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Was ist Aufklärung? Vernunft und Religion 
bei Christian Wolff


Aufklärung hat Konjunktur. Ihre Kritik allerdings nicht minder. Der Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio etwa beklagte jüngst eine »in Auftreten und Grundstimmung […] borniert und unreif wirkende Aufklärung erster Ordnung«, die heute »das dominante massenkulturelle Phänomen« darstelle und sich gänzlich auf den »Kampf« gegen religiöse Wahrheitsansprüche festlege. Man mag in diese Klage einstimmen wollen oder nicht, in jedem Fall stellt sich die Frage, woher jene verbreitete religionskritische oder gar religionsfeind­liche Eindimensionalität des Schlagwortes »Aufklärung« eigentlich rührt. Vor allem: Inwieweit ist es sinnvoll, sich dabei immer wieder summarisch – sei es explizit oder implizit, sei es affirmativ oder kritisch – auf eine ganze Epoche der europäischen Geistesgeschichte zu beziehen? 


Jeder genauere Blick auf das 18. Jahrhundert, das »Aufklärungsjahrhundert«, legt hier große interpretatorische Vorsicht nahe. Der Umgang der Aufklärer mit der Religion erweist sich als in solch hohem Maße differenziert, dass nicht wenigen Argumenten, die in aktuellen gesellschaftlichen Debatten Verwendung finden, die allzu vorschnell sicher geglaubte historische Grundlage entzogen werden muss. Aufschlussreich ist in dieser Hinsicht weniger die kleine, aber lautstarke religionskritische Avantgarde, sondern eher ein Blick auf den aufklärerischen »Mainstream«, wie ihn etwa das Werk Christian Wolffs (1679–1754) repräsentiert. Wolff, ein Schüler Leibniz’, steht zweifellos im Zentrum der deutschen Philosophie des 18. Jahrhunderts. Noch in der Vorrede der »Kritik der reinen Vernunft« rühmt ihn Kant aufgrund seiner philosophischen Methode als den »Urheber des bisher noch nicht erloschenen Geistes der Gründlichkeit in Deutschland«. Davor liegen Jahrzehnte der intensiven, europaweiten und konfessionsübergreifenden Rezeption der Wolffschen Philosophie: kaum eine Universität im Reich, an der ihre Anhänger keinen Einfluss besessen und nicht die entscheidenden Lehrstühle besetzt hätten. Noch im aufklärerischen Prestigeprojekt der »Encyclopédie« Diderots und d’Alemberts lassen sich markante Spuren Wolffschen Denkens, ja beinah wortwörtliche Übernahmen aus seinen Werken, aufspüren. »An Wolff führt kein Weg vorbei«, schrieb deshalb bereits vor etwa dreißig Jahren der Philosophiehistoriker Norbert Hinske der Aufklärungsforschung ins Stammbuch.


Bezüglich der christlichen Offenbarung – dem Ansatzpunkt aller aufklärerischen Religionskritik – steht Wolff ganz klar in der über Leibniz bis in die Scholastik Thomas von Aquins zurückreichenden philosophischen Tradition: »Super rationem«, nicht »contra rationem« – also übervernünftig, nicht jedoch widervernünftig seien die christlichen Glaubenswahrheiten. Diese Position warf einen doppelten Gewinn ab: Zum einen wurde das Vernunftkriterium bis zu einem gewissen Grad auf religiöse Dogmenaussagen anwendbar. Zum anderen – und das war Wolff nach eigenem Bekunden wichtiger – blieb Raum für den ungeschmälerten Fortbestand christlicher Glaubensüberzeugungen, einschließlich der Existenz von Engeln und ihrer himmlischen Hierarchien, der Ewigkeit der Höllenstrafen und vor allem der Möglichkeit göttlicher Wunder. Wolffs zweibändige lateinische Theologia naturalis (1736/1737), krönender Abschluss seiner Metaphysik, konnte so nicht nur in einem doppelten Gottesbeweis gipfeln und den philosophisch erwiesenen Gott mit dem Gott der Bibel in eins setzen. Sondern sie enthielt zudem auch eine minutiöse Kritik aller ­religionskritischen »Irrlehren« der Zeit – Deismus, Naturalismus, Spinozismus, Atheismus und Materialismus.


Angesichts der oft betonten philosophiegeschichtlichen Bedeutung des Wolffschen Werkes ist es erstaunlich, dass dem Philosophen bis heute weder eine ausführliche biographische Arbeit gewidmet noch eine historisch-kritische Edition seiner zahlreichen Korrespondenzen in Angriff genommen wurde. Es existiert – für Leibniz, Voltaire oder Kant ein unvorstellbarer Zustand – nicht einmal ein vollständiger Überblick über seine in Archiven, Bibliotheken und zeitgenössischen Publikationen überlieferten Briefe. Gerade anhand dieser persönlichen Quellen – das zeigt eine erste Teilauswertung – ließe sich jedoch das Verhältnis dieser Aufklärungsrichtung zur Religion und zu ihrer Kritik noch wesentlich weiter erhellen. Auffällig ist schon auf den ersten Blick, wie stark aus den Briefen Wolffs eine überzeugte, so im 18. Jahrhundert durchaus nicht überall mehr gängige Frömmigkeit spricht. Der in Breslau geborene Lutheraner vertraute sich immer wieder ausdrücklich der »Vorsehung« Gottes an, legte auch auf Reisen Wert auf den regelmäßigen Gottesdienstbesuch, vollzog die Beichte und zog die Teilnahme am Abendmahl universitären Verpflichtungen vor. Als Wolff 1740, nach siebzehn im reformierten hessischen Marburg verbrachten Jahren, auf eine Rückkehr an seinen alten Lehrstuhl im preußischen Halle drängte, gab er dabei nicht zuletzt auch konfessionelle Gründe an. 


Von erheblichem Interesse dürfte aber vor allem eine sich allein in den Korrespondenzen Wolffs und seiner Anhänger abspielende – und somit bislang gänzlich unbekannte – Debatte der 1740er Jahre sein, in deren Mittelpunkt die Frage nach der christlichen Offenbarung stand. Auslöser war Jean Henri ­Samuel Formey (1711–1797), der führende Wolffianer unter den Berliner Hugenotten. In seinem Essai sur la nécessité de la révélation von 1746 hatte er mit scharfen Worten und unter Verweis auf die Heilssuffizienz der »natürlichen« Vernunftreligion die Notwendigkeit der christlichen Offenbarung im hergebrachten Sinne bestritten. Formey durchbrach hier eindeutig die Maßstäbe der Metaphysik Wolffs. Dieser hielt entsprechend vehement dagegen und machte in seinen Briefen unmissverständlich die Grenzen der aufklärerischen Vernunft – 
auf die er doch sein gesamtes, über 60 deutsche und lateinische Bände umfassendes Werk gegründet hatte – deutlich: In der von Formey aufgeworfenen Frage käme es »wie in anderen zur Theologia revelata gehörigen Puncten darauf an, was Christi und seiner Aposteln Meinung gewesen, nicht was uns vermöge unsrer Vernunfft am wahrscheinlichsten vorkommet.« Das hieß nichts anderes, als dass es eben keinen eindimensionalen Vernunftbegriff geben sollte, keinen universalen Rationalismus, dem die Welt restlos untertan wäre. Der Aufklärer Wolff deutete das überkommene Christentum als vernunftgemäß und beließ es zugleich in der ihm eigenen Sphäre, in der das »Räsonnieren« nicht ausreiche, sondern das Wort der Bibel hinzukommen müsse. 


Ist so etwas dennoch »Aufklärung«? Sicherlich nicht in dem Sinne, in welchem etwa der in Princeton lehrende Jonathan I. Israel vor kurzem in Enlight­enment Contested die aufklärerische Geistesgeschichte gedeutet und zusammengefasst hat. Das Nachwort seines ebenso voluminösen wie gelehrten Buches schlägt nahezu kämpferische Töne an: Die Aufklärung habe die für die moderne Gesellschaft maßgebenden Werte geprägt, vom universalen Rationalitätskriterium und strikter Ablehnung alles Übernatürlichen über Gleichheit, demokratischen Republikanismus, Toleranz und Meinungsfreiheit bis hin zur (homo-)sexuellen Befreiung. Hier wird die historische Aufklärung konsequent im Hinblick auf »basic values needed by modern society« interpretiert. Was Di Fabio an ihr kritisierte, scheint für Israel gerade ihren ganzen Wert auszumachen. Indes stimmt es nachdenklich, dass der Geistes- und Ideenhistoriker hierbei schließlich selbst in das Gewand des Aufklärers schlüpft und unverhohlen gegen »Counter-Enlightenment«, »meaningless relativism« und »Postmodernism« wettert. Mit solcher Vehemenz lässt sich kaum kaschieren, dass Israels Deutung in Wirklichkeit rigoros aus der Fülle der Aufklärungsgeschichte ausselektiert: Als »wahre« Aufklärung verbleibt ausschließlich die »radikale Aufklärung« – der Monismus Spinozas und der atheistische Materialismus Diderots, getragen und verbreitet von heute kaum mehr bekannten, durch »repressive« Umstände zu Anonymität und Verborgenheit gezwungenen Autoren. 


Zu Recht ist jenen klandestinen Strömungen der Aufklärung seit einiger Zeit vermehrte Aufmerksamkeit zuteil geworden. Die Forschung kann inzwischen eine beeindruckende Vielfalt sowohl politisch radikalen als auch religiös heterodoxen Denkens im 18. Jahrhundert ausmachen. Die diesbezüglichen Arbeiten zeigen die Entwicklung, Formulierung und Kommunikation von Ideen in Abhängigkeit von den konkreten historischen Umständen und gehören auch deshalb zu den spannendsten Ergebnissen neuerer Aufklärungsforschung. Unter der Perspektive einer vorrangig religions- und kirchenkritisch definierten Aufklärung kann der »philosophische Untergrund« des 18. Jahrhunderts also schnell als das Ursprungsterrain der »Moderne« erscheinen. Doch birgt eine derartige Verdichtung der Befunde auch Risiken. Vor allem droht damit die historische Gewichtung der unterschiedlichen aufklärerischen Positionen im 18. Jahrhundert – vor deren Hintergrund radikales »Untergrund­denken« ja erst seine Brisanz erhielt – durch eine Wertung »ex post« verzerrt zu 
werden. 


Dies verdeutlicht etwa der Blick auf die unterschiedlichen Rezeptionsgrade der verschiedenen Aufklärungen. Ein Beispiel hierfür ist der Fall Johann Conrad Franz von Hatzfelds (1686– nach 1751), der bei Jonathan I. Israel als Kronzeuge für die verborgene Tradition der religionskritischen und republikanisch-revolutionären Strömung fungiert. Zwar widerlegte eine große Reihe der führenden gelehrten Zeitschriften, darunter die Amsterdamer Bibliothèque Raisonnée, die Göttingischen Zeitungen von Gelehrten Sachen und die Leipziger Acta Eruditorum, Hatzfelds 1745 erschienenes Werk La découverte de la vérité. Doch stand offensichtlich nur einem einzigen dieser Rezensenten überhaupt ein Exemplar der Schrift zur Verfügung. Alle anderen reagierten auf Meldungen aus zweiter oder dritter Hand, es kam zu Fehlschlüssen und zu Verwechslungen mit anderen, nicht minder seltenen Schriften. Die originären Thesen Hatzfelds, der sich bei ihrer Formulierung teilweise auf übernatürliche Ein­gebungen berief, blieben dadurch so gut wie unbekannt. 


Dies illustriert, dass sich die »radikale Aufklärung« unter zweifellos besonders nachteiligen kommunikativen Bedingungen vollzog. Die Ablehnung, auf welche die Thesen der radikalen Aufklärung in der gelehrten Mainstream-Publizistik der Mitte des 18. Jahrhunderts meist stießen, verweist also keineswegs grundsätzlich auf ihren erheblichen Verbreitungsgrad und ein nur den Umständen halber negativ formuliertes Interesse, wie oft geschlussfolgert wird. Heute noch ist das nach dem Erscheinen rasch verbotene und beschlagnahmte Buch Hatzfelds überaus selten. Keine namhafte Bibliothek des 18. Jahrhunderts hingegen, in der sich nicht die Werke Christian Wolffs befunden hätten. Sie wurden wieder und wieder aufgelegt – so etwa die Deutsche Metaphysik sechsmal bis 1760. Bereits die Zeitgenossen übersetzten sie ins Französische, Italie­nische, Englische, Niederländische und – die lateinischen Werke – ins Deutsche. Auch außerakademische Kreise, Adlige, Handelsbürger und in Einzelfällen Handwerker, lasen Wolff im Original oder in handlichen Kompendien. Der sehr begrenzte Einfluss der in geringster Stückzahl gedruckten, oft sogar nur handschriftlich verbreiteten radikalen Schriften ist damit offensichtlich nicht vergleichbar.


Wohin also mit Wolff und dem »Wolffianismus« innerhalb der Aufklärung? So lange das Verständnis der historischen Aufklärung auf Religionskritik eingeengt bleibt, lässt sich hierauf nicht überzeugend antworten. Wenig plausibel sind etwa Versuche, den Philosophen als heimlichen Initiator eines kritischen »Links-Wolffianismus« darzustellen. Wolff habe, so wollte man teilweise behaupten, in seine äußerlich konventionell auftretenden akademischen Lehrwerke bewusst radikale »Aussagen, Andeutungen und Anspielungen […] eingeschmuggelt«. Radikale Aufklärer hätten diese dann nur noch »konsequent« zu Ende denken müssen. Einer solchen Umdeutung widersprechen indessen die Quellen. Ganz anders argumentierte dagegen Jean École, der führende Kenner und Pionier der Wolff-Forschung: Wolff als Apologet des Christentums sei, so École, weniger ein »Aufklärer«, sondern vielmehr »der letzte große Scholastiker«. Doch kann auch diese Deutung, obgleich mit guten Argumenten ausgeführt und teilweise in die philosophiehistorische Handbuch- und Überblicksliteratur übernommen, letztlich nicht befriedigen. Eine Verneinung der Zugehörigkeit des Philosophen und seines Werks zur »Aufklärung« würde das Kind mit dem Bade ausschütten. Erst dann, wenn Wolffs mit dem überkommenen Christentum und seiner Dogmatik kongruente Philosophie als solche zum integralen Bestand des Aufklärungsdenkens gerechnet wird, ist die notwendige Differenzierung des Ideenspektrums der Aufklärung erreichbar. Das ist der entscheidende Schritt. Denn in der Tat übte Wolff einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf die zeitgenössischen Aufklärungsdebatten aus. Er war alles andere als ein losgelöster, alleinstehender Solitär, sondern verfügte über ein dichtmaschiges Netzwerk von Schülern, Verteidigern und Bewunderern aus allen gesellschaftlichen Schichten. Seiner Position konnte er so in der gelehrten Öffentlichkeit selbst ohne direkte persönliche Involvierung weitreichend Gehör verschaffen. Das ist etwa anhand des bekannten »Monadenstreits« der Berliner Akademie der Wissenschaften, einer der großen Debatten in der Mitte des Aufklärungsjahrhunderts, bis ins Einzelne rekonstruierbar. 


Die wichtigste Gruppierung der dabei aktiven Wolffianer bestand in der 1736 durch Ernst Christoph Graf von Manteuffel (1676–1749) gegründeten, insgesamt etwa 50 Mitglieder umfassenden »Societas Alethophilorum«. Man verstand sich in diesen Kreisen als aufklärerische Speerspitze der »Wahrheit«. Die »Alethophilen« sorgten entscheidend dafür, dass die originären Ansichten Wolffs über Streitschriften und gelehrte Journale in die öffentlichen Diskus­sionen einflossen. Ihre Grundausrichtung aber war eindeutig religionsapologetisch und wirkt im Gesamtspektrum der Aufklärung unbestreitbar »konservativ«. Allerdings ist auch dies bislang selten klar gesehen worden. So wurde etwa das in jenen Kreisen erstmals in aufklärerischen Zusammenhängen Verwendung findende Horaz­zitat »Sapere aude« als Ausdruck einer tendenziell radikalen Stellung der Wolffianer, als »Devise der autonomen Vernunft und der von kirchlichen Dogmen unabhängigen Freiheit des Denkens« verstanden. Bei näherer Betrachtung zeigt sich freilich: Das Zitat findet sich auf einer die Philosophie Wolffs und Leibniz’ propagierenden Medaille von 1740. Der die Prägung veranlassende Manteuffel, ein langjähriger Korrespondent, Mäzen und persönlicher Vertrauter Wolffs, wählte es aus verschiedenen Vorschlägen vor dem Hintergrund seines eigenen klassischen Bildungshorizontes, in dem Horaz schon von Jugend an eine besondere Rolle gespielt hatte. Zudem beabsichtigte er ursprünglich eine – schließlich aus Pietät vor dem Wort des antiken Dichters nicht verwirklichte – Abänderung in »Sapere audent«. Die »aufklärerische« Devise der Alethophilen richtete sich ihrer Intention nach also mitnichten in erster Linie im Sinne eines Appells an die autonome Vernunft des Betrachters, sondern verwies auf die Autorität der unter dem Schriftzug portraitierten Philosophen Leibniz und Wolff. 


Noch aufschlussreicher aber ist ein anfangs favorisierter Alternativentwurf: Mit den Personifikationen der Theologie und der Philosophie, in ihren Händen die Bibel beziehungsweise die Theologia naturalis, sollte dabei die Wolffsche Position eines gegenseitigen Sich-Ergänzens von Glaube und Vernunft symbolisiert und durch die Inschrift »que la Religion n’est bonne, qu’en tant qu’elle est fondée dans la Révélation et la Raison« pointiert zusammengefasst werden. Eine neuere Veröffentlichung, die sich dieser Textstelle bedient, hat allerdings anstelle der scholastischen Kongruenz von »Révélation« (Offenbarung) und »Raison« (Vernunft) die kämpferische Einheit von »Révolution« und »Raison« aus dem Manuskript herauslesen wollen – unfreiwillig wirft dies ein fast schon amüsantes Licht darauf, wohin ein allzu stark auf religionskritische »progressive« Entwicklungslinien in der Aufklärung fixierter Blick führen kann. 


Offensichtlich muss die Aufklärung also gleichsam vor sich selbst ­beschützt werden. Die Verkürzung zu einem pauschalen Schlagwort liefert ­allenfalls ein schlechtes Zerrbild ihrer historischen Wirklichkeit und ihrer geistigen Möglichkeiten. Ein bleibender Wert der Aufklärung wird sich vielmehr dort erweisen, wo es – wie etwa bei Christian Wolff – inhärente Tendenzen der Selbstreflexion und Selbstbeschränkung wiederzuentdecken gilt. Deshalb darf man kritisch nachfragen, wenn »Aufklärung« in aktuellen Debatten als allzu simple Parole Verwendung findet. Die historische Aufklärung wird kaum als Berufungsgrundlage für eindimensionalen Progressivismus und einen seine eigenen Grenzen ignorierenden Rationalismus herhalten können. Das ist auch keineswegs bedauerlich, denn welch destruktive »Dialektiken« ein solches Denken entfalten kann, sobald erst alle als »überkommen« und »traditionsverhaftet« diskreditierten Widerstände gebrochen sind, ist am Beginn des 21. Jahrhunderts hinlänglich bekannt. Aufklärung ohne Aufklärung über Aufklärung ­erweist sich früher oder später als ein Irrweg.


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Heft 7 (2011)
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