffen von Friedrich Wieck, mit dem er noch »viel im Dusel« sprach.


Abb. 2: Robert Schumanns Notiz zur Geburt seiner unehelichen Tochter, Anfang Januar 1837, unten: »Ein Mägdlein. (a. 5ten, glaub’ ich)«; © Zwickau, Robert-Schumann-Haus, 4871,VII,A,5–A3. Abb. 2: Robert Schumanns Notiz zur Geburt seiner unehelichen Tochter, Anfang Januar 1837, unten: »Ein Mägdlein. (a. 5ten, glaub’ ich)«; © Zwickau, Robert-Schumann-Haus, 4871,VII,A,5–A3.

Die zweite Notiz erfolgte zwischen dem 4. und 18. Januar 1837: »Ein Mägdlein. (a. 5ten, glaub’ ich)«33 (vgl. Abb. 2). Darauf nimmt wahrscheinlich auch Henriette Voigt mit ihrem Tagebucheintrag vom 5. Januar 1837 Bezug: »Abends alleine hier. Billet v. Schumann.«34 Es ist denkbar, dass Schumann mit dieser verschollenen Mitteilung die Geburt von Christels Tochter meldete – oder auf eine entsprechende Mitteilung von Henriette Voigt reagierte.


Anscheinend hatte Schumann keine Zweifel, der Vater des Kindes zu sein, zumal er Christel Ende des Jahres kleinere Geldgeschenke machte. Das würde bedeuten, dass er die Beziehungen mit ihr spätestens im März oder April 1836 wieder aufgenommen hatte, neun Monate vor der Geburt ihrer Tochter, nicht erst im Sommer, wie es das Tagebuch suggeriert. Später sahen sich beide wohl nur noch selten, denn als er durch Henriette Voigt von ihrer Schwangerschaft erfuhr, war sie bereits im sechsten Monat. Am 18. November 1837 gab er dann »C. zum Geschenk« 2 Taler, am 27. Dezember, während oder nach einem Besuch im Hotel und Gasthof ›Zum grünen Schild‹ in der Großen Fleischergasse Nr. 304/21, erhielt »Charitas zu Weihnacht« weitere 2 Taler.35 Danach taucht sie in Schumanns Aufzeichnungen nicht mehr auf.


6.


Wenn es zutrifft, dass ›Charitas‹ alias Christel Anfang Januar 1837 eine Tochter zur Welt brachte, dann wurde die Geburt zweifellos registriert, sodass sich Schumanns Geliebte auf diese Weise identifizieren lässt. Natürlich kann es sich dabei nur um einen Indizienbeweis handeln, der zudem davon ausgeht, dass das Kind in Leipzig geboren und in den dortigen Kirchenbüchern registriert wurde. Für diese Annahme gibt es aber gute Gründe: Warum sollte ein Leipziger Dienstmädchen ihr uneheliches Kind in einem der umliegenden Dörfer zur Welt bringen, wo sie als alleinstehende Schwangere sofort aufgefallen wäre und auf Hilfe allenfalls rechnen konnte, wenn sie dort Freunde oder Bekannte gehabt hätte?


Leipzig hatte vier Kirchen, in denen Taufen vorgenommen wurden: die evangelische Thomaskirche, die evangelische Nikolaikirche, die evangelisch-reformierte Kirche (Hugenotten) und die katholische Kirche. Aufgrund von Schumanns eigener Angabe, das Kind sei um den 5. Januar 1837 geboren, mag es genügen, die zwischen dem 1. und 15. Januar 1837 in Leipzig geborenen unehelichen Mädchen aufzulisten. In der evangelisch-reformierten sowie in der katholischen Kirche wurden in diesem Zeitraum keine Kinder getauft,36 sodass nur die Taufbücher der Thomas- und der Nikolaikirche zu berücksichtigen sind. Zu beachten ist noch: In der Nikolaikirche wurden unehelich geborene Mädchen mit dem lateinischen Begriff ›Spuria‹ bezeichnet, uneheliche Knaben als ›Spurius‹. Dagegen vermerkte der Pfarrer der Thomaskirche in diesem Fall unter ›Vater‹ nicht einfach einen Namen, sondern schrieb davor: ›angegeben ist‹. Das hieß wohl auch, dass dieser oft nicht zur Taufe erschien. So musste der Pfarrer sich auf die Angaben der Mutter des Täuflings verlassen. Ob sie zutrafen, konnte er nicht überprüfen.


Insgesamt wurden vom 1. bis 15. Januar 1837 in Leipzig sieben uneheliche Mädchen geboren:


* Ob Christian Apitzsch mit Johanne Christiane Apitzsch verwandt war, ließ sich nicht feststellen.
KircheGeburts- bzw. TauftagName des 
KindesMutterVater 
(angegeben)
St. Thomas1./8.Theresia Amalia AgnesTheresia Pauline Trödler, Tochter eines SoldatenJohann Gottlob Schaaf, 
Schriftsetzer
St. Nikolai2./2.Johanna Auguste PaulineJohanna Christiana Scheffler, Tierarzttochter aus KitzenCarl Weiße, 
Tapeziergeselle
St. Thomas2./6.Louise ErnestineJohanne Christiane Apitzsch, Tochter eines Fischers aus WehlitzDavid Veit, 
Hausmann
St. Thomas5./15.Albertine Theresie ClaraCaroline Friederike Freisdorf, Tochter eines Musikers aus LeipzigCarl Julius Becker, Täschnergeselle
St. Nikolai5./5.Anna Christiana ErdmutheJohanna Dorothea Erdmuthe Schubert, Tochter eines SchneidergesellenChristian Apitzsch,* 
Schneidergeselle
St. Nikolai14./14.Maria Sophia AgnesJohanna Sophia Biehler, Tochter eines Steueraufsehers aus ZörbigCarl Enders, 
Maurergeselle
St. Nikolai15./15.Johanna Maria LouiseMaria Christiana Friederike Mehrde, Tochter eines Bäckers aus LeipzigJohann Gottfried Reichardt, 
Mechanikus

* Ob Christian Apitzsch mit Johanne Christiane Apitzsch verwandt war, ließ sich nicht feststellen.

Da Schumann seine Geliebte Christel nannte – eine Koseform von Christina oder Christiane –, müssen vermutlich nur drei Frauen in die engere Wahl gezogen werden: Johanna Christiana Scheffler, Johanne Christiane Apitzsch und Maria Christiana Friederike Mehrde. Davon kann die Letzte ebenfalls ausgeschlossen werden, da ihre Tochter gewissermaßen zu spät zur Welt kam: Schumann wird sich beim Geburtsdatum des Kindes nicht um ganze zehn Tage geirrt haben. Wie sich nachweisen ließ, machte Johanna Christiana Scheffler zudem korrekte Angaben zum Vater ihres Kindes, sodass nur Eine übrig bleibt: Johanne Christiane Apitzsch. Sie muss sich im Übrigen in äußerst schwierigen finanziellen und persönlichen Verhältnissen befunden haben, denn sie brachte ihr Kind nicht – wie damals üblich – zu Hause zur Welt, sondern im städtischen Jacobshospital, war mithin so arm, dass sie nicht das Geld für eine Hebamme aufbringen konnte, auch niemanden kannte oder ansprechen mochte, der bereit und in der Lage gewesen wäre, diese Kosten zu übernehmen. Dass dies äußerst selten vorkam, lässt sich daran ablesen, dass sie 1837 die einzige Frau überhaupt war, die ihr Kind im Jacobshospital gebar.


Das im Nordwesten der Stadt ans Rosental angrenzende Jacobshospital (vgl. Abb. 3), ein Vorläufer des heutigen Universitätsklinikums,37 behandelte vornehmlich unvermögende Kranke, insbesondere 


1) verarmte oder in Verfall gekommene Bürger und Einwohner aus allen Ständen und Gewerben, nebst ihren Angehörigen; 2) freund- und hilflose Fremde, die der Handel, besonders in den Messen, hieher führt; 3) Studirende, Handlungsdiener, Handwerksgesellen und Lehrburschen; 4) Dienstboten beiderlei Geschlechts; 
5) verwahrlosete und verwaisete Kinder; 6) Personen, die mit unreinen Krankheiten behaftet sind; 7) Vagabunden und Gefangene, die während der gerichtlichen Untersuchung erkranken; hierzu kommen noch öfters, obgleich ausnahmsweise, 8) Wöchnerinnen und Geisteskranke.38

Das vorbildlich ausgestattete Krankenhaus wurde damals von dem Universitätsprofessor Johann Christian August Clarus (1774–1854) geleitet, bekannt durch sein Gutachten über Die Zurechnungsfähigkeit des Mörders J. C. Woyzeck, die Inspirationsquelle für Georg Büchners berühmtes Drama. Es hatte »acht größere Säle und 27 Zimmer mit insgesamt 230 Betten« und war in einem Zustand, »daß insonderheit die erweiterten weiblichen Krankensäle von durchreisenden Aerzten, welche das Hospital besuchen, als eine Zierde desselben angesehen werden, da manche größere Städte dergleichen nicht besitzen.«39 Johann August Adler (1773–1850), damals Pfarrer der kleinen Anstaltskirche,40 nahm vermutlich auch die Eintragung zur Geburt des Kindes vor:


Abb. 3: Leipzig, Jacobshospital, vom Rosental aus gesehen, Aquarell von Heinrich Georg Drescher (1871); Leipzig, Stadtgeschichtliches Museum, Mü. VII/70 a. Abb. 3: Leipzig, Jacobshospital, vom Rosental aus gesehen, Aquarell von Heinrich Georg Drescher (1871); Leipzig, Stadtgeschichtliches Museum, Mü. VII/70 a.

Am 2 Jan. früh um 6 Uhr wurde im Jacobs Hospital ein unehel. Mädchen geboren, den 6 ejusd. getauft und erhielt den Namen: Louise Ernestine.41 Der Vater, David Veit,42 Hausmann allhier; die Mutter: Joh. Christiane Apitschin,43 Gottfried Apitzsch, Fischer in Welitz [sic] 1te Tochter. Hausnummer 44. Die Taufzeugen waren: 1., Aug. Heinrich Buchhardt, Einwohner. 2., Anna Therese Scherblerin, Einwohners alhier, Gottlob Scherbler, Acciseinnehmer in Naumburg 1te Tochter. 3., Adolphine Albertine Frankin, Bürgers u Hausbesitzers alhier 2te Tochter.44

Die Taufen der im Jacobhospital geborenen Kinder erfolgten zumeist in der Thomaskirche, so auch im Fall von Louise Ernestine Apitzsch.45 Der dortige Eintrag (vgl. Abb. 4) enthält einige zusätzliche Vermerke:


Abb. 4: Geburt von Ernestine Apitzsch am 2. 1. 1837; Leipzig, Kirchliches Archiv, Taufbuch St. Thomas 1837–1839. Abb. 4: Geburt von Ernestine Apitzsch am 2. 1. 1837; Leipzig, Kirchliches Archiv, Taufbuch St. Thomas 1837–1839. Abb. 4: Geburt von Ernestine Apitzsch am 2. 1. 1837; Leipzig, Kirchliches Archiv, Taufbuch St. Thomas 1837–1839.

[Tag und Stunde der Geburt:] d. Zweiten Januar, früh sechs Uhr. Im JacobsHospital.


[Tauftag:] d. Sechsten Januar.


[Taufname der Kinder:] Louise Ernestine sp.[uria] das Kind ist nach Wehlitz ­gehörig, lt. Polic. Act. Nr. 12468.


[Name und Stand des Vaters:] angegeben ist: David Veit, Hausmann.


[Name der Mutter:] Johanne Christ[ia]ne, Gottfr. Apitsch, Fischers in Wehlitz erste Tochter. 44.


[Name, Stand und Aufenthalt der Taufpathen:] 1., Aug. Heinr. Buchhardt, Einwohner hier. 2., Anna Theresia, Gottlob Scherblers, AccisEinnehmers in Naumburg Tochter. 3., Adolphine Albertine Franke, Hausbesitzers hier T.[ochter]


Die angeführte Polizeiakte, die in den einschlägigen Archiven nicht aufzufinden war, behandelte höchstwahrscheinlich die Vormundschaft und deutet darauf hin, dass das Kind bereits vor – oder kurz nach – der Taufe zu den Großeltern nach Wehlitz gebracht wurde, was verständlich wäre, da Christiane als alleinerziehende Mutter ansonsten kaum noch ihrer Tätigkeit als Dienstmädchen hätte nachgehen können. Nach den damaligen Gesetzen musste ­einem Kind, das keinen Vater hatte, ein Vormund zur Seite gestellt werden, wie ihn auch Schumann nach dem Tode seines Vaters erhielt. Ob die Mutter noch lebte, war dabei nebensächlich. Das lässt vermuten, dass es den als Vater angegebenen »David Veit« nicht gab oder die zuständige Behörde zumindest keine ­Informationen über ihn erhielt. Das Haus mit der Nummer 44, in dem Christiane zu dieser Zeit lebte, befand sich im Preußergässchen, die zwischen Petersstraße und Neumarkt verlief. Hausbesitzerin war 1837 eine Frau Franke,46 wohl die Mutter der dritten Taufpatin.


Umfangreiche Recherchen im Kirchlichen Archiv in Leipzig führten zu dem Schluss, dass der als Vater angegebene »David Veit« wohl tatsächlich eine Fantasiegestalt war. Eine Person dieses Namens ist in Leipzig weder geboren noch gestorben, hat dort nicht geheiratet und war auch nicht Vater eines anderen Kindes. Der Name taucht auch in den Leipziger Adressbüchern nicht auf, ebenso wenig in den handschriftlich überlieferten Bürgerbüchern. 


Da Christel sicherlich wusste, dass Schumann sie zum Kreis seiner Davidsbündler zählte, mag ihr die Idee gekommen sein, sich einen »David« als Vater ihrer Tochter zu erfinden. Der Name »Ernestine«, den sie für das Kind wählte, könnte wiederum eine Referenz an Schumanns zeitweilige Verlobte Ernestine von Fricken darstellen. Nicht zuletzt bietet die Berufsbezeichnung »Hausmann« einen Bezug zu Schumanns Leben, der bekanntlich zu Hause arbeitete, auch wenn er dort nicht gerade Hausarbeit im klassischen Sinne verrichtete.


Inwieweit auch die Wahl des Nachnamens »Veit« eine Bedeutung hatte, ist ungewiss. Immerhin gab es einen realen Mediziner David Veit (1771–1814), einen Neffen von Moses Mendelssohns Tochter Dorothea Schlegel (1764–1839), bekannt durch seinen Briefwechsel mit Rahel Varnhagen (1771–1833), der aber längst verstorben war. Vielleicht wollte sie mit »Veit« nur allgemein auf die jüdische Bankiersfamilie dieses Namens verweisen, die eng mit der damaligen Kulturelite verflochten war, in der bescheidenen Hoffnung, dass ihrem Kind dann mit einem gewissen Respekt begegnet würde. Weitere bekannte Mitglieder der Familie waren der Maler Philipp Veit (1793–1877), der zum Freundeskreis von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847) gehörte, und der Berliner Verleger Moritz Veit (1808–1864), der zu Beginn der 1830er Jahre den Berliner Musen­almanach herausgab, der vermutlich auch in Leipzig gelesen 
wurde.


7.


Durch die Angabe zum Geburtsort der Mutter des Kindes ließ sich auch deren Geburtsdatum ermitteln. Das fast 600 Jahre alte Rittergut Wehlitz liegt im Südwesten von Schkeuditz, direkt an der Weißen Elster, einem Nebenfluss der Saale. 1818 hatte der Ort 423 Einwohner, 1950 wurde er nach Schkeuditz eingemeindet.


Abb. 5: Schkeuditz-Wehlitz, Albanuskirche und Alte Schule, Foto: 2014, Axel Meißner.
 Abb. 5: Schkeuditz-Wehlitz, Albanuskirche und Alte Schule, Foto: 2014, Axel Meißner.


Dort wurde Johanne Christiane Apitzsch am 21. Juni 1806 um sechs Uhr abends geboren und am 24. Juni in der Wehlitzer Albanuskirche getauft (vgl. Abb. 5 und 6).47 Als Eltern sind »Johann Gottfried Abitsch« und »Johanna Sophia geb. Stangin« angegeben. Nach anderen Einträgen in den Wehlitzer Kirchenbüchern hieß ihr Vater korrekt Johann Gottfried Apitzsch, wurde 1782 geboren und war Fischer sowie Hausbesitzer in Wehlitz, wo er am 
9. Dezember 1846 im Alter von 64 Jahren starb. Ihre Mutter, 1779 geboren und somit drei Jahre älter, hatte er am 24. Februar 1805 in Großdölzig geheiratet, ­einem Rittergut, das heute ebenfalls zu Schkeuditz gehört. Sie starb bereits am 17. November 1839 im Alter von 60 Jahren. Insgesamt hatte das Paar neun Kinder:


1. Johann Christoph Samuel (* 16. Juni 1805 Wehlitz, † 9. August 1805 ebd.),


2. Johanne Christiane (* 21. Juni 1806 Wehlitz, † 11. Februar 1838 Leipzig),


3. Johanna Sophia (* 15. Mai 1808 Wehlitz, † unbekannt),


4. Johann Karl Friedrich (* 25. März 1810 Wehlitz, † 20. Juli 1810 ebd.),


5. Johann Gottfried (* 30. Juli 1811 Wehlitz, † unbekannt),


6. Marie Sophie Rosine (* 9. Juli 1814 Wehlitz, † unbekannt),


7. Marie Regine (* 17. August 1816 Wehlitz, † unbekannt),


8. Johann Carl August (* 15. Mai 1821 Wehlitz, † unbekannt),


9. Ernst Wilhelm (* 28. August 1823 Wehlitz, † 26. Mai 1824 ebd.).


Abb. 6: Geburt von Christiane Apitzsch am 21. 6. 1806; Schkeuditz-Wehlitz, Taufbuch 
St. Albanus 1801–1811. Abb. 6: Geburt von Christiane Apitzsch am 21. 6. 1806; Schkeuditz-Wehlitz, Taufbuch 
St. Albanus 1801–1811.

1846, beim Tod des Vaters Johann Gottfried Apitzsch, ist vermerkt, dass er vier mündige Kinder hinterlässt, sodass die anderen zu dieser Zeit nicht mehr am Leben waren.


8.


Am 4. Oktober 1837 notierte Schumann: »Gestern Abend seliges Beisammensein mit Clara, vielleicht letztes«, ebenso: »Letztes u. höchstes Geschenk.«48 Am selben Tag konnte er sie erneut sehen: »Abends Clara am Herzen – verdienst du das?« Kurz darauf, am 15. Oktober, brach die mittlerweile 18-Jährige mit ihrem Vater zu einer Reise auf, die sie über Dresden und Prag nach Wien führte, wo beide am 27. November eintrafen. Erst sieben Monate später, am 15. Mai 1838, kamen sie nach Leipzig zurück.


Obwohl Clara das Werben Roberts noch vor der Reise erhört hatte, ist nicht auszuschließen, dass er die Beziehung mit ›Charitas‹ fortsetzte. Das legt ein ungewöhnlich dramatischer Brief nahe, den Clara am 13. Oktober, kurz vor der Abreise, an Robert schrieb:


Wenn Du an Vater geschrieben, und er <so lange> Dir lange nicht antwortet, so wundere dich nicht, denn er ist wieder sehr bös. Doch obgleich er mir heute versichert, daß Du seit 6 Wochen ihn auf so unwürdige Weise hintergangen, obgleich er sagt er sey Dir 14 Tage lang nachgegangen und habe gesehen daß Du zu Nohr gegangen, so glaub ich es doch nicht – du hast es mir ja beschworen! Solltest Du mich hintergehen können? Könntest Du Dir dieß jemals verzeihen, meine unbeschreibliche Liebe so belohnt zu haben? Noch einmal sag ich es Dir, kannst Du Deine Leidenschaft durchaus nicht bezähmen, so kann ich nie die Deine sein, dann will ich lieber einem ehelichen Glück entsagen.49

Dann hält sie ihm vor: 


Groß kann Deine Liebe nicht sein, wenn Du nicht männliche Kraft genug besitzt auch etwas zu thun. Bedenke das Glück einer Familie wird durch so eine Leidenschaft gestürzt. Siehe die Stegmayer. Wie viel unglücklicher würde ich sein, die ich nicht die Hälfte ihres Leichtsinns besitze.


Ihre schweren Anschuldigungen schließt sie mit dem eindringlichen Wunsch: »Also Robert, ich beschwöre Dich, das Eine – thue es nicht mehr.«


Erst am 8. November 1837 schrieb er wieder an Clara, ging aber auf ihre Vorhaltungen nicht ein. Auch in anderen Briefen ist davon nicht mehr die Rede. Nur in einem vermutlich nicht abgesandten »Tagebuch für Clara« bezeichnete Schumann die Beschuldigungen Wiecks als »eine Lüge, die man Dir über mich sagt, so klein und gemein, daß ich Dir gar nicht antworten konnte«.50 Es war aber keine Lüge, und Schumann wusste das. In seinem Tagebuch fasste er die Tage vom 30. November bis 2. Dezember mit den Worten »Trauriges Leben« zusammen und zitierte aus Claras Brief die Worte: »also noch einmal, Robert, ich beschwöre dich; das Eine thue es nicht mehr«. Dahinter vermerkte er lapidar: »Dies hast du gesagt – u ich thu es dennoch.«51

Mit »die Stegmayer« ist Charlotte Auguste Stegmayer geb. Düntz gemeint, die Frau des aus Wien stammenden, vorübergehend in Leipzig tätigen Kapellmeisters und Komponisten Ferdinand Stegmayer (1803–1863), die sich von ihrem Mann trennte, nachdem sie dessen Verhältnis mit seiner Geliebten entdeckt hatte. Schumanns Tagebuch bezieht sich im Oktober zweimal darauf.52 Die folgende Scheidung des Ehepaars zog sich über vier Jahre hin.53 Ähnlich wie der junge Schumann soll Stegmayer auch viel dem Alkohol zugesprochen haben. Spielte Clara eher darauf an?


9.


Heinrich Nohr (um 1793–1840) betrieb in Leipzig seit 1833 das Hotel ›Zum goldenen Horn‹ in der Nikolaistraße Nr. 749.54 Ende 1836 musste er das Hotel aufgeben und einem Christian Eichler überlassen.55 Daraufhin richtete er am 4. März 1837 ein Gesuch an den Leipziger Stadtrat, in dem er schreibt, er habe inzwischen das gegenüberliegende, in seinem Besitz befindliche Haus in der Nikolaistraße Nr. 557 bezogen und plane, »mein Haus zu einem Hôtel garnifür Fremde und Durchreisende einzurichten, ohne jedoch Ausspannung [für Pferde] zu halten, als wozu sich mein Grundstück ohnedies nicht eignet.«56 Der vom Stadtrat mit einer Besichtigung beauftragte Universitäts-Baudirektor Albert Geutebrück (1801–1868) gab am 15. März eine positive Stellungnahme ab:


Das Nohr’sche Haus No 557., welches er mit den Gewerken sorgfältig besichtigt, eigne sich sehr gut zum Hôtel garni, es habe einen hellen freundlichen Hof, dergleichen bequeme Treppe, geräumige Kellereien und in jeder Etage 2 Zimmer mit Alkoven nach der Straße zu und zwei dergleichen Zimmer nach dem Hofe heraus. Das Parterre werde wie bisher, zur Bierschankwirtschaft des Besitzers und alsdann die 1.e 2.e und 3.e Etage zu Fremdenzimmern benutzt werden. Auch die Decoration und das Ameublement der Fremdenzimmer sey anständig gewesen.


Nohr eröffnete sein kleines Etablissement vermutlich kurz darauf. Eine entsprechende Anzeige, etwa im Leipziger Tageblatt, ließ sich nicht nachweisen. Im Leipziger Adressbuch von 1838 ist Nohr dann erstmals mit seinem neuen Hotel verzeichnet, sowohl unter »Bierschänker«57 als auch unter »Weinschänker und Speisehäuser«,58 ebenso 1839.59 Im Laufe des Jahres 1839 erfolgte eine Umnummerierung aller Häuser, sodass Nohr ab 1840 unter der Adresse Nikolaistraße 41 zu finden ist.60 Am 1. Oktober 1840 starb er, danach wurde die Herberge von seinen Erben weitergeführt.61

Auffallend ist die Adresse von Nohrs Hotel garni, Nikolaistraße Nr. 557: Es lag in unmittelbarer Nähe zu Wiecks damaliger Wohnung, die sich von 1835 bis 1840 in der Nikolaistraße Nr. 555 befand. Es war also ein Leichtes für ihn, Schumann beim Betreten des Hauses zu beobachten, wie es Clara andeutet. Dazu genügte vermutlich ein Blick aus dem Fenster. Doch dass Schumann dort nur übermäßig dem Alkohol zusprach und Wieck deswegen empört war, erscheint zweifelhaft. Warum hätte Schumann dazu ausgerechnet dieses Lokal wählen sollen, in unmittelbarer Nähe der wieckschen Wohnung? Für aus­gedehnte Zechgelage bot Leipzig zahlreiche andere Möglichkeiten, wo keine Gefahr bestand, von Wieck gesehen werden.


Claras verzweifelter Protest gegen Schumanns Verhalten lässt sich nicht eindeutig interpretieren. Es ist durchaus möglich, dass sie einfach Angst hatte, er könnte auch nach der Heirat die Abende in zwielichtigen Lokalen verbringen und sich betrinken. Es spricht aber auch einiges für die Annahme, er habe sich bei Nohr heimlich mit Christel getroffen, die dort womöglich eine neue Stellung gefunden hatte. Es sei daran erinnert, dass das Tagebuch am 
18. November und 27. Dezember 1837 Begegnungen mit Christel vermerkt, und dazwischen die Clara widersprechende, trotzige Bemerkung »ich thu es ­dennoch«.


John Worthen meint: 


»The only answer is either that the Nohr pension was known as a place where men could pick up prostitutes, or that someone like Christel – perhaps Christel herself – 
was employed at Nohr’s house as a servant, or that Wieck had said she was; and that Clara was terrified (and her father delighted) that Schumann was on the prowl for whores.«62

Die zuletzt genannte Möglichkeit, dass Wieck Schumann nur verleumden und bei seiner Tochter in Misskredit bringen wollte, ist angesichts von Schumanns Bemerkung »ich thu es dennoch« wenig wahrscheinlich, aber was er bei Nohr eigentlich tat, geht aus keiner der Quellen hervor.


In Schumanns Tagebüchern wird Nohrs Lokal nicht erwähnt, jedoch von 1840 bis 1844 in seinen Haushaltbüchern, denen sich aber nicht entnehmen lässt, ob er Clara dorthin mitnahm.63 Bekannt ist zumindest: In jenen Jahren wurde dort »gutes baierisches Bier« ausgeschenkt.


10.


Christiane Apitzsch starb am 11. Februar 1838, einige Wochen nach Schumanns letzten Besuchen bei ›Charitas‹. Das belegt der entsprechende Eintrag in den Leipziger Ratsleichenbüchern (vgl. Abb. 7): »Eine led.[ige] Frauenspers.[on] 31. J.[ahre] Johanne Christiane Apitzschin Dienstmagd aus Delitzsch [sic], im Jacobshospital; 122 .†. 11. Febr.«64 Wer ihren Tod meldete, ist nicht bekannt. Am 14. Februar wurde sie begraben, wobei hier ›Nervenfieber‹ (Typhus) als Todesursache angegeben wurde.65 Das stimmt gewissermaßen mit Schumanns Aufzeichnungen überein, der sie kurz zuvor noch gesund antraf. Typhus konnte innerhalb weniger Tage zum Tod führen. Die Bezeichnung »Dienstmagd« sowie ihr Sterbedatum sind weitere Indizien dafür, dass Christiane Apitzsch und ›Charitas‹ wirklich ein und dieselbe Person waren. Wie bereits erwähnt: Danach taucht sie in seinem Tagebuch nicht mehr auf.


Es scheint, dass sie das Geheimnis der Vaterschaft ihres Kindes – außer Henriette Voigt – niemandem anvertraute. Anderenfalls wären ihre Eltern sicherlich an Schumann herangetreten und hätten eine finanzielle Abfindung für die weitere Erziehung des Kindes gefordert. Davon ist nirgendwo die Rede.


Abb. 7: Tod von Christiane Apitzsch am 11. 2. 1838; Leipzig, Stadtarchiv, Ratsleichenbücher, Bd. 40 (1835–1840). Abb. 7: Tod von Christiane Apitzsch am 11. 2. 1838; Leipzig, Stadtarchiv, Ratsleichenbücher, Bd. 40 (1835–1840).

11.


›Charitas‹ galt eine Zeitlang als mittelbare Verursacherin von Schumanns Krankheit, denn man glaubte, sie hätte den Komponisten mit Syphilis infiziert, was letztlich zu seiner ›geistigen Umnachtung‹ führte. Scheinbar bestärkt wurde diese These, als vor 20 Jahren das originale Krankentagebuch des Endenicher Anstaltsleiters Dr. Franz Richarz (1812–1887) an die Öffentlichkeit gelangte, der am 12. September 1855 über Schumann vermerkt hatte: »Schrieb in letzter Zeit wieder allerlei abrupte Äußerungen melancholischen Inhalts und Reflexionen nieder z. B. 1831 war ich syphilitisch und ward mit Arsenik curirt.«66

Der Medizinhistoriker Franz Hermann Franken resümierte damals sogleich: 


Klärt nun Richarz’ Verlaufsbericht die Diagnose von Schumanns Krankheit? Die Frage ist zu bejahen. Was Richarz schildert, ist der charakteristische Verlauf eines hirnorganischen Abbauprozesses, wobei die Indizien dafür, daß es sich um eine – syphilitisch bedingte – progressive Paralyse handelte, überzeugend sind. 


Weiter heißt es bei Franken: »Die Infektionsquelle ist am ehesten bei Schumanns Freundin Christel zu suchen, von ihm auch Caritas genannt, weil sie sich seiner sexuellen Nöte über Jahre annahm.«67 Bereits zuvor hatte Franken in mehreren Publikationen die Diagnose ›progressive Paralyse‹ (Hirnerweichung als finales Stadium einer Spätsyphilis) gestellt und blieb angesichts der Krankenakte dabei.


Schumanns Bemerkung über eine angebliche Syphiliserkrankung ist jedoch nicht allzu viel Bedeutung beizumessen, steht sie doch völlig isoliert da, wird durch keine weitere Quelle gestützt und stammt obendrein von einem medizinischen Laien, der Schumann nun einmal war. Die Angabe »1831« deutet zwar auf die Wunde am Glied, die er sich in diesem Jahr zuzog, doch Uwe Henrik Peters, der langjährige Direktor der Nervenklinik an der Universität Köln, gelangte nach eingehender Untersuchung – im Gegensatz zu Franken – zu dem plausibleren Ergebnis, dass Schumann sich 1831 lediglich eine ›Herpes genitalis‹ zuzog, die zwar in der Tat sehr schmerzhaft sein kann, aber »weitgehend harmlos ist«.68 Zu einer Behandlung mit Arsen, die dann wohl auch ein professioneller Arzt vorgenommen hätte, enthalten seine Aufzeichnungen überdies keinen Hinweis. Außerdem wurde Syphilis erst ab 1909 mit Arsenpräparaten behandelt, nicht aber zu Schumanns Zeit. So gelangte Peters auch zu einem ausgewogeneren Urteil über Schumanns Geliebte: 


Man tut wohl doch der in der Schumann-Literatur – je nach Standpunkt – viel bescholtenen oder bemitleideten Schumann-Freundin Charitas Unrecht, indem man ihr unterstellt, sie habe Schumann mit Syphilis infiziert, die sie ja nur durch sexuelle Kontakte mit anderen Männern bekommen haben konnte. Leider konnte ihre Identität bisher nicht festgestellt werden. Es hätte interessiert, was aus ihr später geworden ist.69

Fundierter als die Syphilis-These erscheint zudem die Annahme, Schumann könnte unter einer bestimmten Form der Schizophrenie gelitten haben. Bereits der Leipziger Neurologe und Psychiater Paul Julius Möbius (1853–1907), der sich als Erster intensiv mit Schumanns Krankheit befasste, kam 1906 zu diesem Ergebnis. Nach dem Studium des kurzen Krankenberichts von Franz Richarz in der Biografie von Wasielewski70 glaubte Möbius zunächst, »Robert Schumann sei an progressiver Paralyse (der sogenannten Gehirnerweichung) gestorben«.71 Bei näherer Beschäftigung mit den biografischen Quellen stieß er auf Unstimmigkeiten und verwies darauf, dass es in Schumanns Familie mehrere nachweislich geisteskranke Mitglieder gab. Erwähnt seien die Schwester Emilie (1796–1825), die 1817 auf Wunsch der Familie in die Irrenanstalt Pirna-Sonnenstein eingewiesen wurde72 und sich später das Leben nahm, sowie der vermutlich schizophrene Sohn Ludwig (1848–1899), der ab 1870 in der Landesirrenanstalt Colditz bei Leipzig lebte. Schumann war also erblich belastet. 


Zweifel an seiner mentalen Gesundheit wecken auch einige Tagebuchnotizen. So hielt der Jüngling am 29. Mai 1828 nach der Lektüre von Jean Pauls Siebenkäs fest, er sei »wirklich wahnsinnig«,73 und am 18. Dezember desselben Jahres verspürte er erstmals »Sehnsucht, mich in d Rhein zu stürzen«.74 Daneben erlebte er sich immer wieder als zweigeteiltes Wesen. Seine Aufspaltung in eine Florestan- und eine Eusebius-Gestalt mag in Anlehnung an die »zwei Seelen« in der Brust von Goethes Faust reine Poesie sein. Poesie ist es nicht mehr, wenn er am 8. Juni 1831 allen Ernstes feststellt: »Mir ist’s manchmal, als wolle sich mein objectiver Mensch vom subjectiven ganz trennen oder als ständ’ ich zwischen meiner Erscheinung u. meinen Syn, zwischen Gestalt und Schatten.«75 Es ist derselbe Tag, an dem er Christel in ›Charitas‹ und Clara in ›Cilia‹ umbenennt.


Um auf Möbius zurückzukommen: Besonders Schumanns gutes Erinnerungsvermögen bis in die letzten Jahre, ebenso seine kaum je nachlassende Kreativität, sprechen nach seiner Meinung gegen die Annahme, es sei bei Schumann zu einer durch Syphilis hervorgerufenen ›Gehirnerweichung‹ gekommen. Bemerkenswert ist auch die Klarheit der Handschrift seiner letzten Briefe aus Endenich, die sogar sauberer geschrieben sind als manche früheren. 


Sie erschienen Möbius allerdings auffallend affektlos, und obwohl Schumann seiner Familie auf lange Zeit, wenn nicht für immer entrissen war, finden sich kaum Ausdrücke von Sehnsucht oder Schmerz. »Er schreibt so, als wäre er für einige Wochen in einer Sommerfrische, und macht sich offenbar auch um die Zukunft wenig Sorgen. Dagegen lebt er in der Vergangenheit, erinnert an das und jenes, und ist offenbar dabei ganz gut orientirt.«76

Möbius gelangte seinerzeit zur Diagnose einer ›Dementia praecox‹, einer vorzeitigen Demenz, eines Begriffs, der 1911 von dem Schweizer Psychiater Eugen Bleuler (1857–1939) durch den dem Griechischen entlehnten Begriff ›Schizophrenie‹ ersetzt wurde.77 Damit leitete Bleuler zugleich einen grundlegenden Wandel im Verständnis dieser Störungen ein.


1988 präzisierte Karl Leonhard (1904–1988), Direktor der Nervenklinik an der Ostberliner Charité und Professor an der Humboldt-Universität, bei Schumann seien deutliche Symptome einer ›Periodischen Katatonie‹ zu konstatieren, eine jener Formen der Schizophrenie, »die zwischen zwei Polen verlau
fen«.78

Auf der Basis einer noch größeren Zahl von Quellen folgte 2006 der Berliner Mediziner und Professor für Neurologie Roland Schiffter der Diagnose Leonhards und plädierte gleichfalls für eine ›Periodische Katatonie‹. Schiffter, Autor mehrerer Pathografien bedeutender Vertreter der Romantik, fasste zusammen: »Die Diagnose Schizophrenie kann bei Schumann als weitgehend gesichert gelten, eine syphilitische progressive Paralyse ist auszu
schließen.«79

Neuerdings findet unter Schumann-Forschern auch die These Anklang, der Komponist sei überhaupt nicht geisteskrank gewesen.80

12.


Was bleibt, ist eine ungewöhnliche Geschichte über ein ungleiches junges Paar in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die einen etwas ratlos zurücklässt, war es doch zu jener Zeit nicht gerade die Regel, dass ein junger Mann über mehrere Jahre eine feste Freundin hatte – ohne mit ihr verlobt zu sein und ohne Wissen der Eltern. Darüber hinaus ist die Selbstverständlichkeit, mit der Schumann über sein Sexualleben Buch führte, ohne Beispiel. Die bürgerliche Doppelmoral brachte zwar eine sexuelle ›Grauzone‹ hervor, aber wer sich in diese begab, war gut beraten, darüber zu schweigen.


Karl Wilhelm Streubel (1816–1868), ein Patenonkel Clara Wiecks, 1845 bis 1861 Polizeiarzt in Leipzig und ab 1852 Professor für Chirurgie an der Medizinischen Fakultät der dortigen Universität, schreibt in seinem noch heute lesenswerten Buch über die Sittenverderbniß der Messestadt, 1854 hätte Leipzig 66.000 Einwohner gehabt, darunter 3.000 Dienstmädchen, von denen wiederum »mindestens der dritte Theil« heimlich der Prostitution nachging.81 Das sagt jedoch nicht viel mehr, als dass viele Dienstmädchen von ihrer kargen Entlohnung kaum leben konnten. Keine genauen Zahlen legt Streubel darüber vor, wie hoch der Anteil jener Dienstmädchen gewesen sein mag, die von ihren Arbeitgebern verführt wurden, ein uneheliches Kind zur Welt brachten und noch vor deren Geburt verstoßen wurden.


Schumanns Tagebücher enthalten keinen Hinweis darauf, dass Christel neben ihm noch andere Männer hatte oder gar von ihm verführt wurde. Vier Jahre älter als er, verfügte sie aber anscheinend schon über sexuelle Erfahrungen, als sie sich ihm näherte. Sie wird gewusst haben, worauf sie sich ein
ließ. 


Ein angemessenes, womöglich gar pauschalisierendes, Urteil über das Paar lässt sich umso weniger fällen, als Schumann schon als junger Mann etwas Besonderes war, eine gut aussehende, genialische Erscheinung, den zweifellos eine magische Aura umgab. Mit ihm, dem passionierten Musiker unter einem Dach zu leben, später seine Geliebte zu werden, könnte die junge Frau in ihrer beengten kleinen Welt durchaus als etwas zutiefst Beglückendes empfunden haben, als große Bereicherung und Erfüllung. Vielleicht vermittelte Schumann ihr gar das Gefühl, ihm ebenbürtig zu sein.


Ein dunkler Fleck seiner Biografie bleibt die Affäre dennoch – durch den frühen Tod der Geliebten, aber auch durch das gemeinsame Kind, dem Schumann augenscheinlich nicht das geringste Interesse entgegenbrachte, wohingegen sie alles unternahm, ihm nach dem Ende der Beziehung nicht weiter im Wege zu stehen und sich mitsamt des Kindes quasi ›unsichtbar‹ machte.


13.


Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts fanden Väter unehelicher Kinder immer wieder Möglichkeiten, sich ihrer Verantwortung zu entziehen, namentlich wenn sie wie Schumann aus dem Bürgertum stammten. In der Regel erhielten die Mütter eine finanzielle Abfindung, womit zugleich ihr Schweigen erkauft wurde. Teilweise wurden Kinder noch vor der Geburt zur Adoption freigegeben oder regelrecht verkauft, sodass dem Pfarrer gleich bei der Taufe die Adoptiveltern als leibliche Eltern präsentiert wurden. Das machte spätere Nachforschungen unmöglich. Weniger aus Dokumenten, mehr aus der Literatur sind einige solcher Fälle bekannt. Gerhart Hauptmann beschreibt einen solchen ›Kinderhandel‹ in seinem Schauspiel Die Ratten (1911). Speziell in den unteren Schichten wurde allerdings auch Druck auf die Väter dieser ungewollten Kinder ausgeübt; sie wurden zur Heirat genötigt, und sei es zu einem späteren Zeitpunkt.


Zu den wenigen ›prominenten‹ Dienstmädchen mit einem unehelichen Kind zählt Helene Demuth (1820–1890), ab 1845 in den Diensten des Philosophen Karl Marx (1818–1883) und dessen Frau Jenny, die am 23. Juni 1851 einen Sohn zur Welt brachte, der als Sohn von Marx gilt.


Musikwissenschaftlern ist vielleicht auch der Name Marie Scheuchl ein Begriff, die als Dienstmädchen bei der Familie von Alban Berg (1885–1935) tätig war. Am 4. Dezember 1902 brachte sie die uneheliche Tochter Albine zur Welt, zu deren Vaterschaft sich der 17-jährige Berg kurz darauf bekannte. Seine Familie zahlte dem ›gefallenen Mädchen‹ eine großzügige Abfindung, mit der sie sich eine bürgerliche Existenz aufbauen konnte. Bergs uneheliche Tochter litt bis zu ihrem Tod im Jahre 1954 darunter, vom Leben des Komponisten ausgeschlossen zu sein.82

Ein uneheliches Kind war auch Schumanns zeitweilige Verlobte Ernestine von Fricken. Ihre Mutter war die Gräfin Caroline Ernestine Louise von Zedtwitz, die das Kind ihrer Schwester und deren Mann überließ, dem Gutsbesitzer und k. k. Hauptmann Ferdinand Ignaz Freiherr von Fricken (1787–1850). Beide hatten keine eigenen Kinder und haben Ernestine 1834 auch offiziell 
adoptiert.


Über das spätere Leben von Schumanns mutmaßlicher Tochter ließ sich nichts in Erfahrung bringen. Vielleicht wurde sie ebenfalls zur Adoption freigegeben und erhielt einen anderen Namen. Vermutlich hat sie nie erfahren, wer ihr Vater war.


14.


Zufällig begann Schumann am Morgen desselben 11. Februar 1838, an dem Christiane Apitzsch starb, einen langen Brief an Clara mit den Worten: »So glücklich bin ich seit einiger Zeit wie nie fast vorher.«83 Am Tag darauf schrieb er in sein Tagebuch: »Das Mädchen macht mich überglücklich. Der Brief wichtig über mein früheres Leben. u. Verhältnis zu Ernestine [von Fricken]«. 84

Fast möchte man glauben, mit Ernestine sei seine nunmehr einjährige Tochter gemeint, zumal er unmittelbar danach mit der Komposition der Kinderszenen begann, einem seiner heute berühmtesten Werke. »Bis Sonnabend am 17. Kinderscenen componirt«,85 heißt es anschließend. Es ist keine Musik für, sondern mehr eine über Kinder, und bemerkenswert daran ist, dass ihr Schöpfer nach allgemeinem Verständnis noch gar keine Kinder hatte – auch wenn das so nicht zutrifft.


Ernestine wäre noch zu klein gewesen, um die Musik ihres Vaters zu verstehen, aber es ging ohnehin nicht um sie. Es scheint keinen Zusammenhang zwischen den Kinderszenen und diesem realen Kind zu geben, seinem vermutlich eigenen Kind, deren Mutter am 14. Februar 1838 begraben wurde. Dass der einzigartige Zyklus gerade in jenen Tagen entstand, ist wohl nichts weiter als ein seltsamer Zufall.86

15.


Abschließend sei noch einmal betont, dass für die Vermutung, Christiane Apitzsch könnte als Dienstmädchen für die Familie Wieck gearbeitet haben und Schumanns Geliebte Christel gewesen sein, kein Beweis im engeren Sinne existiert. Entsprechende Aufzeichnungen sind nicht überliefert. Insofern wären Zweifel an meiner Hypothese ohne Weiteres berechtigt. Genauso gut könnte ­alles ganz anders gewesen sein. 


Die These scheint mir aber in sich stimmig zu sein, denn sie steht mit den überkommenen Quellen zur Familie Wieck – wie auch zu denen über Schumann – in keinem Widerspruch, sondern basiert vielmehr auf diesen und ergänzt sie. Speziell auf die Frage, wer Schumanns uneheliche Tochter gewesen sein könnte, sehe ich keine andere Antwort als die hier angebotene – wenn denn Christel und er tatsächlich eine gemeinsame Tochter hatten und dieses Kind um den 5. Januar 1837 in Leipzig geboren wurde, wie es Schumann seinem Tagebuch anvertraute.


  1. 1Eberhard Möller (Hg.), Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie Wieck (Schumann-Briefedition, Serie I, Bd. 2), S. 43–48, hier S. 45.

  2. 2Leipziger Tageblatt, Nr. 107, 15. 10. 1830, S. 1075, »Thorzettel vom 14. October.«, S. 1076, »Hospitalthor. […] Vormittag. Die Freiberger fahrende Post. Auf der Nürnberger Eilpost: […] Hr. Schumann, von Zwickau, bei Beer«.

  3. 3Leipziger Adreßbuch auf das Jahr 1830, S. 105. Es ist dies der einzige Eintrag mit dem Namen »Beer«. Das Adreßbuch führt jedoch nicht sämtliche Einwohner auf.

  4. 4Ebd., S. 110 f. unter »Leihbibliotheken«: »Friedrich Wieck’s Leihinstitut für Musik. Reichsstr. 579« und S. 178 unter »Magazine«: »Wieck’s, Frd. Magazin von Fortepiano’s in Flügel- und Tafelform von Bayer, Graf, Rausch, Stein etc., incl. von Physharmonica’s, verbunden mit einer Leihanstalt für Musikalien. Reichsstr. 579.« – Auf dem Anschlagzettel zu Clara Wiecks erstem eigenen Konzert am 8. 11. 1830 im Gewandhaus ist angegeben, Eintrittskarten seien »im Leihinstitut für Musik (Bülows Haus in der Reichsstrasse No. 579, 2 Treppen hoch)« erhältlich. Exemplar in Leipzig, Stadtgeschichtliches Museum, Mus II G35/9.

  5. 5Eine Abbildung der Außenansicht des Hauses bei Ernst Burger, Robert Schumann. Eine Lebenschronik in Bildern und Dokumenten, Mainz [u. a.] 1998, S. 85.

  6. 6Leipzig, Stadtarchiv, Bauakten, Nr. 3711, fol. 11.

  7. 7Ebd., fol. 20.

  8. 8Zwickau, Robert-Schumann-Haus, 4877,1–A3, S. 60. Eine Herausgabe durch Gerd Nauhaus und Nancy B. Reich ist in Vorbereitung. Erstdruck bei Berthold Litzmann, Clara Schumann. Ein Künstlerleben. Nach Tagebüchern und Briefen, Bd. 1, Leipzig 1910, S. 20, mit der Anmerkung: »Wiecks Behausung lag nach der Grimmaschen Gasse in Nr. 36.«
  9. 9Leipzig, Stadtarchiv, Bauakten, Nr. 3711, fol. 35.

  10. 10Der Name taucht erstmals am 12. 10. 1836 auf (»La faneuse«), erneut im Februar 1837 (»Alte Gedanken an Faneuse ganz bei seite geworfen«) sowie am 6. 8. 1837 (»böses Verhältniß zu der Faneuse«); vgl. Robert Schumann, Tagebücher, Bd. 2, hg. von Gerd Nauhaus, Leipzig 1987, S. 29, 31 und 34.

  11. 11Die von Schumann benutzte und bis Mitte des 19. Jahrhunderts noch gebräuch­liche Schreibweise ›Charitas‹ wurde später einheitlich durch ›Caritas‹ ersetzt, namentlich bei zahlreichen Wohlfahrtsverbänden.

  12. 12Arnfried Edler, Robert Schumann, München 2009, S. 22.

  13. 14Andreas Stammkötter, Am Ende des Klanges, Leipzig 2007.

  14. 15John Worthen, Robert Schumann: Life and Death of a Musician, New Haven und London 2007, S. 72.

  15. 16Ebd., S. 419.
  16. 17Robert Schumann, Tagebücher, Bd. 1, hg. von Georg Eismann, Leipzig 1971, S. 330 f.

  17. 18Ebd., S. 333 und 336. Frenulum praeputii (lat.): Vorhautbändchen. Das Narzissenwasser wurde vermutlich wegen seiner schmerzstillenden Wirkung verwendet.

  18. 19Ebd., S. 339.

  19. 20Ebd., S. 341 f. und Fn. 35.

  20. 21Ebd., S. 342 f.
  21. 22Ebd., S. 349.

  22. 23Ebd., S. 350 und 355. Der letzte Satz ist wegen starker Streichung nur schwer lesbar.
  23. 24Schumann an seine Mutter Christiane Schumann, 14. 10. 1831; Zwickau, Robert-Schumann-Haus, 5887–A2; vgl. auch Robert Schumann, Jugendbriefe, hg. von Clara Schumann, Leipzig ²1886, S. 157.

  24. 25Schumann, Tagebücher 1 (Fn. 17), S. 372 und 374.

  25. 26Ebd., S. 386 und 394.

  26. 27Ebd., S. 412.
  27. 28Möller, Wieck-Briefwechsel (Fn. 1), S. 73.

  28. 29Schumann, Tagebücher 1 (Fn. 17), S. 422.

  29. 30Schumann, Tagebücher 2 (Fn. 10), S. 28. Der Brief ist in SchumannsCorrespondenz (Kraków, Biblioteka Jagiellońska) nicht erhalten, ebenso fehlt ein entsprechender Vermerk in seinem Verzeichnis der empfangenen Briefe (Zwickau, Robert-Schumann-Haus, 4871,VII,C,10–A3).

  30. 31Henriette Voigt, Wochenkalender von 1836; Leipzig, Stadtgeschichtliches Museum, L/912/2006. Mirjam Gerber war so freundlich, mir ihre Transkriptionen der Tagebücher zugänglich zu machen.

  31. 32Schumann, Tagebücher 2 (Fn. 10), S. 28.

  32. 33Ebd., S. 31.

  33. 34Henriette Voigt, Wochenkalender von 1837; Zwickau, Robert-Schumann-Haus, Sch.M.3868–A3.

  34. 35Robert Schumann, Tagebücher, Bd. 3, hg. von Gerd Nauhaus, Leipzig 1982, S. 32 und 34. Eine Vorstellung von der Höhe dieser Beträge vermittelt ein Brief Schumanns, geschrieben am 15. 6. 1828 aus Leipzig an seinen Zwickauer Vormund, den Kaufmann Johann Gottlob Rudel: »Außer dem Miethzins, der jährlich etwa 50–60 Thaler betragen wird, hoffe ich mit 25 Thalern monatlich aus zu kommen, da es Ew. Wohlgeb. ohne Zweifel bekannt seyn wird, wie in Leipzig das Geld reißend schnell fortgeht, man mag nun noch so solid leben, als nur möglich ist.« Über die Auszahlung dieser monatlichen Rente aus dem väterlichen Erbe führte Rudel minutiös Buch; am 11. 6. 1831 quittierte Schumann im ZwickauerRathaus den Erhalt des restlichen Erbteils in Höhe von 8.000 Talern; vgl. Jürgen Schünzel, »Die Familie Schumann im Spiegel ausgewählter zeitgenössischer Quellen des Stadtarchivs Zwickau«, in Cygnea 8 (2010), S. 62–71, hier S. 67. 

  35. 36Das zeigt die »Liste der Getauften«, die regelmäßig im Leipziger Tageblatt erschien. Diese enthielt auch die unehelich geborenen Kinder.

  36. 37Zum Jacobshospital vgl. Gunnar Stollberg und Ingo Tamm, »Die Binnendifferenzierung im Krankenhaus zu St. Jacob in Leipzig (1799–1914)«, in dies., Die Binnendifferenzierung in deutschen Krankenhäusern bis zum ersten Weltkrieg, Stuttgart 2001, S. 212–326 sowie Christian Scheffler, Das Leipziger Allgemeine Krankenhaus zu St. Jacob im 19. Jahrhundert. Eine Analyse aus betriebswirtschaftlicher Sicht, Aachen 2004.

  37. 38»Die neue Jacobs-Stiftung in Leipzig«, in Leipziger Tageblatt und Anzeiger, Nr. 88, 28. 3. 1836, S. 697–699, hier S. 698; Nachdr. bei Johann Christian August Clarus und Justus Radius, Beiträge zur praktischen Heilkunde mit vorzüglicher Berücksichtigung der medicinischen Geographie, Topographie und Epidemiologie, Bd. 3, Leipzig 1836, S. 300–303, hier S. 302.
  38. 39Friedrich Fleischer (Mitvorsteher des Jacobshospitals), »Bemerkungen zu dem Aufsatze in Nr. 88 des Leipziger Tageblattes: die neue Jacobs-Stiftung betreffend«, in Leipziger Tageblatt und Anzeiger, Nr. 112, 21. 4. 1836, S. 1077–1079.
  39. 40Vgl. Leipziger Adreßbuch auf das Jahr 1837, S. 51 und 63.

  40. 41»Louise Ernestine« im Original unterstrichen.
  41. 42»Veit« im Original unterstrichen.
  42. 43»Apitschin« im Original unterstrichen.
  43. 44Leipzig, Kirchliches Archiv, Taufbuch St. Jacob 1799–1938, S. 74, Nr. 573.

  44. 45Ebd., Taufbuch St. Thomas 1837–1839, fol. 3v–4r, Nr. 22.
  45. 46Leipziger Adreßbuch auf das Jahr 1837, Teil 2, S. 110.

  46. 47Schkeuditz, St. Albanus, Taufbuch 1801–1811, S. 101 f., Nr. 42. Wie auf der Abbildung des Taufeintrags zu erkennen ist, wurde er am Rand mit Rotstift markiert. Zeitpunkt und Hintergrund dieser Hervorhebung sind nicht bekannt. Für die Recherchen in den Kirchenbüchern, auch zu den anderen Familienmitgliedern, bin ich Herrn Pfarrer Dr. Axel Meißner in Schkeuditz zu großem Dank verpflichtet.

  47. 48Schumann, Tagebücher 2 (Fn. 10), S. 34.
  48. 49Anja Mühlenweg (Hg.), Briefwechsel von Clara und Robert Schumann, Bd. 1 (Schumann-Briefedition, Serie I, Bd. 4), Köln 2012, S. 125.

  49. 50Ebd., S. 122. Der Eintrag ist merkwürdigerweise mit dem 11. 10. datiert, bezieht sich aber eindeutig auf Claras Brief vom 13. 10.

  50. 51Schumann, Tagebücher 2 (Fn. 10), S. 47.
  51. 52Ebd., S. 33, Notiz vom 2. 10. 1837: »Stegmayer’s Untergehen – seine Frau fort«; S. 40, Notiz vom 20. 10. 1837: »nach Möckern: Stegmayer da mit Geliebten«.

  52. 53Ebd., S. 163, Notiz Clara Schumanns vom 7. 5. 1841 im Ehetagebuch: »Dünz aus Berlin war auch da; er will nach Wien, um Stegmayer, der noch immer im Prozeß (bereits das 4te Jahr) mit seiner Frau liegt, aufzusuchen, von dem man seit langer Zeit nichts gehört hat. Die Frau dauert mich gar sehr!«


  53. 54Erstmals erwähnt im Leipziger Adreßbuch auf das Jahr 1834, S. 267 unter »Aubergen und Hotels. Für Herrschaften welche bequeme Logis und gute Bewirthung wünschen […] Horn, zum goldnen; Nikolaistr. 749. Hr. Heinr. Nohr«.
  54. 55Leipziger Adreßbuch auf das Jahr 1837, S. 253 unter »Aubergen und Hotels. Für Herrschaften, welche bequeme Logis und gute Bewirthung wünschen […] Horn, zum goldnen; Nikolaistr. 749. Hr. Christ. Eichler«.


  55. 56Leipzig, Stadtarchiv, II. Sekt. (Kap.) N Nr. 305, »Ansuch des Hausbesitzers Heinrich Nohr um Erlaubniß zur Beherbergung Fremder in seinem auf der Nicolaistraße allhier sub No. 557. gelegenen Grundstücke und sich der Bezeichnung Hôtel garni bedienen zu können betr.«.
  56. 57Leipziger Adreßbuch auf das Jahr 1838, S. 138 f. unter »Bierschänker […] Nohr, Heinrich. Nikolaistr. 557. Hôtel garni«.
  57. 58Ebd., S. 239 f. unter »Weinschänker und Speisehäuser […] Nohr, Heinrich. Nikolaistr. 557, hôtel garni«.
  58. 59Leipziger Adreßbuch auf das Jahr 1839, S. 162 unter »Bierschänker«: »Nohr, Heinrich. Nikolaistr. 557, Hôtel garni« und S. 245 unter »Weinschänker und Speisehäuser […] Nohr, Heinrich. Nikolaistr. 557, hôtel garni«.
  59. 60Leipziger Adreßbuch auf das Schaltjahr 1840, S. 242 unter »Aubergen, Hotels und Gasthäuser […] Hotel garni; Nikolaistr. 41. Hr. Heinrich Nohr« und S. 247 unter »Weinschänker und Speisewirthe«: »Nohr, Heinrich. Nikolaistr. 41, hôtel garni«.

  60. 61Leipziger Adreßbuch auf das Jahr 1841, S. 243 und 247.
  61. 62Worthen, Schumann (Fn. 15), S. 141.

  62. 63Schumann, Tagebücher 3 (Fn. 35), S. 113, 188, 201, 212, 215–217, 219–223, 349, 370.

  63. 64Leipzig, Stadtarchiv, Ratsleichenbücher, Bd. 40 (1835–1840), S. 375, unter dem 14. 11. 1838, dem Tag der Beisetzung. Demnach war das Haus Petersstraße Nr. 122 ihre letzte Wohnadresse. Es befand sich an der Ecke zur Schlossgasse und gehörte einer Frau Schulze; vgl. Leipziger Adreßbuch auf das Jahr 1838, Teil 2, S. 106.
  64. 65Leipziger Tageblatt und Anzeiger, Nr. 49, 18.2.1838, S. 262, »Vom 10. bis 16. Februar sind allhier in Leipzig begraben worden: […] Mittwochs, den 14. Februar. […] Eine unverh.[eiratete] Frauensperson 31 Jahre, Johanne Christiane Apitzsch, Dienstmagd, im Jacobshospital; st.[arb] am Nervenfieber.«
  65. 66Robert Schumanns letzte Lebensjahre. Protokoll einer Krankheit (Archiv-Blätter 1, hg. von der Stiftung Archiv der Akademie der Künste Berlin), Berlin 1994, S. 21; Nachdr. bei Bernhard R. Appel (Hg.), Robert Schumann in Endenich (1854–1856): Krankenakte, Briefzeugnisse und zeitgenössische Berichte (Schumann-Forschungen, Bd. 11), Mainz [u. a.] 2006, S. 326.
  66. 67Ebd., S. 14. Unveränderter Nachdr. von Frankens Ausführungen in Appel, Endenich (Fn. 66), S. 442–447, hier S. 446.

  67. 68Uwe Henrik Peters, »Erläuterungen zum Endenicher Krankenbericht Schumanns«, in Appel, Endenich (Fn. 66), S. 448–480, hier S. 474.
  68. 69Ebd.
  69. 70Wilhelm Josef von Wasielewski, Robert Schumann. Eine Biographie, Leipzig 41906, S. 506–509.

  70. 71Paul Julius Möbius, Ueber Robert Schumanns Krankheit, Halle a. d. S. 1906, S. 3.


  71. 72Schünzel, Familie Schumann (Fn. 35), S. 65.
  72. 73Schumann, Tagebuch 1 (Fn. 17), S. 83.


  73. 74Ebd., S. 236.
  74. 75Ebd., S. 339.
  75. 76Möbius, Schumanns Krankheit (Fn. 71), S. 33.
  76. 77Eugen Bleuler, Dementia praecox oder Gruppe der Schizophrenien, Leipzig/Wien 1911.

  77. 78Karl Leonhard, Bedeutende Persönlichkeiten in ihren psychischen Krankheiten. Beurteilung nach ihren eigenen Schriften und Briefen, Berlin 1988 (21992), S. 216–233 (›Die psychische Krankheit von Schumann‹), hier S. 231.

  78. 79Roland Schiffter, »Das Leiden Robert Schumanns«, in Joseph A. Kruse (Hg.), »Das letzte Wort der Kunst«. Heinrich Heine und Robert Schumann zum 150. Todesjahr, Stuttgart 2006, S. 267–276, hier S. 276 und ders., Vom Leben, Leiden und Sterben in der Romantik. Neue Pathografien zur romantischen Medizin, Würzburg 2008, S. 113–131 (›Das Leiden des Robert Schumann‹), hier S. 129.
  79. 80Vgl. Uwe Henrik Peters, »Robert Schumann. Melancholische Gemütszustände und schöpferische Kraft« in Ingrid Bodsch und Gerd Nauhaus (Hg.), Zwischen Poesie und Musik. Robert Schumann – früh und spät, Bonn 2009, S. 107–119, hier S. 119.
  80. 81 [Karl Wilhelm Streubel,] Die Sittenverderbniß unserer Zeit und ihre Opfer in ihren Beziehungen zum Staate, zur Familie und zur Moral, Leipzig 1854, S. 88 f.
  81. 82Erich Alban Berg, Der unverbesserliche Romantiker. Alban Berg 1885–1935, Wien 1985, S. 144–148.
  82. 83Mühlenweg, Briefwechsel Clara und Robert Schumann 1 (Fn. 49), S. 221.

  83. 84Schumann, Tagebücher 2 (Fn. 10), S. 50.
  84. 85Ebd., S. 51.

  85. 86Darauf machte mich freundlicherweise Eva Katharina Klein aufmerksam. Ein ungewöhnlicher Zufall ist es auch, dass Johanne Christiane Apitzsch exakt dieselben Vornamen wie Schumanns Mutter trug.
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Heft 13 (2014)
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